Winter – eine ganz eigene Jahreszeit (Teil 2)

Autofahren im Winter fordert das höchste Können eines Lenkers. Das kann grossen Spass machen oder aber zu grossem Frust führen.


Ich gebe es zu, ich fahre gerne im Winter Auto. Es ist toll zu spüren, wie das Auto nicht mehr ganz das macht, was man will. Und es gerade im letzten Moment wieder in die richtige Richtung bringt. Es ist gefährlich und dumm, ich weiss. Aber das ist bei vielen Sachen so, die Freude bereiten. Es gibt aber auch die Schattenseite des winterlichen Fahrvergnügens. Und damit meine ich nicht die beschlagenen Scheiben früh am Morgen, die mühsam abgekratzt werden müssen. Wobei der abgekratzte Schnee immer in die Ärmel läuft oder sonst wo hin. Es ist auch nicht das Lenkrad oder der Schaltknüppel, die über Nacht so runter gekühlt wurden, dass man immer Angst hat, mit den Händen daran kleben zu bleiben. Es ist mehr der Ausgangspunkt und/oder das Ziel einer Autoreise im Winter. Denn das Mühsamste auf schneebedeckten Strassen ist der Höhenunterschied, den man überwinden muss. Und das egal, ob man rauf oder runter fahren muss. Beim Runterfahren besteht dabei ja immer die Gefahr, aus dem Auto unfreiwillig ein Gefährt der Schneesportunterhaltungsindustrie zu machen. Man weiss dann urplötzlich, warum man seinen fahrbaren Untersatz auch „Schlitten“ nennt. Denn genauso fühlt er sich dann an. Nur der Spassfaktor ist niemals so hoch, wie bei einem Schlitten aus Holz, obwohl man ja viel sicherer ins Tal donnert. Man hat ja zwei bis mehrere Airbags. Das Küssen der Schneemauer kann viel schmerzhafter sein. Zwar nicht körperlich – den Airbags sei dank; solange sie bei der Kälte funktionieren – , sondern mehr finanziell. Ein kommuner Holzschlitten ist deutlich billiger, als die Frontpartie eines anständigen Autos. Wenn man viel Pech hat – und das hat man meistens im Winter – ist man nicht allein auf der Strasse. Und auch wenn man ein Menschenfreund ist und seine Mitmenschen ganz fest lieb hat, überkommt einen doch ab und zu die Frage, wenn man an eine Kreuzung kommt: „Hat der da sein Auto wirklich im Griff?“ Und hofft und betet, dass es nicht zu einer unfreiwilligen Knutscherei der Autos kommt. Denkt man aber, dass man beim Bergauffahren keine Probleme hat, täuscht man sich gewaltig. Hat man nicht gerade ein super wintertaugliches Auto, das nicht übermotorisiert ist, – und wer hat das schon, wenn es immer weniger Schnee hat? – kommt mit erbarmungsloser Regelmässigkeit der Punkt, an dem das Auto nicht mehr so recht „rauf“ will. Es bockt und spult und bleibt an Ort und Stelle. Man versuchts und versuchts. Den üblen Geruch merkt man schon, aber im Sommer muss sowieso eine neue Kupplung her. Aber irgendwann hilft alles Würgen und Zwängen nichts mehr. Man ist stecken geblieben. Die einzige Möglichkeit aus diesem Schlamassel, sieht man entweder im Rück-, oder den beiden Seitenspiegeln. Es geht zurück. Die Probleme des Runterfahrens habe ich ja schon geschildert. Nun aber das Ganze rückwärts. Macht das Ganze viel leichter, vor allem, wenn man vergessen hat, oder zu faul war, die Rückscheibe frei zu kratzen. Ist man endlich wieder auf flacherem Gelände, stellt man das Gefährt irgendwo, wo es geht und einigermassen legal ist, ab. Aber am Ziel angekommen ist man ja noch nicht! Diesmal heisst es aber, zu Fuss die Strecke zu bewältigen. Die können sich glücklich schätzen, die dann wintertaugliche Schuhe anhaben. Denn ansonsten ergeht es einem zu Fuss nicht viel besser als auf vier Rädern. Nach ein paar Stürzen, die eventuell das Sitzen für einige Zeit erschweren, ist man dann immer noch gleich weit von einem warmen Zimmer entfernt wie vorher.