Zweimal Ja, einmal Nein

Das Schweizer Stimmvolk nahm an diesem Wochenende das neue Asyl- und das Ausländergesetz an. Die KOSA-Initiative scheiterte am Ständemehr.



Abstimmungswochenende: Das Volk hat sich gegen die KOSA-Initiative ausgesprochen (Bildmontage: jhuber)
Abstimmungswochenende: Das Volk hat sich gegen die KOSA-Initiative ausgesprochen (Bildmontage: jhuber)

Die vor allem von der Linken sowie Hilfswerken und Kirchen als unmenschlich hart und völkerrechtswidrig bekämpfte Revision des Asylgesetzes passierte mit knapp 1 598 500 Ja (67,8 Prozent) gegen gut 760 800 Nein (32,2 Prozent). Aus keinem einzigen Kanton wurde eine Nein-Mehrheit gemeldet. Der Souverän folgte damit der Parole des Bundesrates und der bürgerlichen Parteien.

Westschweiz skeptischer

Am deutlichsten angenommen wurde das auf Betreiben von Justizminister Christoph Blocher im Parlament noch weiter verschärfte Asylgesetz mit 80,1 Prozent Ja im Kanton Schwyz. Mehrheiten von mehr als drei Vierteln meldeten auch Nidwalden (79,6), Appenzell Innerrhoden (78,6), Glarus (78,2), Thurgau (78,0), Obwalden (76,9), Aargau (76,2) und St. Gallen (75,5).

Am wenigsten gut kam die Gesetzesrevision in den Westschweizer Kantonen Genf (51,3 Prozent Ja), Jura (52,8), Neuenburg (52,9) und Waadt (57,2) an. Auch in Basel-Stadt stimmten nur 59,2 Prozent zu.

Das Ausländergesetz wurde in allen Kantonen und mit rund1 601 900 Ja (68,0 Prozent) gegen gut 755 200 Nein (32,0 Prozent) angenommen. Es gilt für Staatsangehörige ausserhalb der EU und EFTA und beschränkt deren Zulassung zum Arbeitsmarkt auf besonders Qualifizierte. Es war bei den gleichen Kreisen unter Beschuss geraten wie das Asylgesetz, mit dem es die Zwangsmassnahmen teilt.

Umsetzung wird überwacht

Die deutliche Annahme des Asyl- und des Ausländergesetzes löste bei den Abstimmungssiegern Genugtuung aus. Die Unterlegenen wollen darauf achten, dass die Versprechen der Befürworter eingehalten werden.

Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, Präsidentin des "2 x Nein-Komitees", ist enttäuscht - "aber nicht entmutigt". Bei der Umsetzung komme es nun auf den Bund und die Kantone an. Das bürgerliche Nein-Komitee ruft die Behörden dazu auf, das neue Asylgesetz "mit Augenmass und unter Einbezug der Zivilgesellschaft" anzuwenden.

Auf eine "menschenwürdige Umsetzung" hoffen auch die Landeskirchen und der Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund. Wachsam sein will auch die Schweizer Sektion von Amnesty International.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe fordert Nachbesserungen bei der Umsetzung des neuen Asylgesetzes. So müsse die Rechtsberatung für Asylsuchende garantiert sein. Terre des hommes verlangt Respekt vor den Rechten des Kindes.

Die Unterlegenen erinnern die Befürworter an die Versprechen, die gemacht wurden, so etwa in Bezug auf den erleichterten Familiennachzug und Förderung der Integration.

CVP-Präsident Christophe Darbellay legt besonderes Gewicht auf die Integration. Er wolle keine Ghettos "à la française", sagte er. FDP-Präsident Fulvio Pelli sagte, die Schweiz verfüge über eine Migrationspolitik, in deren Zentrum Integration und Qualifikation stünden. Besondere Genugtuung über das Abstimmungsresultat herrscht bei der SVP.

Die KOSA-Initiative

Das linke Volksbegehren, nach dem der Reingewinn der Nationalbank künftig bis auf eine fix den Kantonen reservierte Milliarde in den AHV-Fonds hätte fliessen sollen, scheiterte mit rund 1 359 500 Nein (58,3 Prozent)gegen knapp 974 000 Ja (41,7 Prozent). 18 ganze und fünf halbe Kantone winkten ab, nur zwei ganze (Tessin und Genf) und ein halber (Basel-Stadt) stimmten zu.

Von den derzeit jährlich ausgeschütteten 2,5 Milliarden gehen demnach weiterhin zwei Drittel an die Kantone und ein Drittel an den Bund. Gleichzeitig kommt jetzt - ein Referendum vorbehalten - der indirekte Gegenvorschlag des Parlaments zum Zug: Der AHV-Fonds erhält die 7 Milliarden, die der Bund aus den Goldverkäufen der SNB zugute hat.

Drei Kantone stimmen zu

Am deutlichsten fiel das Verdikt gegen KOSA in den Kantonen Obwalden mit 74,9 Prozent, Appenzell Innerrhoden mit ebenfalls 74,9 Prozent und Nidwalden mit 73,4 Prozent Nein aus. Es folgten mit Zweidrittelsmehrheiten Zug, Glarus, Appenzell Ausserrhoden, Thurgau, Schwyz und Uri.

Angenommen wurde das Volksbegehren mit 53,6 Prozent Ja im Kanton Basel-Stadt, aus dem mit dem inzwischen verstorbenen alt SP-Bundesrat Hans-Peter Tschudi einer der Väter der Initiative stammte. Auch Genf mit 51,3 Prozent und das Tessin sogar mit 57,5 Prozent sagten Ja.

Nur ganz knapp mit 50,2 Prozent verwarf der Jura. Unter60 Prozent Nein blieben auch die Waadt (53,9), Basel-Landschaft (54,5), Solothurn (56,5), Schaffhausen (57,5), Bern (57,5), Neuenburg (58,2) und Zürich (59,5).

Warnungen stärker als Versprechen

Einen Monat vor dem Urnengang hatten Umfragen noch eine Mehrheit für KOSA ergeben und die Befürworter aufgeschreckt. Nun aber setzten sich Bundesrat, bürgerliche Parteien, Nationalbank und Kantonsregierungen klar durch. Sie warnten davor, dem Staat Mittel zu entziehen und ohne echten Nutzen für die AHV die Unabhängigkeit der Nationalbank und damit die Stabilität des Frankens zu gefährden.

Daneben verblasste das Versprechen, mit den Nationalbankgewinnen könne das wichtigste Sozialwerk gestärkt werden. Nach Ansicht der KOSA-Befürworter hätte sich bei einem Ja die Diskussion über Rentenkürzungen, über das Rentenalter 67 und über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in den nächsten zehn Jahren erübrigt.