Wo Berge das Sagen haben – Lesung im Klöntal

Die Berge – seit Jahrmillionen am gleichen Orte – haben eine Unmenge von Eindrücken aufgenommen, schweigend, kommentarlos. Diese Fülle – oder wenigstens ein kleiner Teil davon – kann von Kundigen durchaus in Worte und Musik umgesetzt und unter die Leute gebracht werden.



Maria Thorgevskaja und Dan Wiener bei der Lesung von Bäschlin littéraire, im Hotel Vorauen (Bilder: p.meier)
Maria Thorgevskaja und Dan Wiener bei der Lesung von Bäschlin littéraire, im Hotel Vorauen (Bilder: p.meier)

Dies war im Hotel «Vorauen», am hinteren Ende des Klöntalersees – auch er ein stiller, geduldiger Betrachter – unlängst der Fall. Die Verantwortlichen von Bäschlin littéraire, Catherine Etter, Hansrudolf Frey, Fred Jaumann und Peter Rudolf, hatten eingeladen. Und viele kamen, um sich die Gedanken von Maria Thorgevskaja und Dan Wiener anzuhören. Alle vermochten ganz besondere Geschehnisse zu geniessen. Alle liessen sich spürbar bereitwillig in wahrlich spezielle Erkenntnisse einweihen. Zuständig war zur Hauptsache Maria Thorgevskaja, die sich den Bergen so einfühlend angenähert hatte, dass diese einen Teil ihrer Geheimnisse preisgaben. Dies führte zum Buch «Wo Berge das Sagen haben», führte zu Tatsachen, die in keiner Weise der Wahrheit entsprechen wollen, die einfach Sagen sind und es auch ewig bleiben werden. Sagen mit munteren, gruseligen, unheimlichen, lockeren, aufklärerischen, klagenden und weinerlichen Inhalten. Sagen, in denen sich unverhofft Wendungen ergeben, die so kaum jemand erwartet hat.

Es war die Kunst der Erzählerin, die vieles lebendig werden liess, die aufzuzeigen wusste, wie gross der heimliche Reichtum an zuweilen spektakulär Ereignisreichem sein kann. Sie tat es mit viel Schalk, Pathos, Beschwörendem – einfach so, wie es situationsgerecht grad sein musste. Da liess man sich mit viel innerer Anteilnahme mittragen.

In den zu erwartenden Reichtum führte Hansrudolf Frey ein, mit seiner freundlichen Begrüssung und dem Bekenntnis, den literarischen Gehalt des ungemein schönen Bergtals in der «weiten Welt» bekannter zu machen. Nicht der erste Schritt war das mit der Lesung. Die Verfasserin der Sagen und Dan Wiener kennen und schätzen das Klöntal. Sie taten das unter anderem mit kunstreichen, lieblichen Liedern, besangen Naturereignisse, erzählten von Bergtouren, der Mühsal des Aufstiegs. Da kamen so viel Anteilnahme und Herzlichkeit auf.

Und dann konnte man mitverfolgen, wie der dicke Richi einem Hasen hinterherjagte und seinen Spöttern klar machte, dass er gar nicht so dick sei, er werde das noch beweisen. Aber das endete unerwartet. Man erfuhr wenig später, wieso der Köbi in eine Ziegenhaut schlüpfte, sogar am Melkprozess teilnahm und unerwartet endete. Und weshalb es ungemein wichtig ist, sich mit Pilzen ganz exakt auszukennen, war Teil anderer Geschehnisse. Und wenig später erfuhr man mit einigem Staunen, wie das Klöntal zu seinem Zahnarzt kam. Und leicht schaudernd nahm man zur Kenntnis, wie der Ueli seinen Tod fand. Man nahm zur Kenntnis, dass ein Echo durchaus Lust auf Geschichten haben kann, die in Glück und Freude enden.

Wer sich weiterführend informieren, sich in die ganz besondere «Gebirgs-Sagenwelt» vertiefen wollte, fand am Büchertisch gewiss Passendes. Viele blieben beisammen. Vielleicht haben sie Sagen weitergesponnen – aber das bleibt wohl ewiges Geheimnis der Berge.