«Die spinnen die Schweizer»

Diese Worte hört man seit dem Abstimmungswochenende nun des Öfteren in deutschen Landen. Schweizerische Volksabstimmungen werden hier in Berlin und allgemein in Deutschland kaum oder gar nicht wahrgenommen.



«Die spinnen die Schweizer»

Doch diesmal scheint es anders zu sein. Überall wo ich hinkomme und man mich als Schweizer kennt oder mich meine Aussprache überführt, kriege ich es zu hören:

«Ist das wirklich euer Ernst?»

«Seid ihr noch zu retten?»

«Die spinnen doch die Schweizer!»

Und vieles mehr. Nun ja, man wird es sich überlegen müssen. Wo sonst gibt es das Artikelauf der Welt, wo ein Volk sagt:

Ich will mehr arbeiten (Nein zur 36-Stunden-Woche).

Ich will mehr Steuern zahlen (Ja zur Erhöhung der Mehrwertsteuer).

Ich will NICHT mehr Ferien haben (Nein zu 6 Wochen Ferien).

Ist das wirklich unser Ernst? Ich fürchte ja und ich fühle mich nicht schlecht dabei. Stellen wir uns nur eine einfache Frage: Warum geht es uns gut? In Ordnung, ein bisschen weniger arbeiten würde niemandem schaden. Und Steuern bezahlt sowieso keiner gern. Und wenn Familie Müller oder Meier eine Woche länger am Strand von Rimini liegen könnte, hätten die bestimmt auch nichts dagegen.

Doch wir sind ein demokratisches Land. Demokratie ist eine anstrengende Staatsform. Das versuche ich die letzten 22 Jahre, die ich im Ausland lebe, immer wieder zu erklären. Nicht alles, was für mich persönlich gut ist, ist auch gut für das Land. Wer sein Land liebt, trägt Sorge dazu.

Es wäre doch für mich gut, wenn ich mit 300 km/h von Berlin nach Glarus fahren könnte. Da bräuchte ich statt zehn Stunden nur deren drei. Doch ist es auch für die anderen um mich herum gut? Ich glaube kaum. Genau da fängt es an.

Doch es wird immer schwieriger für mich, dies zu erklären. In einer Zeit, wo jeder nur auf sich schaut, braucht es mutige und manchmal auch unpopuläre Entscheide. Wenn man sich die Länder, die an die Schweiz grenzen sowie auch deren Wirtschaft anschaut und vor allem die Zufriedenheit der Bevölkerung betrachtet, da wird einem schnell klar: Ein bisschen spinnen darf man! Es geht uns gut, weil wir so sind, wie wir sind.

In diesem Sinne
Ihr Martin C. Mächler