Wohneigentumsbesteuerung: Der Regierungsrat ist gegen einen Systemwechsel

Der Regierungsrat nimmt Stellung zu einer Interpellation der SP-Fraktion. Er spricht sich für den Status quo aus und gegen einen Systemwechsel beim Eigenmietwert.



Glarner Regierungsrat ist gegen eine Abschaffung des Eigenmietwerts •( Symbolbild: Samuel Trümpy Photography)
Glarner Regierungsrat ist gegen eine Abschaffung des Eigenmietwerts •( Symbolbild: Samuel Trümpy Photography)

In der Vergangenheit sind verschiedene Versuche zur Abschaffung der geltenden Eigenmietwertbesteuerung gescheitert. Aktuell wird ein Vorschlag der ständerätlichen Wirtschaftskommission diskutiert. Der Regierungsrat des Kantons Glarus lehnte diese parlamentarische Initiative bereits in seiner Vernehmlassungsantwort ab. Er beurteilt das geltende System der Wohneigentumsbesteuerung als gerechfertigt und ausgewogen. Zudem vertritt der Glarner Regierungsrat die Meinung, dass der vorgeschlagene Systemwechsel verfassungswidrig sei.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass ein Systemwechsel negative finanzielle Konsequenzen für den Kanton und insbesondere für die Gemeinde Glarus Süd mit einem vergleichsweise hohen Anteil an Zweitwohnungsbesitzern hätte. Der Systemwechsel hätte ferner negative Auswirkung auf die Baubranche. Es wäre zu befürchten, dass mit dem Systemwechsel viele private Immobilienbesitzer Renovationen ver- und aufschieben, da diese Kosten grundsätzlich steuerlich nicht mehr abzugsfähig wären. Schliesslich ist der Argumentation zu widersprechen, wonach der Systemwechsel der Verschuldung der Schweizer Haushalte entgegenwirken würde. Wohneigentum führt zwar zu einer Verschuldung in Form eines Hypothekarkredites, dem steht jedoch ein realer Gegenwert gegenüber.

Antworten des Regierungsrates

Die SP-Fraktion stellt der Regierung Fragen in ihrer Interpellation «Ausmass und Wirkung vom geplanten Systemwechsel der Eigenmietwertbesteuerung auf Steuereinnahmen und Immobilienpreise im Kanton Glarus».

Welche Auswirkungen wird der Systemwechsel auf die lmmobilienpreise haben? Unter der Annahme, dass bei Neukäufern der Eigenmietwert tiefer ist als die abzugsfähigen Zinskosten und diese Steuervergünstigungen vollständig eingepreist werden, hat ein Systemwechsel dämpfende oder preistreibende Wirkung?

Antwort Regierungsrat:
Die Immobilienpreise werden von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind Angebot und Nachfrage: Je tiefer das Angebot und je höher die Nachfrage, desto höher sind die Preise und umgekehrt. Der Systemwechsel dürfte in diesem komplexen Geflecht einen bescheidenen Einfluss auf die Preisentwicklung haben. Je grösser die Entlastung bei der Immobilienbesteuerung ist, desto attraktiver werden Immobilien.

Was sind die Auswirkungen des geplanten unvollständigen Systemwechsels (10 Jahre Zinskostenabzug für Erstkäufer) auf die lmmobilienpreise? Wäre es nicht so, dass die temporäre Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen komplett eingepreist wird und damit immobilienpreistreibend wirkt?

Antwort Regierungsrat:
Ein temporärer Abzug dürfte eher marginale Auswirkungen auf den Wert einer Liegenschaft haben.
Die Einführung des Ersterwerberabzugs hätte jedoch einen erheblichen, bürokratischen Zusatzaufwand zur Folge. So ist im inner- und interkantonalen Verhältnis sicherzustellen, dass nur Ersterwerber von diesem Abzug profitieren. Mangels Notwendigkeit sind derzeit keine systematisch geführten Daten bezüglich Ersterwerb vorhanden. Auch wenn die betreffende Person immer im gleichen Kanton Wohnsitz hatte, kann die Abklärung, ob ein Ersterwerb vorliegt, in einigen Kantonen ein Problem darstellen. Liegt ein Ersterwerb schon längere Zeit zurück, sind bei der kantonalen Steuerverwaltung allenfalls keine Akten mehr darüber vorhanden. Vor allem im interkantonalen Verhältnis wird dieser Abklärungsbedarf einiges an Zusatzaufwand verursachen. Es muss voraussichtlich eine gesamtschweizerische Datenbank eingerichtet werden, auf welche die Kantone bei Bedarf Zugriff haben. Die Kantone müssen zudem bei allen betroffenen Personen jährlich nachführen, wie gross der Anspruch auf den Abzug noch ist. Bei Erwerb einer Ersatzliegenschaft muss beim Wegzugskanton abgeklärt werden, ob die ersetzte Liegenschaft ein Ersterwerb war und wie lange der Ersterwerberabzug bereits in Anspruch genommen worden ist. Auch muss sichergestellt werden, dass nicht mehr Zinsen abgezogen werden können als tatsächlich bezahlt worden sind.
Die Nachfrage steigt und bei gleichbleibendem Angebot würden auch die Preise steigen.

