Zwei Brüder machen Karriere – Feierabendgespräch im Tolderhaus

Mit dieser Auftaktveranstaltung will das kulturforum brandluft glarus nord Menschen, die etwas zu sagen haben, zum lockeren Gespräch einladen und auch das Publikum miteinbeziehen.



Regierungsrat vom Kanton Schaffhausen
Regierungsrat vom Kanton Schaffhausen

Die Startveranstaltung am letzten Freitag war erfrischend, spannend und unterhaltend. Im gut besuchten Bohlensaal traten Markus Landolt, CEO ag horgenglarus , und sein Bruder Ernst Landolt, seit etwa einem halben Jahr Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, auf. Die Karriere der beiden Näfelser Bauernbuben schien übers Kreuz zu laufen. Markus Landolt, schon früh Landrat, Bankrat, Verkehrsvereinspräsident, Treuhänder, führender Pfader, dessen politische Karriere eigentlich vorgezeichnet schien, wechselte in die Privatwirtschaft und brachte die konkursgefährdete ag möbelfabrik horgenglarus in die schwarzen Zahlen. Dagegen landete sein Bruder Ernst, der nach breiter Ausbildung als Agronom einen erfolgreichen landwirtschaftlichen Betrieb und verzweigte Verbandstätigkeit aufgebaut hatte, im Volkswirtschafts- und Justizdepartement der Schaffhauser Regierung.

Qualität als Maxime – Demokratie heisst Mehrheiten schaffen

Erfolgsgeheimnis beider ist einerseits unternehmerische Schaffensfreude und beharrliches Festhalten an hoher Handarbeits-Qualität, andererseits der geschickte, geduldige Umgang mit demokratischen Strukturen und politischen Prozessen. Des einen Kampf um täglich neue Aufträge, ist des anderen Geduld und Beharrlichkeit, Mehrheiten zu schaffen. Lösungen hole man sich bei den Handwerkern und Aufträge an der Front, so Markus. An die Front, so der neue Regierungsrat Ernst, werde man durch die Medien geholt, ein Umgang, mit dem rechnen müsse, wer Politisieren wolle. Ob Politik oder Geschäft den Charakter verderbe, relativierten beide Votanten, Charakterlosigkeit sei weder eine Domäne der Politik noch der Wirtschaft, sondern in allen Facetten des Lebens möglich. Ein spannendes Rededuell entfaltete sich um die Frage aus dem Publikum, wie gross die Gefahr sei, in beiden Bereichen korrupt zu sein. Fazit: Korruptheit hole früher oder später den Korrupten ein. Sowohl Politisieren, als auch Geschäften sei letztlich nur auf der Basis von Vertrauen möglich. Wer nur zum eigenen Sitzerhalt politisiere, sei a priori fehl am Platz; wer Qualität zur Maxime mache, schliesse korruptes Handeln aus.

Wirtschaftsförderung der Nachhaltigkeit

Übereinstimmend vertraten beide die Meinung, bestehende, bewährte Unternehmen dürften von der Wirtschaftsförderung nicht auf Kosten von Eintagsfliegen benachteiligt werden, was man in Schaffhausen «Bestandespflege» nennt.

EU? Eintreten? Distanz? Bilateraler Weg? Beide möchten mit Überzeugung am beschlossenen bilateralen Weg festhalten. Die Gemeindefusion betrachten beide als epochales, aufsehenerregendes Experiment, einer wagte sogar die Frage, warum Glarus mit rund 38 000 Einwohnern nicht den Schritt direkt zum Stadtkanton beschlossen habe.

Glückliche Jugend in Näfels als Basis

Beide schwärmten von ihrer glücklichen Jugend in Näfels, berichteten aus ihrer Schulzeit bis Sekundar- und/oder Klosterschule. Beide zeigten einen imposanten Auftritt, antworteten prägnant und so präzis wie möglich.

Das Gespräch fand auf ag horgenglarus-Stühlen statt, auf denen es sich – so eine «Probesitzerin» – «mega gut» sitzen lässt. Für gediegene Zwischenspiele und diskrete Backgroundmusik sorgte Röbi Krämer auf seinem Akkordeon.