Das grosse Fussballfest in der kleinsten Hauptstadt

Auch in Glarus, dem kleinsten Kantonshauptort, ist die Europameisterschaft angekommen. Rund 5 000 Zuschauer erlebten am letzten Samstag die Startniederlage der Schweiz gegen Tschechien. Trotz dieses „Dämpfers“ feierten viele friedlich den Start der Euro in die Nacht hinein.



Geht er rein: Angespannte Zuschauer in der UBS Arena Glarus bei einer Schweizer Torchance (Bild: jhuber)
Geht er rein: Angespannte Zuschauer in der UBS Arena Glarus bei einer Schweizer Torchance (Bild: jhuber)

Der Aufschrei ist laut auf dem Zaunplatz, als in der 57. Minute der Ball im Netz zappelt. Die Enttäuschung kann man den rotweiss geschminkten Gesichter ablesen, denn er landete im falschen Tor. Die Führung der Tschechen durch Vaclav Sverkos trübte sichtlich die Stimmung in der UBS Arena in Glarus. Aber der weitere Verlauf des Spiels baute die Spannung schnell wieder auf. Die Schweizer gaben nicht auf und kamen immer wieder zu guten Chancen. So wie als Barnetta in der 81. Minute knapp an Goalie Cech scheiterte und der eingewechselte Vonlanthen den Nachschuss nur an die Latte schoss. „ Das ist einfach nicht fair!“, schreit ein junger Fan, schüttelt kurz den Kopf, klatscht in die Hände und treibt die Spieler über die Leinwand weiter an. Leider vergeblich. Die Schweiz hat das Eröffnungsspiel verloren, die Fans liessen sich dadurch aber die Eurofeier nur ganz kurz trüben.

Rotweiss wohin man schaut


Bereits um halb vier am Samstagnachmittag trafen die ersten Fans auf dem Zaunplatz in Glarus ein,. dem Standort der UBS Arena im Glarnerland. In immer grösser werdenden Gruppen fieberten die Fans der Eröffnung der Europameisterschaft entgegen. Die Strassen rund um den Aufbau der Arena erstrahlte im rot der Schweizer Nati. Egal ob offizielles Trikot, Fan-T-Shirt, Schweizer Fahne oder ein geschminktes Schweizer Kreuz auf dem Gesicht, die Fans zeigten deutlich, wer ihr Liebling ist. Selbst die höchste Glarnerin, Frau Landammann Marianne Dürst lies sich von der Fussballbegeisterung anstecken und zeigte ein kleines Schweizer Kreuz auf der Wange. Neben der Glarner Regierung füllten vor allem Jugendliche aus der näheren Umgebung die Arena. Die zweitausend Sitzplätze waren ausverkauft und auch der Bereich der Stehplätze war gut gefüllt. Rund 5 000 Leute dürften das Eröffnungspiel in Glarus mit verfolgt haben. Im Spiel Portugal gegen die Türkei dürfte es dann zwar rund die Hälfte gewesen sein, der Rest ging noch nicht nach Hause. In der Fanmeile trafen sich die Fans, diskutierten über die vergebenen Schweizer Chancen, tranken ihre Enttäuschung weg oder freuten sich einfach, dass die Europameisterschaft endlich begonnen hat. Auch wegen den kalten Temperaturen leerte sich die Arena nach dem 2:0-Sieg der Portugiesen, die grosse Leinwand wurde schwarz und Ruhe kehrte auf dem Zaunplatz ein. Die Befürchtungen der Anwohner erfüllten sich am Eröffnungsabend nicht.

Langes Vorspiel

Erst am letzten Mittwoch lehnte das Departement Bau und Energie die letzten Rekurse gegen die UBS Arena in Glarus ab. Da stand die Arena schon eine Woche. Die Anwohner befürchteten während der drei Wochen eine grosse Lärmbelastung und Schäden an ihren Wohnungen. „Bereits jetzt laufen viele Jugendliche an den Wochenenden betrunken und laut grölend über den Zaunplatz. Es passiert auch immer wieder, dass an die Hauswände uriniert wird,“, schilderte ein Anwohner seine Sorge. Die einzelnen Rekurse wurden jedoch schon früh von der Gemeinde Glarus abgewiesen und in der letzten Woche folgte der Kanton dieser Entscheidung. „ Wir verstehen die Anwohner und möchten die drei Wochen auch für sie so angenehm wie möglich machen,“, erklärte der nationale Organisator, Perron 8. Aus diesem Grund verzichten er auch auf das Konzert von Baschi in Glarus und schraubt auch sonst die Lautstärke weiter runter, als in den anderen Arenen.

Eine kleine Landsgemeinde

Dass im kleinsten Austragungsort der UBS Arena die meisten Probleme auftauchen, verwundert auch den Organisator „ In Städten wie Biel, wo viel mehr Menschen neben der Arena leben, gab es kaum Einsprachen.“ Dass Glarus dennoch den Zuschlag erhielt, verdankte es unter anderem der Absage von Rapperswil und dem grossen Platz mitten im Ort; dem Zaunplatz. Dieser Platz ist jedes Jahr der Standort der, neben Appenzell Innerrhoden, letzten Landsgemeinde der Schweiz. Hier versammeln sich immer am ersten Sonntag Mai rund 10 000 Menschen, um über die wichtigsten Entscheidungen des Kantons zu entscheiden. So betrachten die Organisatoren die UBS Arena wie eine kleine Landsgemeinde. Und konnten so zum Beispiel beim Parkplatzkonzept auf diese Erfahrungen zurückgreifen. „ Der grösste Unterschied ist eigentlich nur: die Landgemeinde ist ein Tag, die Euro 08 dauert rund drei Wochen,“, sagt Heinz Rast, der Sicherheitschefs des lokalen Veranstalters.

Auch die Kantonspolizei hat sich auf die zu erwartenden Zuschauerströme eingestellt. Ausserhalb der Arena kontrollieren sie das Verhalten der Gäste. Sie zeigt Präsenz möchte aber vor allem für die Beruhigung von Situationen sorgen. Der Dialog mit den Betroffenen und das Auftreten der Polizisten ist dabei entscheidend. „ Das schlimmste ist, wenn eine Situation eskaliert und weitere Personen anzieht,“, beschreibt es Polizeikommandant Daniel Anrig. Die Polizisten wurden deshalb auch in Deutschland extra dafür geschult. „ Wir konzentrieren uns jedoch nicht nur auf die Arena. Während der Euro kann es überall, wo grössere Gruppen die Spiele ansehen, zu Konflikten kommen.“

Für die enttäuschten Schweizerfans bleibt die alte Weisheit „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Den vielleicht kommt nach der Niederlage gegen Tschechien ein Sieg gegen die Türkei. Und in der UBS Arena kann endlich über ein Schweizer Tor gejubelt werden.