Wie wirkt sich ein Systemwechsel auf die Steuererträge des Kantons und der Gemeinden aus?

Antwort Regierungsrat:
Die finanziellen Auswirkungen des Systemwechsels können zum jetzigen Zeitpunkt nicht quantifiziert werden. Die ständerätliche Kommission stellte fünf Varianten zur Diskussion. Es wären verschiedene Annahmen und Vereinfachungen zu treffen mit dem Ergebnis, dass alle Berechnungen mit einem grossen Vorbehalt zu versehen wären. Es ist bei dieser Ausgangslage schlicht nicht möglich, zuverlässige und fundierte Aussagen zu machen. Die Berechnungen wären mehr Spekulation denn Wahrheit.

Welches sind die Effekte eines Systemwechsels bei einer dynamischen Betrachtung (Zinsen, allfällige Sonderabzüge) auf die lmmobilienpreise und die Steuererträge?

Antwort Regierungsrat:
Der Systemwechsel läuft darauf hinaus, die Besteuerung der Immobilien zu senken. Das führt in der Tendenz zu tieferen Steuereinnahmen für Kanton und Gemeinden. Eine attraktivere Besteuerung der Immobilien führt dazu, dass tendenziell die Nachfrage nach Immobilien steigt, was eine preistreibende Wirkung entfalten würde.

Was sind die Effekte auf die Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eines Systemwechsels bezüglich Unterschieden zwischen «reichen» und «armen» Wohneigentümern?

Antwort Regierungsrat: 
Es gibt keine Definition, was unter «reichen» bzw. «armen» Wohneigentümern zu verstehen ist. Zumindest sind diese Begriffe sehr auslegungsbedürftig, und es stellt sich die Frage, ob man bei Wohneigentümern überhaupt von «arm» sprechen kann. Wenn das nötige Kapital für die Rückzahlung der Hypothek der selbstgenutzten Liegenschaft vorhanden ist, liegt die Differenz in den nicht mehr zu bezahlenden Schuldzinsen (sofern die Hypothek ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückbezahlt werden kann). Die Höhe der entgangenen Erträge aufgrund der Schuldentilgung kann bei den derzeitigen Verzinsungen vernachlässigt werden. Im Rahmen einer aktiven Vermögensbewirtschaftung würden hier «reiche» Wohneigentümer vermutlich aber eher in Renditeobjekte investieren und nicht in eine Schuldentilgung. Hier befinden wir uns aber stark im Bereich der Spekulationen, was es schwierig macht, eine klare Aussage zu treffen.
Was verglichen werden kann, sind die Auswirkungen auf die natürlichen Personen mit einem eher tiefen steuerbaren Einkommen und denjenigen mit einem hohen steuerbaren Einkommen. Die Grundaussage ist hier klar: Beim derzeitig tiefen Zinsniveau profitieren alle, selbst diejenigen mit einer hohen Verschuldung, bei einer Abschaffung des Eigenmietwertes und der Schuldzinsen, dies unter Ausklammerung erhöhter effektiver Unterhaltskosten (über dem Pauschalabzug). Bei einem Anstieg des Zinsniveaus (z. B. von 1 auf 3%) und hoher Verschuldung, würde sich der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung auf diese Personengruppe negativ auswirken.

Gedenkt die Regierung, etwas zu tun gegen die massive Benachteiligung der Mieterinnen und Mieter bei einem Systemwechsel, die schliesslich die Erträge ihrer bewegIichen Vermögenswerte versteuern müssen?

Antwort Regierungsrat:
Der Glarner Regierungsrat lehnt einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung aus den erwähnten Gründen ab.