Woher weht der Wind?

Vor Kurzem haben alle Haushaltungen des Kantons ein Informationsblatt des Regierungsrates erhalten. Es gibt Informationen zu den geplanten Richtplananpassungen und geht hauptsächlich auf die als Eignungsgebiete für Windenergie festgelegten Flächen ein. «Ziel ist es, den Richtplan zukunftstauglich auszurichten und Klarheit sowie Planungssicherheit zu schaffen.» Zur Information der Bevölkerung fand zudem eine Informationsveranstaltung am 21. Mai in Näfels statt.



Anstatt sich an die Infoposten zu begeben (einer davon im Hintergrund), verlangten viele der Anwesenden das Wort im Plenum. (Foto: Søren Ehlers)
Anstatt sich an die Infoposten zu begeben (einer davon im Hintergrund), verlangten viele der Anwesenden das Wort im Plenum. (Foto: Søren Ehlers)

Vor der lintharena verteilte Hans Oberholzer, Präsident des Vereins Schänner Landschaftsschutz, Unterschriftenbögen für zwei eidgenössische Volksinitiativen, die sich gegen Windparks richten und ein Informationsblatt des Vereins «LinthGegenwind». Dies wurde ihm von den Betreibern der Arena untersagt. Landammann Kaspar Becker erlaubte ihm aber, die Bögen im Saal zu verteilen. Oberholzer: «Ich bin richtig happy!»

Vor der Versammlung gab Fridolin Staub, Gemeindepräsident Glarus Nord, dem FRIDOLIN ein kurzes Interview: «Die im Richtplan als Zwischenergebnis ausgeschiedene Fläche ‹Bilten West› ist 1 zu 1 die Neuauflage der bereits 2018 gemachten Ausscheidung. Ich bin überrascht, dass hier keine Alternativen aufgezeigt werden. Stattdessen gibt es nun ein Mitwirkungsverfahren. Ich finde, es wäre nicht Sache des Volkes, Alternativen zu bringen.»

Kompakter Informationsteil

130 Personen hörten sich im ersten Teil der Veranstaltung die Erläuterungen von Kaspar Becker, Thomas Tschudi und Fabienne Egloff, Abteilungsleiterin Raumplanung des Kantons, an. Landammann Becker ging darauf ein, weshalb im neuen Richtplan die Windenergie Eingang gefunden hat. Es solle die raumplanerische Möglichkeit für Windenergie geschaffen werden. Windenergie könne einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Unabhängigkeit von Stromimporten leisten.

Baudirektor Thomas Tschudi legte dar, dass die vom Volk angenommene Energiestrategie 2050 und das Stromgesetz den Kanton verpflichtet, erneuerbare Energien in den Richtplan aufzunehmen. «Ab einem Potenzial von mindestens 20 Gigawattstunden (GWh) Stromproduktion pro Jahr gilt ein Gebiet als Windenergiegebiet von nationalem Interesse.»

Fabienne Egloff erläuterte, wie die nun benannten drei Gebiete ermittelt wurden. Das ganze Kantonsgebiet wurde analysiert mit den Fragestellungen: Wo weht genügend nutzbarer Wind? Wo überwiegen die Nutzungsinteressen die Schutzinteressen deutlich? Im Richtplan stehen nun 3 Gebiete, bei denen genügend Windenergiepotenzial besteht: Vorab (30 GWh), Bilten West (30 GWh) und Bilten Ost (50 GWh).

Raumplanerin Egloff ging anschliessend darauf ein, dass der Richtplan weitere wichtige Punkte enthält zur Entwicklung des Kantons. So gebe es im Kanton ungefähr 20 Industriebrachen, bei welchen nun überprüft werden soll, wie diese in Zukunft genutzt werden sollen.

Redebedarf grösser als Informationsbedarf

Nach diesem 30-minütigen Informationsteil standen fünf Informationsposten bereit, an denen man sich anhand von Plänen und im Gespräch mit Expertinnen und Experten detaillierter über die Richtplanänderungen informieren konnte. Der Aufforderung, sich an diese Posten zu begeben, mochte jedoch niemand nachkommen. Stattdessen kamen während einer Stunde zirka 20 Fragen und Statements aus dem Plenum. Viele der Wortmeldungen wurden mit Emotionen verbunden vorgetragen und oft mit Applaus bedacht. Vier der Einwürfe waren unangebracht und respektlos. Der Aufforderung Kaspar Beckers, die Diskussion fair zu führen, wurde ebenfalls applaudiert.

Ein Teil der Wortmeldungen betraf die Auswirkungen von Windanlagen: Wie nahe werden sie an Wohnhäusern stehen? Wie gross wird die Lärmbelastung sein? Welche Umweltschäden sind zu befürchten?

Ein anderer Teil der Voten behandelte die Rentabilität von Windkraftanlagen. Stimmen die Berechnungen der zu erwartenden Stromproduktion? Kann sich Windkraft im Glarnerland überhaupt rentieren? Wer erhält die Gewinne aus dem Betrieb?

Viele der Redenden äusserten die Befürchtung, dass dereinst, wenn konkrete Windenergieprojekte vorliegen, die Gemeinde Glarus Nord nicht darüber abstimmen dürfe. Thomas Tschudi antwortete darauf, dass Bund oder Kanton die Gemeinde nicht zwingen können, Windparks auf ihrem Gebiet zu akzeptieren. Es benötige aktuell zur Erstellung von Windparks eine Anpassung der Nutzungsplanung. Er räumte aber auch ein, dass er nicht wissen könne, ob es irgendwann in der Zukunft vom Bund dazu eine Änderung gäbe.

Die Gastgeber der Veranstaltung mussten sich einige Vorwürfe anhören. Es wurde bemängelt, dass die Windenergienutzung schon 2019 aus dem Richtplan gestrichen worden sei, die erneute Richtplanänderung sei deshalb nutzlose Arbeit auf dem Buckel der Steuerzahlerinnen und -zahler.

Thomas Tschudi wies darauf hin, dass gemäss Bund das ganze Kantonsgebiet auf Eignungsgebiete untersucht werden muss. Die drei vorliegenden Gebiete haben sich als Eignungsgebiete aufgrund einer umfassenden Analyse ergeben und nicht aufgrund eines Projekts eines konkreten Investors. Einfach keine Planungsgebiete für Windkraftanlagen im Richtplan festzusetzen, sei keine Option.

Beim Apéro

Nach einer guten Stunde nahm ein Grossteil der Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit zum Apéro wahr, die Informationsposten wurden vereinzelt aufgesucht. Der FRIDOLIN nahm die Stimmung einiger Gäste auf. «Ich finde, die Veranstaltung hat mir nichts gebracht, die Regierung wird eh machen, was sie will», fand ein Bewohner von Schänis. «Es war gut, weil es zu einer Diskussion mit Fragen und Antworten kam», sagte ein Näfelser. «Ich bin enttäuscht, dass nicht mehr Leute gekommen sind», meinte ein Biltner.

Fabienne Egloff ist zufrieden mit dem Abend: «Es war unser Ziel, mit der Bevölkerung in den Dialog zu kommen, und das haben wir erreicht.»

Für Thomas Tschudi war das Ziel des Abends erreicht: «Uns war wichtig, transparent zu sein und aufzuzeigen, wo wir stehen.»

Eine zweite Informationsveranstaltung findet am Montag, 2. Juni, um 19.30 Uhr im Gemeindezentrum Schwanden statt. Jedermann kann zudem bis am Donnerstag, 31. Juli, auf mitwirkung.gl.ch Eingaben und Vorschläge zum Richtplan machen.