«Als Gott Merkur in die Linth baden ging»

Die Römer haben im Linthgebiet meist in der Nähe von Gewässern zahlreiche Spuren hinterlassen. Auf dem Biberlikopf fand man Zeugnisse eines Phallus-Kultes. Dazu ist im Mehrzweckgebäude (Pfarreisaal) Schänis eine Wanderausstellung zu sehen.



«Als Gott Merkur in die Linth baden ging»

Was ist denn das? Der Finder staunte nicht schlecht, als er 1875 beim Bau der Eisenbahn nördlich des heutigen Bahnhofs Ziegelbrücke, wo einst die Maag in die Linth floss, eine nicht alltägliche Entdeckung machte: Er fand eine seltsame Figur, nur 18,5 cm gross, relativ schwer. Es stellte sich heraus, dass es sich dabei um einen Bronzeguss handelt, um eine von den Römern verehrte Gottheit, Merkur (heute im Freulerpalast Näfels ausgestellt). Stand die Statuette auf oder an einer Brücke? Jedenfalls kamen kürzlich im Linthkies unterhalb des Biberlikopfs verschwemmte römische Balken zum Vorschein, die möglicherweise zu einer Brücke über die Maag gehört hatten.

Wanderausstellung in Schänis


Die Wanderausstellung «Als Gott Merkur in die Linth baden ging: Die Römer am Walen- und Zürichsee» ist an den beiden Wochenenden 19.–20. und 26.–27. Oktober 2013 im Mehrzweckgebäude (Pfarreisaal) zu Gast. Die Text-Bilder-Schau, konzipiert von Dr. Stefan Paradowski, Agentur für Kunst- und Regionalgeschichte, findet nach Glarus, Wangen und Rapperswil in Schänis ihre vierte und letzte Station.

Phallus-Kult auf dem Biberlikopf


Die Römer haben im Linthgebiet meist in der Nähe von Gewässern zahlreiche Spuren hinterlassen. Auf dem Biberlikopf (Schänis), bei Vordemwald (Filzbach) und bei Stralegg (Betlis) haben sich Mauern römischer Wachtürme erhalten. Sie gehören in die Zeit des Alpenfeldzuges um 15 v. Chr. Sie könnten die Aufmarschlinie der Gallien-Armee von Tiberius ins Rheintal markiert haben. Aussen am Biberlikopf-Wachtturm entdeckte man zwei Quadersteine mit je einem Relief, das einen Phallus zeigt (heute verschollen). Das männliche Glied hatte eine übelabwehrende und glücksbringende Bedeutung. Das deftige Symbol schützte im römischen Reich auch Privathäuser, Läden und Werkstätten. Unter der Kirche Altendorf wurden Ziegelfragmente gefunden, in Eschenbach traten Überreste von Hohlziegeln zutage – in beiden Fällen vermutlich von einer römischen Fussbodenheizung, einer Hypocaust-Anlage. Im Linthgebiet sind vier gallo-römische Tempel bekannt. Eine dieser Kultstätten stand in Hüttenböschen (Mollis). Fast in allen Linthgemeinden kamen römische Münzen, teils mit Kaiserbildnissen, zum Vorschein.

Römische Strassen


Das Linthgebiet durchzog eine Heer-und Handelsstrasse, die Teil einer übergeordneten Nord-Süd-Verbindung war. Am Kreuzpunkt der Strassen von Zürich (Turicum) und Winterthur (Vitudurum) gelegen, befand sich das römische Zentrum der Linthregion, Kempraten (vielleicht abgeleitet von Centum Prata = hundert Wiesen), wo unter anderen die Göttinnen Venus und Magna Mater (Muttergottheit) verehrt wurden. Die Route führte weiter entlang des Walensees nach Chur (Curia) über die Bündner Pässe nach Italien. In Eschenbach und Tuggen sollen römische Strassenstücke gefunden worden sein. Ein Strassenkoffer wurde anlässlich der Linthsanierung in der Landig (Glarus Nord) am linken Ufer des Linthkanals ausgegraben.

Zu welcher Provinz gehörte das Linthgebiet?


Gehörte das Linthgebiet zur Provinz Germania Superior oder zur Provinz Raetia? Bislang sind keine Funde bekannt, die darüber Aufschluss gegeben hätten. Das Linthgebiet war sicherlich Grenzland. Daran erinnern Regionalbezeichnungen wie March (Grenzraum) und Walensee (See der Welschen), aber auch die Mischung von germanischen und romanischen Orts- und Flurnamen.

Wanderausstellung «Die Römer am Walen- und Zürichsee»: Samstag bis Sonntag, 19. und 20. Sowie am Samstag und Sonntag, 26.–27. Oktober 2013, jeweils 09.00 bis 12.00 Uhr, Mehrzweckgebäude (Pfarreisaal) Schänis.