Zum relativen Glück der Menschen

Die Glarner Kantonalbank offeriert an ihrem Marktausblick für Kunden und Aktionäre am Mittwoch, 24. Januar, in der lintharena in Näfels eine gelungene Mischung von realistischem Rückblick auf die letzten Anlagemonate, klaren Empfehlungen für künftige Anlagen und einer philosophischen Betrachtung über menschliches Wohlbefinden in Abhängigkeit zu vorhandenem Reichtum.



«So gross kann Glück sein» - Prof. Mathias Binswanger von der FHNW in Olten erklärt den GLKB-Gästen beim Anleger-Marktausblick, was «relatives Glück trotz verschiedener Tretmühlen» sein kann (Bilder: jürg huber)
«So gross kann Glück sein» - Prof. Mathias Binswanger von der FHNW in Olten erklärt den GLKB-Gästen beim Anleger-Marktausblick, was «relatives Glück trotz verschiedener Tretmühlen» sein kann (Bilder: jürg huber)

GLKB-CEO Sven Wiederkehr begrüsst die rund 800 Gäste, die rechtzeitig durch den neuen Glarner Stau die lintharena besuchen, mit «Geld allein macht nicht glücklich, aber es beruhigt». Dr. Rolf Widmer, Leiter Vertrieb, referiert anschliessend zum Thema «machen Obligationen glücklich?». Widmer schält die Unterschiede zwischen Obligationen und Aktien heraus, erklärt die Besonderheiten von Obligationen, deren Verzinsung in einem veränderlichen Leitzins-Umfeld, ihre meistens sichere Rückzahlung und die Abhängigkeit der Verzinsung von der Bonität des Kreditnehmers. Der Wechsel von Negativzinsen auf eine Verzinsung über 2% habe zu einem kurzen Comeback dieser Anlageform geführt. Glücklich werde man mit Obligationen wahrscheinlich in einem günstigen Zins-Umfeld und mit einer guten Schuldner-Bonität, so Widmer, der im laufenden Jahr rückläufige Leitzinsen erwartet.

US-Tech-Aktien am besten

Steve Pochop, Leiter Portfolio Management & Advisory analysiert den Finanzmarkt der letzten beiden Jahre. Nach einem Inflations-Höhepunkt 2022 mit Zinsen von 10% (USA), 5% (Europa) normalisieren sich die Situation in der Schweiz wieder bei 2%. Dank KI-Rückenwind hätten US-Tech-Aktien mit 15,6% im letzten Jahr am besten performt, gefolgt von europäischen Aktien mit 12,7%. Nicht gut gelaufen seien Anlagen in Schweizer Aktien (+6,1%), da sich die SMI-Schwergewichte wenig bewegen, während in Amerika vor allem «künstliche Intelligenz» für Kursphantasien sorge. Pochop erwartet für 2024 ein gutes Aktienjahr und sieht Einstiegs-Chancen bei US-Small- und Mid-Caps. Auch er rechnet mit einem günstigeren Zins-Umfeld im Rahmen von ein bis zwei Zinsreduktion um insgesamt 1% in der Schweiz, in den USA dürfte der Rückgang stärker ausfallen, weil das allgemeine Zinsniveau höher liege.

SMI-Schwergewichte lahmen

Er empfiehlt den Anlegern Unternehmensanleihen, darunter als Top-Empfehlung BNY Global Credit oder Threadneedle US Small Caps, da diese Anlageform auf einem Tiefstand sei. Pochop blickt auf seine Vorjahres-Empfehlung zurück und stellt fest, dass die im Januar 2022 angepriesenen Wandelanleihen schlechter als erwartet performen, während US-Tech-Aktien 30% über die weltweite Aktien-Entwicklung hinausklettern.

Die Kunst, das Beste aus unserem Leben zu machen

Prof. Mathias Binswanger, Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz sowie Oekonom und Glücksforscher, unterhält die GLKB-Gäste dann mit «den Tretmühlen des Glücks». Wir hätten immer mehr und seien doch nicht glücklicher. Geld ermögliche zwar den Kauf von Betten, nicht aber jenen von Schlaf. Mit gekauften Büchern werde man nicht gescheiter, Appetit lasse sich im Gegensatz zu Essen nicht kaufen, dasselbe gelte für Schmuck, welcher Schönheit nicht ersetze. Gemäss George Bernhard Shaw sei «Oekonomie die Kunst, das Beste aus unserem Leben zu machen». Binswanger präsentiert Analogien, etwa den Vergleich des Lebensstils amerikanische Amish-Familien mit den reichsten US-Bürgern, welche seiner Einschätzung zufolge einfach viel höhere Mittel benötigen, um sich gleich glücklich wie die Amish zu fühlen.

Am fassbarsten wird Binswangers Theorie, dass Wohlbefinden von verschiedenen Lebenssituation und direkten Vergleichen im Umfeld abhängt an einem Beispiel «relativen Unglückes». Er entführt die Zuhörer zu einem Fussballspiel, bei dem anfangs alle Zuschauer sitzen. Bis jemand, der hinter einem Sitzriesen zu wenig sieht, aufsteht. Worauf bald der ganze Sektor aufsteht und alle wieder gleichviel vom Spiel sehen. Sinnbildlich erhöhen so zwar alle Zuschauer das Niveau, dafür stehen sie unbequemer, statt wie vorher zu sitzen.

Teiche und Frösche

Binswangers Analogie zum «Wettrüsten im Automobilmarkt» verdeutlichen seine Theorie von der «Anspruchs-Tretmühle». Mit dem Schlusswort, es sei wegen des leichten globalen Vergleiches in den social media für sein (relatives) Glück oft besser, in «einem kleinen Teich ein grosser Frosch – als in einem grossen Teich ein kleiner Frosch» zu sein, entlässt Binswanger die GLKB-Kundenschar zum begehrten Apéro riche, bei dem sich erfolgreiche Anlagestrategien beim Austausch mit anderen Anleger/-innen direkt in relatives Glück verwandeln lassen. Dieser Zustand, dürfte sich auf der Rückfahrt durch den Kanton gleich bei allen Gästen eingestellt haben, treffen sie doch im Gegensatz zur Anreise «freie Fahrt durch die Kreisel» an.