Die Lust an der Unlust

Am kommenden Donnerstag und Freitag bringen neun Kantonsschülerinnen unter der Leitung von Sabine Aebli das anspruchsvolle moderne Theaterstück „Der Truthahn“ von Slawomir Mrozek auf die Bühne.



Illustre Gestalten im Stück "Der Truthahn" (Bild: jhuber)
Illustre Gestalten im Stück "Der Truthahn" (Bild: jhuber)

Seit den Sommerferien letzten Jahres erarbeiteten die neun Kantonsschülerinnen unter der Leitung von Sabine Aebli das Stück von Mrozek. Lernten und feilten am Text, probten die Bewegungsabläufe und tauchten in ihre Figuren ein. Diese Woche stand der Feinschliff auf dem Programm, bevor am Donnerstag und am Freitag die Aufführungen über die Bühne gehen können. „Es ist erstaunlich, wie viel Zeit die Schülerinnen, neben dem Aufwand für die Schule, in dieses Projekt gesteckt haben“, so Sabine Aebli. Und nicht nur anhand des sauberen Bühnendeutsch spürt man den Ehrgeiz der Frauen. Da im Stück acht der neun Personen männliche Charaktere darstellen, mussten demzufolge acht Schauspielerinnen in Hosenrollen schlüpfen. Es ist auffällig, dass dies während des Stücks überhaupt nicht auffällt.

Ein scheinbar klassischer Stoff

In einem ländlichen Gasthof langweilen sich nicht nur die ansässigen Bauern, auch ein Dichter und ein Hauptmann müssen sich eingestehen, dass sie zu nichts mehr Lust haben. Als ein flüchtendes Liebespaar ebenfalls in dem besagten Gasthof absteigen muss, scheint ein klassischer dramatischer Stoff seinen Lauf zu nehmen. Der weitere Verlauf des Stücks deckt jedoch auf, dass dem nicht so ist.

Die ganze Welt in einem Raum

Nicht nur, dass die Bauern, als Parodie eines griechischen Chors, die Handlung überhaupt nicht mitverfolgen und sich nur fragen, ob sie nicht mähen sollten. Auch die Figuren verlieren ihr dramatisches Potenzial. Das Liebespaar streitet und zickt rum, verleiert sich in den Unsicherheiten der modernen Geschlechterrollen und der verlobte Graf verfolgt sie nicht wegen Eifersucht. Aus Angst vor dem fortwährenden Wertezerfall, versucht er das Paar für Propagandazwecke zu nutzen.

Mrozek gelingt es in „Der Truthahn“, das Dilemma der Postmoderne auf eine anschauliche und verständliche Art und Weise darzustellen. Der moderne Mensch weiterhin auf der Suche nach einen tieferliegenden Sinn, muss eingestehen und erkennen, dass sich ihm dieser Sinn nie offenbaren wird. Und dennoch kann er die Suche nicht aufgeben. Auch allein gültige Ideale und Werte gibt es nicht mehr, die ihm einen Halt geben könnten. Liebe, Moral, das Gute im Menschen gibt es das wirklich?

Trotz des philosophischen und sozialkritischen Hintergrunds und den teilweise an Beckett erinnernden Dialogen erschliesst sich das Stück dem Zuschauer auf eine einfache Art und bindet ihn an die Figuren. Die gekonnte Inszenierung und die starke schauspielerische Leistung tragen ausserdem noch dazu bei, dass einem gelungenen Theaterabend am Donnerstag oder am Freitag nichts im Wege steht.