Auf den gesunden Menschenverstand bauen

Mehr Selbstvertrauen und Verantwortungsbewusstsein, Einfachheit, Zuverlässigkeit und Durchhaltewillen und eine nachhaltige Politik, die sich vermehrt auf den gesunden Menschenverstand statt auf kurzlebige Theorie abstützt, eine Kultur des rechten Masses, des Vertrauens und des Respekts - das seien die Werte, die unsere Schweiz auszeichnen müssten, betonte an der 1-August-Feier in Luchsingen Prof. Dr. Hans Jakob Streiff, Glarus, in seiner markanten, mit mächtigem Applaus verdankten Ansprache.



Professor Hans Jakob Streiff
Professor Hans Jakob Streiff

Die auf der Allmeind auf dem Hof der Bauernfamilie Jakob und Andrea Hefti-Eberle vom Verkehrsverein Luchsingen-Betschwanden organisierte Feier mit Brunch samt von Mister Schweiz André Reithebuch zubereiteten Spiegeleiern (über 300), musikalisch umrahmt von der Tödi-Musik (Dirigent Markus Meli) und von Alphorn- und Büchelbläser Fridli und Begrüssungsworten von Trudy Barbon-Hefti, Jack Leuzinger und André Reithebuch vereinigte bei herrlichstem Wetter sehr viele Leute jeglichen Alters, und noch selten haben wir ein so beherztes Singen aller vier Strophen der Landeshymne gehört.

Den richtigen Ton getroffen

Hans Jakob Streiff, von Jack Leuzinger als einer der bedeutendsten Glarner vorgestellt, fand für die Festgemeinde den richtigen Ton. Zunächst warf er einen Blick zurück auf die Kriegsjahre, in denen der 1939 eingepflanzte Landi-Geist die geistige Widerstandsbereitschaft entscheidend zum letztlich unkriegerischen Überleben unseres Landes beigetragen hat. Und damit wurde auch das Fundament des heutigen Wohlstandes geschaffen. Die damalige Generation verdiene unsern uneingeschränkten Respekt. Das Réduit heutzutage als „Mythos“ zu bezeichnen, sei schlicht „Chabis“. Es war eine notwendige militärische Massnahme, gestützt z.B. auf die Erfahrungen der Polen, die in der Tiefebene dem deutschen Angriff ausgeliefert waren.

Die Sorgen der Gegenwart

An einigen gegenwärtigen Entwicklungen und Erscheinungen hat Streiff keine Freude. Grosse und kleine Staaten litten unter Stress. Es sei widersinnig, wenn sich z.B. die Schweiz und die USA mit ihrer bewährten freiheitlichen Tradition in die Haare geraten. Die Schweiz müsse sich wieder eine „autonome Handlungsfreiheit“ schaffen. Sie müsse aber auch die finanziellen Probleme in den Griff bekommen, ohne dass der Staat seine Macht über die Wirtschaft ausdehne. Streiff erwartet von den Politikern, speziell vom Bundesrat, geschlossenes, einheitlichen Handeln, und auch die Parlamentarier und Richter sollten nicht unzählige verschiedene Meinungen vertreten. „Es ist peinlich, dass die Bundesratwahlen zu einer Lotterie geworden sind“. Wären wir in den Kriegsjahren so zerstritten wie heute gewesen, hätten wir kaum überlebt.

Einander ernst nehmen

Zur Zukunft unseres Landes verlangte Steiff, zu unsern überschaubaren Verhältnissen Sorge zu tragen und einander ernst zu nehmen, getragen von Bewusstsein gemeinsamer Verantwortung. Die Schweiz ist in Europa ein Einzelgänger; umso wichtiger sei die Einbettung in die Weltgemeinschaft der UNO und gute Beziehungen zu wichtigen Partnern zu pflegen. Es sei zu hoffen, dass sich das Verhältnis zu den USA und zu Deutschland wieder verbessere. Wir müssten uns aber entschlossener zeigen, besonders in Krisensituationen, wie sie heute bestehen.