Wölfe in der Schweiz – eine Rückkehr mit grossen Folgen

Wölfe – ein elektrisierender Begriff, der ganz viele Gefühle weckt. Stets schliessen Diskussionen aller Art an. Direktbetroffene fordern den sofortigen Abschuss aller Störenfriede. Wölfe hätten in unseren Berggebieten rein gar nichts zu suchen. Ihr Auftauchen weckt vielerlei Ängste und Sorgen. Andere reden über den sorgsamen Umgang mit diesen Eindringlingen, mahnen zur Zurückhaltung, diskutieren übers erneute Mit- und Nebeneinander. Es werden von Fachleuten erarbeitete Konzepte präsentiert, die es breit abgestützt zu besprechen gilt. Tatsache ist: Der Wolf hat sich hierzulande wieder angesiedelt, dies vor etwas mehr als 25 Jahren und nach längerer Abwesenheit.



Nikolaqus Heinzer, Mitautor und Verfasser einer Dissertation, (Bilder: p.meier)
Nikolaqus Heinzer, Mitautor und Verfasser einer Dissertation, (Bilder: p.meier)

Übers Existenzrecht des Wolfs wird breit diskutiert. Eine allseits befriedigende Lösung dieser hochbrisanten Tatsachen ist kaum möglich. Zu heftig prallen Interessen und eigene Erfahrungen aufeinander. In Berücksichtigung der stark divergierenden Standpunkte ist Einigendes, sind allgemein gültige und anerkannte Entscheide oft kaum möglich.

In der stadtglarnerischen Buchhandlung Wortreich wurde informiert, diskutiert, hinterfragt, argumentiert. Basis war das von Elisa Frank und Nikolaus Heinzer verfasste Buch «Wölfe in der Schweiz – Eine Rückkehr mit Folgen». Es liegen zwei im Jahr 2022 erschienene Dissertationen vor. Elisa Frank und Nikolaus Heinzer haben am Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft der Universität Zürich umfassend über das Auftauchen und Verbreiten der Wölfe geforscht. Sie haben sich mit Wildhütern, Behörden, Fachstellen und Nutztierhaltern umfassend ausgetauscht und enorm lesenswerte Inhalte zusammengetragen.

Zur Präsentation des Buches in der Kulturbuchhandlung gehörten an diesem stark besuchten Abend auch eine Gesprächsrunde mit André Siegenthaler (Bergbauer), Giorgio Hösli (Älpler) und Bernhard Tschofen (Moderation).

Zum Buch

Dem Autorenteam gehören neben Elisa Frank und Nikolaus Heinzer ebenfalls an: Lukas Denzler, Forstingenieur, freier Journalist und seit 2021 Geschäftsführer des Schweizerischen Forstvereins; Bernhard Tschofen, Kulturwissenschaftler, Co-Leiter des Instituts an der Uni Zürich mit Lehr- und Forschungsauftrag und Gianna Molinari, Schriftstellerin, Zürich, Teil des Autorenkollektivs RAUF. Sie hat in ihrem ersten Roman «Hier ist noch alles möglich», Berlin 2018, den Wolf zum Thema gemacht.

Eine Fülle verschiedenster Informationen ist nachzulesen. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat sich der Wolf ausgebreitet. Aktuell ist die Zahl der dauerhaft in unserem Land lebenden Wölfe dreistellig, die der Rudel zweistellig. Diese Rückkehr hat für mannigfache Irritationen gesorgt, bei der Bevölkerung, in Politik und Öffentlichkeit. Es haben sich mannigfaltigste Diskussionen ergeben. Mit den Buchinhalten, den Dissertationen von Elisa Frank und Nikolaus Heinzer, werden unter anderem folgende Aspekte aufgegriffen: «Die ersten Rückkehrer im Wallis. Eine Region neu denken», «Mit Wölfen leben? Koexistenzen verhandeln», den von Lukas Denzler geschriebenen Ausführungen zur «Wiederansiedlung des Luchses» und der «Rückkehr des Bären nach hundert Jahren» Gianna Molinaris «Wege des Wolfs» ist ein breites Auseinandersetzen möglich geworden.

Es ist beispielsweise ein Schauplatz im Unterwallis, im Val Ferret. Zwei Schafhalter beklagen im Spätherbst 1994 zwölf gerissene Tiere. Gewissheit besteht, dass der Wolf zurück ist. Und überall, wo Wölfe auftauchen und wieder heimisch werden, ergeben sich für Kleinviehhalter und andere markante Probleme, was Anpassung und Schutz betrifft.
Es werden Herdenschutzmassnahmen, Schafsömmerung, Nachtpferche, persönliche Erfahrungen Betroffener, Widdermarkt, Zuchtgemeinschaften und anderes erwähnt. Schafe stehen für bestimmte alpine Wirtschafts- und Lebensweisen.

Wölfe haben sich stark ausgebreitet, die verschiedenen Aufenthaltsräume sind bekannt, werden leidenschaftlich diskutiert. Elisa Frank und Nikolaus Heinzer befassen sich unter anderem bemerkenswert sorgsam mit dem ersten Rudel am Calanda und dem Ordnen der Natur- und Kulturräume Die Sesshaftigkeit des Rudels ermöglicht gezielteres Beobachten und systematische Spurensuche. Ein St. Galler Wildhüter berichtet über seine Erfahrungen. Mittels Fotofallen und GPS-Sendern werden Wölfe sichtbar und greifbar gemacht. Bundesgesetz, Administrieren der Wölfe, Naturschutz und lokale Gemeinschaften und Konfliktlinien, gegenseitiges Misstrauen, fehlende Gesprächsbereitschaft unter den involvierten Akteuren, die Zuteilung der Kulturräume, Regulieren und Disziplinieren, Vergrämungsmassnahmen finden Erwähnung.
Wie gefährlich sind Wölfe? Antworten auf diese Frage stehen in Zusammenhang mit problematischen Begegnungen zwischen Wölfen und Menschen in der Surselva in den Jahren 2021 und 2022. Sie finden ebenso Erwähnung wie Abschüsse, die auch von Naturschutzorganisationen akzeptiert und anerkannt sind.
Die Angst vor dem Wolf ist tief im kulturellen Gedächtnis verankert, Ängste vor Wolfsangriffen zirkulieren unter Betroffenen.
Wölfe müssen diszipliniert werden, deren Verhalten kann beeinflusst werden. Von den beauftragten Behörden wird ein klarer Kurs verlangt.
Breiten Raum nimmt das Ergreifen von Herdenschutzmassnahmen ein. Dargestellt ist die Alp Ramuz, eine Schafalp im Taminatal. Auch zu diesem Auseinandersetzen gehören zahlreiche Fotos.

Die Komplexität dieser Thematik ist riesig, Gesetzliches, Finanzielles, Ortsgebundenes, Kompetenzen, persönliche Befindlichkeit, Erlebnisse von Betroffenen, Beschlussfassungen kommen zusammen. Befriedigendes zu finden – es sind gar viele enorm gefordert.