Anpassung oder Ausgrenzung

In einer Gesellschaft, die von Verboten zunehmend eingeschränkt wird, bleibt einem immerhin noch die Freiheit, in die Gesetzlosigkeit abzusteigen.



Am Sonntag wird die Landsgemeinde über eine allfällige Verschärfung des bundesweiten Rauchverbots im Kanton Glarus abstimmen.
Am Sonntag wird die Landsgemeinde über eine allfällige Verschärfung des bundesweiten Rauchverbots im Kanton Glarus abstimmen.

Am Sonntag wird die Landsgemeinde über eine allfällige Verschärfung des bundesweiten Rauchverbots im Kanton Glarus abstimmen. In Kalifornien wurde Anfang April ein gesetzliches Rauchverbot für alle Strände und Naturparks verabschiedet. Die Kalifornier sind stolz auf ihre neueste Errungenschaft im Kampf gegen die Umweltverschmutzung, die Brandgefahr und das lästige Passivrauchen. Nie war Politik so einfach! Was wir gewinnen, ist ein Stückchen mehr Zivilisation, was wir verlieren, ist ein Stückchen mehr Freiheit. So will es der Fortschritt. Das alles schlagende Argument des Gemeinwohls macht den Kampf gegen die Verbote hoffnungslos. Zeit, sich ein paar Gedanken über die Freiheit zu machen. Die Tendenz zur Einschränkung der äusserlichen Freiheit (Rauchverbot, Offroaderverbot, Minarettverbot, Kampfhundeverbot, Killergameverbot, Burkaverbot, etc), wirft die Frage auf, wieweit die Verbote, ursprünglich in Kraft gesetzt, unsere Lebensqualität zu steigern, diese nicht etwa beeinträchtigen.

Jedes Gesetz hat von einem bestimmten Standpunkt aus gesehen sicherlich seine Rechtfertigung, doch sollten wir dem Verbotstrend gegenüber generell etwas skeptischer sein. Je mehr Verbote, desto unmündiger muss sich eine Gesellschaft vom Staat behandelt fühlen. Ist etwas laut, stinkig oder ansatzweise gefährlich und betrifft es eine Minderheit, die von der demokratischen Mehrheit überstimmt wird, wird es sofort verboten. Diese Herangehensweise an ein Problem ist falsch und fördert zudem Intoleranz. Eine Gesellschaftsgruppe (Burkaträgerinnen, Raucher, Hundebesitzer, Muslime, Offroaderfahrer, Killergamer) wird durch ein Verbot in ihrer Freiheit eingeschränkt und gleichzeitig von der Gesellschaft stigmatisiert. Das führt dazu, dass sich die Anhänger dieser Gruppen zunehmend ausgegrenzt fühlen. Dabei haben sie die Wahl: Anpassung oder Ausgrenzung. Das erinnert mich ein wenig an Nationalsozialismus und DDR. Dabei sehe ich die Schweiz als liberales, offenes und tolerantes Land. Während ein Jugendlicher in Amerika sich heimlich Alkohol verschafft und sich fernab der Ordnungskräfte bis zur Besinnungslosigkeit betrinkt, kann hier ein 16-jähriger in der Beiz ein Bier bestellen wie jeder Erwachsene. Unsere Variante erscheint mir um einiges reifer und gesünder.

Das Zusammenleben in einer Gesellschaft bringt nun mal gewisse Risiken mit sich. Es darf gestunken, gerülpst, gefurzt, geraucht, getrunken, in der Nase gebohrt und falsch gesungen werden. Schlechten Geschmack und schlechte Manieren können wir nicht verbieten und das ist auch gut so.

Zum Schluss noch die Gretchenfrage: Warum wird eigentlich gegen das Autofahren nicht so vehement und effizient vorgegangen, wenn Passivautofahren doch mindestens genauso schädlich, stinkend und gefährlich ist, wie passivrauchen?