Wirkungsanalyse öffentlicher Verkehr – Ergänzung der Vorlage an den Landrat

Der Regierungsrat unterbreitet dem Landrat eine ergänzte Vorlage zur Wirkungsanalyse öffentlicher Verkehr. Der Regierungsrat beantragt dem Landrat die Streichung diverser Busverbindungen. Dabei hält er an seiner Linie, die er in seinem Bulletin vom 24. Oktober 2017 kommunizierte, fest.



(Archivbild: e.huber)
(Archivbild: e.huber)

Wirkungsanalyse

Gemäss Auftrag der Landsgemeinde 2012 führte der Regierungsrat nach drei vollen Betriebsjahren eine Wirkungsanalyse zum nach 2012 stark ausgebauten Bahn- und Busangebot durch. Diese hat Auskunft über Auslastung und Kostendeckungsgrad der einzelnen Linien zu geben.

Die Wirkungsanalyse ergab, dass der Kanton Glarus mit dem ÖV gut erschlossen ist. Beim Bahnverkehr zeigten sich erste Erfolge, auch wenn sie unter den Erwartungen blieben:

– Auf dem Bahnabschnitt Ziegelbrücke–Schwanden konnte eine Frequenzsteigerung zwischen 4 bis 5 Prozent erzielt werden, was unter den Erwartungen liegt. Der Kostendeckungsgrad der S6 und S25, über die ganze Linie berechnet, beträgt gesamthaft respektable 60 Prozent.

– Auf der Bahnlinie im Grosstal wurde zwischen Schwanden und Linthal im gleichen Zeitabschnitt ein nicht erwarteter Rückgang der Bahnfrequenzen von 10,6 Prozent verzeichnet. Der Kostendeckungsgrad beträgt 29 Prozent und verfehlt damit das gesteckte Ziel von mindestens 30 Prozent.

– In der March hat sich die S2 seit der Einführung der S27 klar negativ entwickelt. Der Kostendeckungsgrad der beiden Linien zwischen Siebnen-Wangen und Ziegelbrücke beträgt 7 Prozent. Der Kanton hat deshalb bereits Massnahmen ergriffen und Ende Juni 2017 auf die Mitbestellung der S-Bahnverbindungen der S2 und S27 aufgrund der tiefen Frequenzen und der unverhältnismässig hohen Kosten ab Dezember 2017 verzichtet und wird dies durch ein attraktiveres Busangebot für Bilten ersetzen.

Auf dem Busnetz sind die Frequenzen gegenüber dem Jahr 2012 um rund 70 Prozent gestiegen. Das Netz ist für einen ländlichen Kanton generell gut ausgelastet. Jedoch weisen folgende Buslinien klar ungenügende Auslastungen und Kostendeckungsgrade aus:

– Linie 501 Ennenda–Glarus–Riedern–Näfels, Linienabschnitt Glarus Bahnhof–Ennenda: zwei Fahrgäste pro Kurs, Kostendeckungsgrad von 14 Prozent;

– Linie 502 Pfrundhaus–Glarus–Netstal–Näfels; Linienabschnitt Glarus Bahnhof–Glarus Pfrundhaus; weniger als zwei Fahrgäste pro Kurs, Kostendeckungsgrad von knapp 6 Prozent;

– Linie 512 Ziegelbrücke–Näfels–Mollis–Vorderdorf, Linienabschnitt Näfels-Mollis Bahnhof–Mollis Vorderdorf: drei Fahrgäste pro Kurs, Kostendeckungsgrad von 15 Prozent;

– Linie 513 Bilten–Näfels (nur sonntags), Linienabschnitt Bilten–Niederurnen: Ungenügende Auslastung von durchschnittlich drei Reisenden auf der ganzen Linie;

– Linie 541 Schwanden–Elm Steinibach, Linienabschnitt Elm Sportbahnen–Elm Steinibach: ein Fahrgast pro Kurs, Kostendeckungsgrad von 4 Prozent;

– Linie 542 Schwanden–Schwändi–Lassigen, Linienabschnitt Schwändi Post–Lassigen: weniger als ein Fahrgast pro Kurs (Kleinbus), Kostendeckungsgrad von knapp 8 Prozent;

– Linie 543 Schwanden–Sool: ein Fahrgast pro Kurs, Kostendeckungsgrad von 10 Prozent, Tendenz sinkend.

Anpassungen beim ÖV-Angebot

Der Regierungsrat beabsichtigte in der Folge, das Bahnangebot im Kanton so zu belassen und insbesondere die S6 und die S25 nicht abzutauschen. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund, dass sich in der nächsten Fahrplanperiode mit einer leichten Angebotskorrektur (kein Halt der S25 in Nieder-/Oberurnen, spurtstärkeres Rollmaterial auf der S6) ein Eckanschluss in Ziegelbrücke Richtung Chur wahrscheinlich verwirklichen lässt, zumal sich hier eine Kooperation SBB/SOB abzeichnet. Das Postulat «Optimierung öffentlicher Verkehr im Kanton Glarus» ist in diesem Sinne als erledigt abzuschreiben.

Beim Busangebot wollte der Regierungsrat folgende Angebotsanpassungen vornehmen:

– Linie 501: Der Linienabschnitt Glarus Bahnhof–Ennenda Seilbahn wird eingestellt. Der Linienabschnitt Glarus Bahnhof–Riedern–Näfels-Mollis Bahnhof wird auf den Sonntag ausgedehnt.

– Linie 502: Der Linienabschnitt Glarus Bahnhof–Glarus Pfrundhaus wird eingestellt.

