Wie Menschen kraft ihrer Religionen dem Frieden dienen

Religionen sind mitschuldig an weltweiten Konflikten. Oder sie haben nicht den Einfluss, etwas zu bewirken – so vermitteln es viele Nachrichten. Doch der Frieden ist weder abstrakt noch unerreichbar. Wie man ihn konkret erleben und fördern kann, zeigte das Fest der Religionen.



Fest Religionen Schirmherr Markus Heer (Bilder: zvg)
Fest Religionen Schirmherr Markus Heer (Bilder: zvg)

Der 28. September ist ein kalter, regnerischer Tag. Doch im Güterschuppen am Bahnhof Glarus ist die Stimmung gut, einen halben Tag lang wird üppig gefeiert, mit Kultur, Kulinarik – und mit religiösem Tiefgang. Wer bis zum Abend blieb, konnte mit dem abschliessenden interreligiösen Podiumsgespräch denkwürdige und mutmachende Gedanken und Erfahrungen mitnehmen. Oder sich bereits vorher einstimmen, mit dem Eröffnungsgebet, und auch die an den Wänden ausgehängten Interviews lesen, welche das OK des Fests der Religionen 24 über den Monat September mit Glarner Vertretern verschiedener Glarner Glaubensgemeinschaften durchgeführt hatte. Nach der Rede von Markus Heer, Schirmherr am Fest der Religionen 24, übernahm Moderatorin Ladina Spiess das Mikrofon. Gabriela Allemann, reformierte Pfarrerin und Präsidentin femmes protestantes, lieferte konkrete Anregungen für die Friedensarbeit: «Begegnungsorte schaffen, Angebote für Familien, wo man über die eigene Gruppe hinweg Sorgen, Fragen und irgendwann auch Persönliches teilt. – Bildung für alle, von klein auf.» Was löst Fremdheit aus? Auch da wurde Erlebtes angesprochen. Önder Günes, Präsident Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz, sagt: «Die Angst vor Vorurteilen – zum einen, mit den eigenen das Gegenüber zu verletzten, zum anderen selber verletzt zu werden – lässt Menschen sich zurückziehen. Gerade darum ermutige ich, immer wieder auf den anderen zuzugehen.» Und weil Grenzverletzungen nun mal passierten, ergänzt Peter Camenzind, Generalvikar Bistumsregion Graubünden und katholischer Priester, brauche es einen Umgang damit. Er schildert, wie einmal im Gespräch mit evangelischen Kollegen für ihn kränkende Worte über die Gottesmutter Maria gefallen seien. «Da kommen Gefühle hoch. Schweigender Rückzug oder Aggressionen aber bringen einen nicht weiter. Man darf und soll rückmelden, was verletzt hat. Das hat in diesem Fall auch gutgetan.» Negative Gefühle als Trübungen des menschlichen Geistes: Dazu gab es von den tibetischen Buddhisten ein anschauliches kleines Experiment. Auf dem Podium sind sie zwar nicht vertreten, hatten jedoch beim Eröffnungsgebet unter Leitung ihres Abtes Tenzin Changchub vom Kloster Rikon ihren Glauben kurz vorgestellt. «Unser Geist ist wie das Wasser in dieser Flasche – rein und klar erschaffen – doch es gelangt Schmutz herein, Gefühle, Konflikte – und wird mit der religiösen Praxis durch einen Filter gegossen – gereinigt.»

Für die Arbeit am Frieden brauche es auch Hingabe, Opfer, so Peter Schneeberger, Präsident der Verband Freikirchen Schweiz und FEG-Pastor, am Podium. Der Begriff Toleranz – überstrapaziert, aber eben doch ein zentraler Aspekt des Themas – gefällt ihm nicht so gut. Tolerieren sei erstmal nicht mehr als ertragen, «für mich ist Respekt viel wichtiger, daraus erwächst dann die Art des Umgangs miteinander.» Leben teilen im Bewusstsein der eigenen religiösen und kulturellen Identität, die weder verleugnet noch vermischt müsse. Ein friedliches Nebeneinander, aus dem hie und da ein Miteinander und ein Füreinander wachsen darf. Genau das ist auch zu erleben im bunten, reichhaltigen Begleitprogramm für alle Generationen: Von den evangelischen und katholischen Schulkindern, die mit ihren Katechetinnen christliche Lieder singen, den Tänzen tibetischer Kinder und Jugendlicher, der eigens für das Fest zusammengestellten Ad-hoc-Band, der Sängerin Noemi Donno, dem Country- und Western-Dance-Club Evolution Glarnerland bis zur Harmoniemusik Näfels. Auch der im Kanton Glarus nicht präsente Jüdische Glaube wurde mit dem Eröffnungslied «Hewenu Shalom» einbezogen. Ein Moment tiefer Betroffenheit angesichts der aktuellen Weltlage stellt sich ein, doch es bleibt als Essenz aus den Gesprächen: «Wir können nicht die schweren, globalen Konflikte lösen. Aber wir können hier im Glarnerland dem Frieden im Kleinen dienen.»

Swantje Kammerecker / Medienbeauftragte Ev.-ref. Landeskirche Kanton