Wortlose Klammer

Rund 370 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wurden am Ende der Gemeindeversammlung vom Freitag, 25. November, vom neuen Gemeindepräsidenten Peter Aebli für ihre Disziplin gelobt. Und doch: der Vorhang ist zwar zu, doch viele Fragen bleiben offen.



370 Stimmende – drei Rückweisungen an der Gemeindeversammlung. (Foto: FJ)
370 Stimmende – drei Rückweisungen an der Gemeindeversammlung. (Foto: FJ)

In Glarus gibt es eine grosse Klammer: Das Häuserkarree am Zaunplatz, welches die enorme Weite dieser einmaligen Attraktion der Demokratie umfasst – einen im Prinzip leeren Platz. Diese Leere gab der Versammlung Anlass, über eine Stunde zu debattieren. Dafür schwieg sie beredt zu den umfangend angeordneten Geschäften, weder zur Legislaturplanung ergriff jemand das Wort – die 10 Ziele und 28 Massnahmen werden stillschweigend genehmigt – noch zum Steuerfuss, der mit Blick auf die gleichbleibende Gesamtsteuerbelastung um 5 Prozent gesenkt wurde. Und selbst das Budget – sonst geradezu prädestiniert für Voten – ergriff gerade mal Franz Freuler das Wort. Er beantragte die Streichung des Betrages von 240 000 Franken für die Gestaltung des Aussenplatzes Jugendhaus Glarus und dass ihn dafür die Kinder zusammen mit dem Gewerbe selber gestalten sollten. Doch die Position blieb im Budget – das man mit grossem Mehr genehmigte. Und auch der Kredit für das Schulraumprovisorium Glarus wurde ohne Wortmeldung genehmigt. Alles andere dagegen – das Freibad Goldigen, die Verkehrsberuhigung und der autofreie Landsgemeindeplatz – wurde an den Absender zurückgewiesen. Was der Gemeinderat damit macht, wird sich zeigen, doch da bleiben Fragen offen.

Kletterwand findet kein Land

Zum Verpflichtungskredit von 4,8 Mio. Franken für das Freibad Goldigen meldet sich als erster Jacques Schnyder und stellt den Antrag auf Rückweisung mit der Aufforderung an den GR, die Technik zu machen, die Abwassertechnik – also die Erneuerung aufs Nötigste zu reduzieren. Aber er wolle hier nicht über ein «neues» Schwimmbad befinden. Insbesondere die Aufhebung des Kinderbassins sei für ihn fraglich. «Was wir hier für 230 000 Franken Planungskosten sehen, ist magere Kost.» Kaspar Elmer setzt sich zwar für die Sanierung ein, aber man solle zwei Komponenten streichen: Den Bau der Kletterwand und die Verlegung des Kinderbeckens aufs Dach des Technikraums. Es gehe darum, Notwendiges vom Wünschbaren zu trennen. Elmer legte seinen Finger auch in eine «Wunde» des Memorials – zum hohen Kredit fehlten ihm Informationen und Dokumente. Franz Freuler stellte namens der SVP ebenfalls einen Rückweisungsantrag mit dem Auftrag, auf Kletterwand, Auslaufbecken und das Planschbecken auf dem Technikraum, sowie die Arbeiten in der Zwischensaison auszuführen. Das Pumpenproblem des bestehenden Planschbeckens sei lösbar. «Wenn wir uns den Luxus von zwei Schwimmbädern leisten wollen», so Freuler, «müssen wir sie vielleicht etwas redimensionieren.» Darauf präsentierte Fernando Reust – dem die ganzheitliche Betrachtungsweise fehlte – seine Träume von den natürlichen Linthseen.

Gemeinderat Hansjörg Schneider zeigte Verständnis für die Rückweisungsanträge und argumentierte für die Vorlage. Man brauche eine leistungsfähigere Wasseraufbereitung, was etwa 75 bis 80 Prozent der vorgelegten Kosten ausmache. Der vorhandene Raum reiche dafür nicht, deshalb müsse der Technikbereich in einem neuen Bereich aufgebaut werden. Und das Kinderplanschbecken sei gefährlich, da es überall Ränder habe, Kleinkinder aber müssten aus dem Wasser kriechen können. Doch die Meinungen waren gemacht, das Geschäft wurde mit 215:148 Stimmen zurückgewiesen. Bis auf wenige Stimmen dasselbe Resultat wie später beim autofreien Zaunplatz.

