365 Tage Berlin

Es war am 21. April des letzten Jahres, als wir kurz vor acht Uhr morgens von Moskau her kommend in Berlin-Tegel landeten. Es war ein gutes Gefühl. Berlin war unser Wunschposten.



Ein Blick von unserem Kolumnisten Martin Mächler auf die Museumsinsel in Berlin (Bild: m.mächler)
Ein Blick von unserem Kolumnisten Martin Mächler auf die Museumsinsel in Berlin (Bild: m.mächler)

Das grenzt schon fast an ein kleines Wunder. In der Regel bleiben Wunschposten auch Wunschposten. Aber warum sollen wir nicht auch mal Glück haben? Es war alles gut vorbereitet. Die Wohnung hatten wir uns schon von Moskau aus gesichert und das Auto war auch schon bestellt. Nun hiess es also diese Stadt zu entdecken.

Es ist jetzt ein Jahr her, also 365 Tage, das heisst 366 Tage, es war ja ein Schaltjahr. Und in dieser Zeit haben wir Berlin kennengelernt. Es ist eine sehr bunte Stadt, farbig und auch etwas verrückt. Aber durchwegs sympathisch. Wer sich hier langweilt, macht etwas falsch. Immer ist etwas los. Ob Sommer oder Winter. Und für jeden ist etwas dabei. Berlin ist eine Stadt der Künstler. Kulturell gibt es also viel zu entdecken. Aber auch die Stadt selbst mit ihrer lebendigen Geschichte ist sehr interessant.

Statistisch gesehen wechselt sich die Stadt alle drei Jahre einmal komplett aus. Das bedeutet nichts anderes, dass gut eine Million Menschen jedes Jahr die Stadt verlassen und genauso so viel neu dazukommen. Das erleben wir auch in unserer kleinen Strasse. Es vergeht kaum ein Tag, an dem kein Möbelwagen vor einem Haus steht. Selbst in unserem Haus sind während des letzten Jahres drei Mieter ausgezogen und drei neue Mieter eingezogen. Das haucht der Stadt natürlich immer wieder neues Leben ein.

Ich selbst interessiere mich sehr für die Geschichte der Stadt. Daher bin ich viel zu Fuss unterwegs, um die verschiedenen Bezirke und deren Vergangenheit kennenzulernen. Vor allem der Osten hat es mir angetan. Obwohl seit dem Mauerfall schon mehr als 20 Jahre vergangen sind, trifft man noch oft auf Orte, an denen die Geschichte wohl vorbeigegangen ist. Auch unterhalte ich mich immer wieder mit Berlinerinnen und Berlinern. Und jeder hat eine Geschichte zu erzählen. Was mir in diesem Jahr aufgefallen ist und mich auch ein wenig verwundert, so ganz angefreundet an die wieder vereinigte Stadt haben sich noch nicht alle. Immer wieder hört man Stimmen, die dem Osten nicht viel abgewinnen können. Ich aber finde, Berlin hat durch die Wiedervereinigung sehr viel gewonnen.

Die Zeit hier vergeht viel zu schnell. Wir sind nun schon ein ganzes Jahr hier und haben noch lange nicht alles gesehen und erlebt. Es bleibt also noch viel zu tun. Ich werde, nachdem ich meinen neuen Roman fertiggestellt habe, etwas mehr Zeit haben und werde mehr über Berlin und seine Eigenheiten berichten können.