– Linie 541: Der Fahrplan Schwanden–Elm wird systematisiert, sodass alle Kurse nach denselben Taktzeiten verkehren und alle Haltestellen bedienen. Die Zusatzkurse Montag–Freitag werden auf die Hauptverkehrszeiten reduziert. Die Zusatzkurse tagsüber werden auf die touristische Wintersaison begrenzt. Die Kurse Elm Sportbahnen–Steinibach werden aufgehoben.

– Linie 542: Der Linienabschnitt zwischen Schwändi Post und Lassigen wird auf maximal vier Kurspaare reduziert.

– Linie 543: Die Linie Schwanden Bahnhof–Sool Schulhaus wird eingestellt.

Weitere Entwicklung

Diese geplanten Angebotsanpassungen führten vor allem bei den Buslinien zu einer breiten öffentlichen Diskussion. Einige Leserbriefe und auch Eingaben beim Regierungsrat forderten vor allem den Erhalt der Buslinien nach Sool und zu den beiden Altersheimen in Glarus und Ennenda.

Ebenfalls nahm sich die landrätliche Kommission Bau, Raumplanung und Verkehr der Vorlage an. Sie forderte ein Nachholen der gemäss ÖV-Gesetz vorgesehenen Anhörung der Gemeinden sowie eine Ergänzung der Vorlage. Der Landrat soll, wie im Landsgemeindebeschluss 2012 vorgesehen, über die Angebotsanpassung entscheiden können. Dieser Forderung kommt der Regierungsrat vorliegend nach.

An der Vernehmlassung teilgenommen haben drei Gemeinden und fünf Mitglieder der ÖV-Kommission. Während sich die Gemeinde Glarus Nord ausserstande sah, innert der kurzen Frist eine Stellungnahme abzugeben (sie ist von den Streichungen der Buslinien am wenigsten betroffen und erfährt auch einen Angebotsausbau), kritisieren die Gemeinden Glarus und Glarus Süd, dass der im ÖV-Gesetz verankerte Prozess bezüglich der vorgängigen Anhörung der ÖV-Kommission und der Gemeinden nicht eingehalten wurde. Inhaltlich taxierten die übrigen Vernehmlassungsteilnehmer vor allem die Kürzungen der Linienabschnitte bzw. die Einstellung der Linie nach Sool. Auch forderte die Gemeinde Glarus nochmals ein Überdenken der Schliessung der beiden Buslinien ins Altersheim Bühli und ins Pfrundhaus. Positiv würdigen immerhin zwei Vernehmlassungsteilnehmer die Wirkungsanalyse und anerkannten die Bemühungen des Kantons für einen gezielteren und effi­zienteren Einsatz der von der Landsgemeinde gesprochenen Mittel für den ÖV. Der bereits erfolgte Verzicht auf die Mitfinanzierung der Bahnlinie in der March war unbestritten, ebenso die weiteren Massnahmen beim Bahnverkehr.

Finanzielle Auswirkungen

Die Kosten der wegfallenden Linien(abschnitte) betragen gemäss den verbindlichen Offerten 2018 und 2019 der Transportunternehmen:

Linie 501 Abschnitt Ennenda Seilbahn–Bahnhof Glarus 13 000 Franken
Linie 502 Abschnitt Pfrundhaus–Bahnhof Glarus 13 000 Franken
Linie 541 Abschnitt Schwanden–Elm Sportbahnen 139 000 Franken
Linie 541 Abschnitt Elm Sportbahnen–Elm Steinibach 21 000 Franken
Linie 542 Abschnitt Schwändi–Lassigen 40 000 Franken
Linie 543 Schwanden–Sool 119 000 Franken
Total errechnetes Einsparpotenzial Kanton Glarus 345 000 Franken

Der Bund finanziert bereits heute die betroffenen Abschnitte der Linien 501 und 502 nicht mit, da es sich um nicht abgeltungsberechtigte Ortsverkehrslinien handelt und im Fall von Ennenda eine Mehrfachbedienung vorliegt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass mit der Einstellung der beiden Linienäste die Stammlinie Näfels–Glarus fahrplantechnisch stabilisiert werden kann, was ansonsten nur mit einem zusätzlichen Kleinbus gelingt. PostAuto schätzt die Abgeltungskosten für den Kleinbus auf jährlich 300 000 Franken. Der Bund dürfte ab Dezember 2019 die Linie 543 (Schwanden – Sool) nicht mehr mitunterstützen, da die wirtschaftlichen Kriterien nicht mehr erfüllt sind. Auf den Linien 541 und 542 (Schwanden-Elm) besteht bereits heute ein Überangebot in der Höhe von 499‘000 Franken. Da der Kanton bereits heute mehr als den ihm zustehenden (Bundes)Anteil bestellt, sind auch hier Anpassungen unumgänglich.

Stellungnahme des Regierungsrates

Der Regierungsrat hält an seinen Änderungsvorschlägen unverändert fest. Er hat Verständnis für die Reaktionen der Betroffenen, jedoch ebenfalls einen klaren Auftrag der Landsgemeinde.

Er hatte aufgrund einer Wirkungsanalyse Anpassungsbedarf evaluiert, er hat den Anpassungsbedarf aufgrund von Fakten erhoben. Im Vordergrund stand, die Gelder der Steuerzahler dort einzusetzen, wo sie einen vertretbaren Nutzen bringen und nicht Linien zu betreiben, die vorwiegend mit leeren Bussen herumfahren. Dies ist auch ökologisch nicht vertretbar.

Der Regierungsrat ist nach wie vor der Auffassung, den Willen von Landrat und Landsgemeinde im Zusammenhang mit der Ausbauvorlage ÖV von 2012 umgesetzt zu haben. Jetzt sind jedoch die landrätliche Kommission und der Landrat gefordert.