Wirtschaftspolitik in den Randregionen

Die SP-Matinee vom Samstag, 11. März 2006 in Schwanden widmete sich diesem sehr aktuellen und wichtigen Thema. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Möglichkeiten hat die Politik den Problemen der sinkenden Arbeitspätzen und damit verbunden den Abwanderungen im Glarnerland entgegenzuwirken.



Wirtschaftspolitik in den Randregionen

Der Gesprächsleiter, Herr Kistler, konnte eine kleine, aber sehr interessierte Anzahl Besucher dieser Matinee im Mühleareal in Schwanden begrüssen. Bedauerlicherweise hat im Vorfeld der Walliser Nationalrat Jean-Noel Rey sein Erscheinen abgesagt. Trotzdem konnte er sehr kompetente und dem Kanton verbundene Referenten ankündigen.

Reformen sind notwendig

Als erster Refernt gab Heinz Martinelli, Leiter des kantonalen Amtes für Wirtschaft und Arbeit, einen gut dokumentierten Einblick in sein Ressort. Er wies darauf hin, dass der Kanton Glarus nach wie vor als einer der industriealisiertesten Kantone der Schweiz gilt. Die Zukunft verlangt aber nach Reformen. Grundlage ist eine wirtschaftspolitische Schwerpunktstrategie. Ziel sollte ein nachhaltiges Wachstum im Kanton sein. Dies aber mit sanfter Dynamik. Schwerpunkt dieser Strategie sind: Attrraktives Wohnen sowie Stärkung des Wirtschaftstandortes. Die kantonale Wirtschaftsförderung kann dazu ebenfalls einen wichtigen Beitrag beisteuern. Er betont, dass der grössere Teil der Mittel aus dieser Förderung in bestehende Unternehmungen im Glarnerland fliessen. Dies entgegen der allgemeinen Meinung, das in erster Linie Firmen, welche neu ins Glarnerland gezogen sind, von dieser Fördermitteln profitieren. Einer der Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung ist heute das Coaching, um so dem Faktor Zeit einer Realisierung weitgehend Rechnung zu tragen. Tempo, respektive kurze Durchläufe sind heute bald wichtiger als Steuerleichterungen etc. Für das Glarnerland, nein für den gesamten Wirtschaftsraum Schweiz, sind Reformen gefordert. Reformen sind das Ergebnis von Visionen, Reformen sind Chancen. Weitere Informationen zur Wirtschaftsförderung finden sie unter www.glarusnet.ch.

Projekt Linthland als Vorbild

Anschliessend orientierte Peter Kistler, Gemeinderat von Niederurnen, über die Interessengemeinschaft Linthland. In der IG Linthland sind die Gemeinden Niederurnen, Oberurnen, Ziegelbrücke, Mollis und Näfels zusammengefasst. Leider hat sich Bilten aus diesem Verbund wieder verabschiedet, um eigene Wege zu gehen. Jede Gemeinde leistet einen Beitrag, um gemeinsame Ziele ereichen zu können. Geplant ist, dass die Gemeinden Weesen und Schänis aber auch wieder Bilten zur IG Lintland stossen. Mit dieser IG Linthland können Ressourcen gemeinsam genutzt, ein einheitliches Auftreten sowie die Standortkommunikation nach Aussen vermittelt werden. Auch hier finden sie unter www.linthland.ch weitere, detailierte Informationen.

Die Sicht eines Unternehmers

Der Unternehmer Thomas Marti, Mitinhaber der Firma Marti Engineering, aus Mitlödi informierte die Anwesenden über den Standortfaktor aus seiner Sicht. Er startete vor 20 Jahren mit 2 Mitarbeitern sein Unternehmen, welches sich auf die Automatisierung spezialisierte. Heute beschäftigt seine Firma 28 Mitarbeiter. Mit dem Ruf ein „Arbeitsplatzvernichter“ zu sein, musste er anfänglich leben. Aber die Automatisierung vernichtet nicht Arbeitspätze sonder führt zu einer laufenden Steigerung der Lebensqualität. Entscheidungen für die Ansiedlung einer Firma sind nach seiner Meinung sehr unterschiedlich. Ein grosser Stellenwert hat immer der Heimat- und Wohnort. Der kann aber nur von Bedeutung sein, wenn auch Fakten wie Kundennähe, initiative Arbeitnehmer und auch eine positive Behörde vorhanden sind. Wichtige Faktoren sind aber auch ein hohes Ausbildungsniveau der Mitarbeiter (Mitarbeiterschulung/Weiterbildung), ein motiviertes Umfeld oder ganz einfach die Förderung der Glarner. Einen hohen Stellenwert sollte unbedingt auch die Kinderbetreuung (Tagesschulen) einnehmen. Auch die Inovationsförderung durch die Banken und den Kanton ist von grosser Bedeutung. Als Vision könnte er sich vorstellen, dass die Steuern abhängig von der Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter sind. Der aus seiner Sicht wichtigste Faktor ist auf jeden Fall das Tempo. Von der Idee bis zur Realisierung hat ein Unternehmer heute nicht mehr Jahre Zeit. Er sieht die Aufgabe der Wirtschaftförderung im Bereich von Motivieren und Betreuen. Also wie Heinz Martinelle treffend erklärte: im Coaching. Die Glarner Mitarbeiter sind arbeitsfreudig und vor allem treu.

Erreichung der Vollbeschäftigung

Abschliessend sprach Nationalrat Werner Marti zu den Anwesenden. „Wir sind Kinder der Rezession und versuchen verzweifelt Investoren zu suchen, um wieder Wachstum zu erreichen“, so seine Worte. Wachstum zur Erreichung der Vollbeschäftigung muss Ziel der Politik sein, auf keinen Fall einseitig, sondern regional gleichmässig verteilt. Wenn das Baurecht gesamtschweizerisch vereinheitlicht würde, könnten massiv Kosten bei Neubauten eingespart werden. Das wichtigste Instrument für die Steuerungsmöglichkeiten ist die Geldpolitik der Nationalbank. Vergleichbar mit Epo im Sport. Auch die Infrastrukturpolitik ist von grosser Bedeutung. Er denkt dabei an die Post (Service public) die Swisscom und an die SBB. Hier ist er erfreut, dass sich der Glarner Regierungsrat gegen eine Privatisierung der Swisscom ausgesprochen hat. Nicht zu vergessen die Bildungspolitik, welche mit der Schaffung der Berufsmaturen und auch der Fachhochschulen Weichen für die Zukunft gestellt hat. Zur Frage der Wirtschaftsförderung sieht Werner Marti folgende drei wesentlichen Punkte: 1. Der Mensch. Wer ist der Antragsteller, wie hoch ist sein Engagement. 2. Wie ist die Martkposition des Unternehmens. 3. Wie hoch sind die Eigenmittel die zur Verfügung stehen. Hier sind vor allem die Banken vermehrt gefragt, Jungunternehmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten vermehrt zu unterstützen.

Im Anschluss an jedes der vier Referate fand eine rege Diskussion unter den Teilnehmern statt, die gezeigt hat, wie gross das Interesse zu den einzelnen Themen war.

Es war ein gelunger Anlass und keiner der Teilnehmer wird sein Erscheinen, trotz starkem Schneefalls bereuen. glarus24.ch dankt den Refernten und der organisierenden SP des Kantons Glarus für den grossen Einsatz.

Bilder der Matinee finden Sie in der Galerie.