Tempo 30 überall

Auch die 860 000 Franken für die Umsetzung weiterer Etappen für die Verkehrsberuhigung wurden auf Antrag von Dr. Jakob Hösli mit grossem Mehr zurückgewiesen mit dem Auftrag, für alle Strassen ausser den verkehrsorientierten Strassen (also den Hauptstrassen) seien Tempo-30-Zonen einzuführen. Gemeinderat Hanspeter Spälti fand kein Gehör mit der Argumentation, das Projekt sei gut konzipiert und aufgegleist und es könne damit bereits gestartet werden.

Mehr als eine Mini-Serie

Um 20.40 Uhr begann die «Generaldebatte» zum autofreien Landsgemeindeplatz. Sie dauerte länger als eine Folge von «Greys Anatomy» und endete – obwohl gefühlt auch schon in der 17. Staffel – enttäuschend ergebnisoffen. Eigentlich hatte der Gemeinderat ja mit seinen Bürgerinnen und Bürgern über die Nutzung des Platzes diskutieren wollen – das nennt sich Partizipationsverfahren – ,doch da sich Roland Goethe namens der FDP mit der Rückweisung des Kredites durchsetzte, hat der Gemeinderat nun den Auftrag bekommen, die Machbarkeit einer Tiefgarage (die er ja zuvor bereits negativ beantwortet hatte und aus der sich ein privates Konsortium bereits zurückgezogen hat),zusammen mit der IG Zaunplatz Tiefgarage noch einmal zu überprüfen und der Gemeindeversammlung ein konkretes Projekt zu unterbreiten, damit die Gemeindeversammlung darüber entscheiden kann. Das wird dann die 18. Staffel dieser Serie sein, die wegen gähnender Langeweile kein Regisseur jemals fürs Fernsehen verfilmen wird. Denn über die Frage, ob eine Tiefgarage grundsätzlich machbar sei oder ob sie schon beim Gewässerschutz auf die Nase fällt und ob jetzt auf dem riesigen Platz Boccia gespielt, flaniert, getafelt oder geparkt werden soll, kann man tagelang streiten. Überraschend war hier der Auftritt von Werner Scherf, der scharfzüngig eine Nutzungsprüfung forderte, intelligent das Votum von Andrea Bernhard namens der GLP zur Unterstützung des Gemeinderates mit der Bitte, «autofrei» aus dem Wettbewerb zu streichen. Er brachte es auf den Punkt: «Die Kosten für ein Parkhaus sind hoch riskant, insbesondere kann realistischerweise nicht mit 230 Franken Ertrag pro Monat pro Parkplatz gerechnet werden.» Wäre der Kredit nicht rückgewiesen worden, hätte sich vielleicht Mischa Toso namens der SVP mit seinem Ablehnungsantrag durchgesetzt. Und eher noch Öl ins Feuer schüttete Christoph Zürrer mit seiner Forderung, die Parkplätze seien bis spätestens 1.1.2028 aufzuheben. Hans Schubiger stellte fest: «Ich habe das Gefühl, dass hier nicht mit dem Gewerbe gesprochen wurde. Wenn Sie ein attraktives Glarus wollen, brauchen Sie irgendwo die Parkplätze.» Und Regula Keller bekam den «Goldenen Lackschuh» für ihren städtebaulich gewagten Vergleich des Zaunplatzes mit dem Churer Arcas-Platz. Gemeinderat Hanspeter Spälti sah in den vielen Meinungen einen guten Diskurs, stellte aber fest, mit einer Tiefgarage drohe eine «Lintharena 2.0». Wird jetzt nach der Rückweisung eine weitere Million in Planungen versenkt? Wird das DBU das Gewässerschutzgesetz mit einem Federstrich ausser Kraft setzen? Und bleiben die Mitarbeitenden der GLKB nach der Pandemie im Homeoffice? Warten Sie auf Staffel 18. l