«Zwerg Nase» kochte in Braunwald

Nach dem durch die Corona-Massnahmen erzwungenen zweijährigen Unterbruch melden sich die Bruuwalder Spiellüt zurück. Die von Regisseurin Ursi Kessler initiierte und mit viel Herzblut geleitete Theatergruppe gab an vier gut ausgebuchten Vorstellungen in der wohnlich umgestalteten Tödihalle mit ihrer Interpretation von Wilhelm Hauffs Märchen «Zwerg Nase» ein grossartiges Comeback.



Fulminantes Comeback der Bruuwalder Spiellüt (Bilder: zvg)
Fulminantes Comeback der Bruuwalder Spiellüt (Bilder: zvg)

Das vom mit nur 25 Jahren verstorbenen Hauff im Jahr 1826 publizierte Märchen erzählt die Geschichte des Schuhmachersohnes Jakob, der als Strafe für seine herablassenden Äusserungen über ihr Äusseres von einer Kräuterhexe in einen langnasigen, buckligen Zwerg verwandelt wird. Um ihm zu einem Lebensunterhalt zu verhelfen, lehrt sie den Jungen während seines siebenjährigen Zauberschlafes kochen. Dies kommt ihm auf der Burg des Herzogs zugute, wo er bald zum Oberhofkoch aufsteigt und schliesslich mit der Zubereitung der Pastete Souzeraine die Gunst eines zu Besuch weilenden Fürsten, der die Begeisterung des Herzogs für weltliche Genüsse teilt, gewinnen soll. Das wiederum gelingt nur mithilfe des von der Kräuterhexe in eine Gans verwandelten Mädchens Mimi, welches das zur Perfektion der Speise benötigte Kraut Niesmitlust aufspürt. Und natürlich leben die beiden, nachdem sie dank ebendiesem Gewürz ihre eigene Gestalt wieder erhalten haben, bis ans Ende ihrer Tage in glücklicher Gemeinschaft.

Talent und Disziplin

Hauff war ein politischer Autor und es ist der Regisseurin hoch anzurechnen, dass sie für die Aufführung diese Seite des Märchens weitgehend unbeachtet liess. Die kurzweilig und mit grossem Talent gespielte Geschichte zog trotz beachtlicher Länge Gross und Klein in ihren Bann und die zuweilen aus dem Publikum laut werdenden Kommentare liessen keine Zweifel aufkommen, dass auch die Kleinsten der Kunst der Schauspieler ihre volle Aufmerksamkeit widmeten.

Typisch für die Aufführungen der Spiellüt, die jeweils im Sommer auch mit einer Wandervorstellung durch Braunwald touren, sind die Zusammensetzung der Schauspieltruppe aus Künstlern jeder Generation – und das daraus resultierende verblüffend reibungslose Zusammenspiel von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Man wagt sich kaum vorzustellen, welchen Aufwand zum Beispiel die Einübung der «Standfotos» erfordert, wenn die Spielenden minutenlang bewegungslos auf der Bühne verharren, eingefroren in ihren zuvor aufgenommenen Tätigkeiten. Oder die beiläufige Lockerheit, mit der selbst die Kleinsten eine Nebenrolle wahrnehmen, während das Hauptgeschehen im Fokus der Zuschauer steht. Dies zeugt vom Können und der disziplinierten Führung der Regisseurin, nicht weniger aber vom tiefen Verständnis für das Stück und der Identifizierung der Schauspieler mit ihren Rollen.

Apropos Rollen: das Älterwerden und die körperlichen Veränderungen Jakobs dokumentieren drei verschiedene Mitspieler für ein und dieselbe Person. Und die Vielfalt der Charaktere brachte es mit sich, dass einige der Vorführenden überzeugend mehrere Rollen ausfüllten. Bei einem Stück von dieser Länge und in einem Laientheater wahrlich keine einfache Aufgabe.

Es wäre vermessen, nur einem Mitglied der Truppe besonderes Lob zukommen zu lassen. Ob der kleine Jakob, der verzauberte Zwerg, der Herzog oder die Hofköchin, ob Kräuterhexe, Küchenmagd, Page oder Fürst: jeder einzelne Schauspieler vollbrachte an diesen frühlingshaften Nachweihnachtstagen eine Glanzleistung, vor welcher wir in Ehrfurcht den Hut ziehen wollen – und die den ausbleibenden Schnee für einige Stunden in Vergessenheit geraten liess. Und wir freuen uns bereits auf die Festtage 2023, an denen uns die Bruuwalder Spiellüt hoffentlich mit einer neuen Kreation beschenken.