Wolfsmanagement: Gebirgskantone fordern Bund zum Handeln auf

Wölfe in den Schweizer Alpen soll ähnlich wie Steinböcke aktiv reguliert werden. Für den Schutz von Nutztierherden auf Alpen sind klare Kriterien zu erarbeiten und der Bund muss seine Unterstützungsleistungen erhöhen. Zu diesen Schlüssen kommt die Regierungskonferenz der Gebirgskantone aufgrund von neuen Studien.



Canis lupus • (Foto: Tapir)
Canis lupus • (Foto: Tapir)

Das Ziel aller Massnahmen soll eine tragfähige Koexistenz von Wolf, Mensch und Nutzieren im Alpenraum sein. Die Zahl der in der Schweiz lebenden Wölfe wächst exponentiell und hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt. In den Gebirgskantonen Wallis, Uri, Tessin, Glarus und Graubünden haben Wölfe im laufenden Jahr bereits gegen 1000 Schafe und Rinder gerissen. Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) will, dass Rahmenbedingungen für die Rückkehr des Wolfs geschaffen werden, die zu einer tragfähigen Koexistenz zwischen Wolf, Mensch und Nutztieren im Alpenraum führen. Grundlage dazu bilden ein wirksamer Herdenschutz und ein aktives Management der Wolfsbestände. In zwei Studien haben die Beratungsunternehmung für die Alpwirtschaft Büro Alpe und das Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (IWJ) der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) Methoden und Massnahmen dazu beschrieben.

Aktiv überwachen und regulieren

Aufgrund der Studie des IWJ schlägt die RKGK vor, dass die Zahl der Wölfe oder Wolfsrudel überwacht und aktiv gesteuert wird, ähnlich wie das beim Steinbock schon erfolgreich geschieht. Grundlage für ein nachhaltiges Wolfsmanagement bilden eine systematische Erfassung der Wolfsbestände in der Schweiz und die daraus erstellten Analysen von möglichen Bestandsentwicklungen. Darauf gestützt soll der Bund Abschusspläne pro Kanton erlassen, um Konflikte mit dem Menschen und dessen Nutztieren zu reduzieren und die Wolfsbestände in einer Grössenordnung zu halten, die das Überleben des Wolfes gewährleistet und für die betroffene Bevölkerung akzeptabel ist. Da ein systematisches Monitoring und Management des Wolfsbestandes die Kantone finanziell sehr fordert, soll der Bund seine Unterstützung an die Kantone erhöhen.

Aus früheren Studien* aus dem Jahre 2016 geht hervor, dass der Schweizer Bestand mindestens 17 Rudel betragen müsste, um eine Arterhaltung des Wolfs in den Alpen zu gewährleisten. Weil diese Studien auf alten Daten beruhen, betrachtet die RKGK diesen Bestand derzeit lediglich als Richtschnur. Sie sollte nicht angehoben werden, solange nicht neuere, wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.

Besserer Herdenschutz, mehr Unterstützung

Ein nachhaltiger Herdenschutz auf Alpbetrieben bedarf klarer Richtlinien dazu, welche Flächen und Alpweiden mit zumutbarem Aufwand geschützt werden können, schreibt das Büro Alpe in seiner Studie. Der Schutz von Nutztierherden vor Wolfsrudeln ist personell und finanziell aufwändig und stellt das Alppersonal vor hohe Anforderungen. Künftige Schutzkonzepte sollen die Unterschiede zwischen den einzelnen Alpbetrieben aufnehmen, die Rahmenbedingungen für das Alppersonal sollen verbessert werden und die Aufwände für den Herdenschutz sollen in einem ausgebauten Beitragssystem berücksichtigt werden. Der Aufwand für den Herdenschutz ist für die Betriebe und die Kantone eine Herausforderung. Der Bund soll deshalb auch hier seine Unterstützungsleistungen erhöhen, wobei dies nicht zulasten des Agrarbudgets gehen darf.

Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone fordert den Bund auf, ihre Empfehlungen, die auf den beiden aktuellen Studien basieren, umzusetzen. Die Erfahrungen, welche in den Gebirgskantonen gemacht worden sind, sollen dabei hoch gewichtet und berücksichtigt werden. Die Gebirgskantone sind von der Wiederansiedlung des Wolfs besonders betroffen. Deshalb soll ihren Erfahrungen bei der Revision des Jagdgesetzes eine hohe Bedeutung zukommen. Nur mit einem Zusammenspiel von Herdenschutz und Wolfsmanagement haben die Berglandwirtschaft und die Alpwirtschaft eine Chance, sich erfolgreich an die neue Situation anzupassen.

* Schnidrig et al. «Wolf in the Alps: Recommendations for an internationally coordinated management.», 2016, und «25 Jahre Wolf in der Schweiz», Stiftung KORA Muri, 2020.

Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone

Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) wurde 1981 gegründet. Heute gehören ihr die Regierungen der Kantone Uri, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Appenzell Innerrhoden, Graubünden, Tessin und Wallis an. Anfänglich beschränkte sich der Zweck der RKGK auf die Koordination von Fragen im Zusammenhang mit der Wasserkraftnutzung. Inzwischen ist der Zweck der RKGK ausgeweitet worden. Heute strebt sie die gemeinsame Vertretung aller gebirgsspezifischer Anliegen und Interessen im In- und Ausland an. Hierzu gehören insbesondere die Themen Raumordnung/Tourismus, Energie, Finanzen, Verkehr und Aussenpolitik (Zusammenarbeit mit den grenznahen Alpenregionen). Die Fläche der acht in der RKGK zusammengeschlossenen Kantone entspricht einem Anteil von 43,3 Prozent an der Gesamtfläche der Schweiz. In den RKGK-Kantonen leben rund 1,1 Million Personen oder 13 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte im Perimeter der RKGK beträgt rund 84 Personen pro Quadratkilometer (Schweiz: 215 Personen/km2). Mehr unter: www.gebirgskantone.ch