Die christliche Berufung – für die Kirche und die Welt

Anlässlich der 3. kantonalen Zusammenkunft aller Seelsorge- und Pfarreiräte des Kantons Glarus, sowie aller interessierten kirchlichen Kreise

lud das Glarner Pastoralforum Sr. Ingrid Grave zu einem Vortrag über das Jahr der christlichen Berufungen ins Fridolinsheim in Glarus ein.



links Montserrat Rico
links Montserrat Rico

Bekannt wurde „die Schwester vom Fernsehen“ als Moderatorin der Sonntagsvormittagssendung „Sternstunden“ des Schweizer Fernsehens. Mit ihrer lockeren, natürlichen und intelligenten Moderation widerlegte sie sämtliche Klischees von verstaubten, weltfremden Gottesdienern.

Christliche Berufung

Sr. Ingrid Grave erläuterte in ihrem Referat, dass primär ein Gott da sei, der den Menschen erschaffen hat, der ihn mit Gaben und Talenten ausgestattet hat, um dies zum Wohle dieser Welt entfalten und einsetzen zu können. Das bedeutet, der Mensch ist gerufen, am Heilsplan Gottes für die Welt mitzuwirken. Sr. Ingrid Grave zitierte das Heft zum Jahr der Berufungen 06 „mystisch und solidarisch“. Das Berufungsgeschehen ist ein geheimnisvolles Zusammenspiel von Gott und Mensch. Gott berufe auch nichtchristliche Menschen auf ihren ganz individuellen Weg, und zwar zum Wohle des Individuums und zum Wohle der Menschheit. Denn Gott ist der Gott aller Menschen, und nicht der Gott für ein auserwähltes Volk oder für eine auserwählte Kirche.

Wollte Jesus überhaupt eine Kirche gründen?

Verschiedene Theologen verneinen dies. Müsste man sich da nicht die Frage stellen, in was für einer Institution leben und wirken wir da eigentlich! Dazu kommt, dass diese Institution sich klar auf Jesus Christus beruft, gerade auch in der Ämterfrage. Zu einem Amt wird man berufen. Wenn jemand ruft, geht er davon aus, dass es jemanden gibt, der hört. Gott ist es, der ruft. Der Mensch kann hören und soll hören.

Herausforderungen 20./21. Jahrhunderts

Wir sind Menschen des 20./21. Jahrhunderts. Wir sind nicht gerufen, uns den Herausforderungen eines früheren Jahrhunderts zu stellen, sondern den Herausforderungen unserer gegenwärtigen Zeit. Das II Vatikanische Konzil hat es versäumt, ein Priesterbild zu entwerfen, das der heutigen Zeit gerecht wird. Sr. Ingrid Grave glaubt in ihren Ausführungen, dass ein neues Priesterbild im Gespräch mit jungen Menschen und mit engagierten Christinnen und Christen entworfen werden müsste.

Wie ist Gehorsam zu verstehen?

Im Wort Gehorsam steckt das Wort hören, horchen. Wenn wir die Biografien von grossen Heiligen in unserer Kirche lesen. Was gab es da nicht alles an Gehorsamverweigerung – nicht weil diese Heiligen so eigensinnig und sturköpfig waren, sondern weil sie in sich selbst hineingehorcht haben, um zu erkennen, was ihre Berufung ist. Und diese Erkenntnis deckte sich längst nicht immer mit dem, was intelligente oder ehrgeizige Kirchenvorsteher und Ordensobere in ihren Köpfen geplant hatten.

Der wahre Gehorsam und die idealste Form von Demokratie, wenn jeder einzelne zuerst nach innen horcht, bevor er eine Entscheidung trifft und sich dann im Gespräch austauscht, d.h. man horcht auch aufeinander. Wozu beruft Gott uns in unserer Zeit in der Kirche von heute?

"Beten wir um Priester- und Ordensberufe"

So tönt es von allen Seiten. Sollten wir in der Kirche nicht auch gleichzeitig über ein neues Priesterbild nachdenken? Statt über den Priestermangel zu klagen, müssten wir uns doch fragen, inwiefern könnte der Priestermangel für uns eine Herausforderung sein? Das II. Vatikanische Konzil, das vor 40 Jahren zu Ende ging, hat kein neues Priesterbild entworfen, wohl aber den Stand der Laien in der Kirche aufgewertet.

Berufung beginnt mit dem Horchen nach innen. Die Hinführung der Gläubigen zu diesem Horchen ist in der Kirche vernachlässigt worden. Seelsorge wäre genau das, nämlich den Blick und die Aufmerksamkeit der Gläubigen hinzulenken auf diesen geheimnisvollen Grund in der Seele, wo Gott ins Spiel kommt. Dort entdeckt der gläubige Mensch seine ganz persönliche Berufung für die Kirche und für die Welt. Zu ihrer eigenen Berufung finden – dazu müssen die jungen Menschen ermutigt werden. Und nicht nur die Jungen! In jeder Lebensphase stellt sich die Herausforderung neu, das eigene Leben auszurichten nach dem, was die innere Stimme spricht.