«Die Steinflut» – ergreifendes Theater in Elm

Fast vor einem Jahr wurde des tragischen Bergsturzes von Elm gedacht, ereignet hatte er sich am 11. September 1881, 114 Personen fanden den Tod.

Auslöser des grossen Felssturzes war nicht zuletzt der unsachgemässe Abbau des Schiefers. In der Novelle «Die Steinflut» hatte sich Franz Hohler in stark personenzentrierter Form mit diesem Geschehen befasst.

 



Die Schauspielerin Cornelia Montani agierte in den verschiedensten Rollen gar einfühlsam. (Bild: p.meier)
Die Schauspielerin Cornelia Montani agierte in den verschiedensten Rollen gar einfühlsam. (Bild: p.meier)

Als bewegendes Theaterstück wurde es unter der Regie von Klaus Henner Russius und der Produktionsleitung von Ursula Pfister umgesetzt. Den Solopart gestaltete die Schauspielerin Cornelia Montani in packender, starker Weise aus. Sie begnügte sich mit knappsten Requisiten: Tisch, einige wenige Stühle, Holzspielzeug und eine Puppe. Das reichte aus, um sich mit dem Schicksal verschiedenster Charaktere, beispielsweise der siebenjährigen Katharina Disch und ihrem vierjährigen Bruder Kaspar, der auf der gegenüberliegenden Talseite wohnenden Grossmutter samt Familie, den zuweilen derb argumentierenden Wirtshausbesuchern in Katharinas Haus «Zur Meur», einigen Schulkollegen von Katharina und nicht zuletzt der Hoftiere zu befassen, sich ins Denken und Handeln einzuleben. Um alles zum möglichst authentischen Leben zu erwecken, bedurfte es einer starken Bühnenpräsenz und der Fähigkeit, blitzschnell in die verschiedenen Rollen und deren Eigenarten zu schlüpfen; in jene der klugen, wissbegierigen Katharina, des furchtsamen vierjährigen Bruders, der resoluten Bäsi auf dem Hof «Bleiggen» der Grossmutter, ins Handeln und Bewegen der Hühner oder der Katze, in die polternde, zuweilen von gutmütigem Spott geprägte Art der verschiedensten Wirtshausgäste – alles stets überschattet vom polternden, grollenden und drohenden Berg, der sich seiner todbringenden Last in zunehmend grösseren Frachten entledigt, und immense Furcht unter den unwissenden, teilweise Todgeweihten auslöst. Cornelia Monti bediente sich einer direkten, klaren Sprache, ohne je in billiges Nachahmen abzugleiten. Die Furcht des kleinen Kaspar, die Aussagen der Katharina, halt auch das Miauen und Gackern, die Ahnungen und Ansichten der weiteren in der Hohlerschen Novelle vorgegebenen Personen – Monti erwies sich als einfühlend und dezidiert, sehr variantenreich Agierende, die sich spürbar intensiv in den grossen, stark fordernden Part einzuleben wusste. Es machte sich im Gemeindehaus Elm zuweilen jenes Bangen und intensive Mitvollziehen bemerkbar, das durchaus Teil der Novelle ist. Katharina entgeht dem Tode nur, weil sie von der hochschwangeren Mutter mit Kaspar zu einem kurzen Aufenthalt auf den grossmütterlichen Hof weggeschickt wurde. Auf «Bleiggen» verfolgt sie die zunehmend stärker werdenden Abstürze vom Plattenberg, vernimmt aus Gesprächen jener, die im Schieferbergwerk arbeiten, was sich im Tal, in der Beiz, vor einer Taufe und andernorts ereignet. Es sind jene, die auf «Bleiggen» ein- und ausgehen und Sequenz zu Sequenz in packendster Weise fügen, so lange, bis sich das Unabänderliche, von Katharina Erwartete, ereignet. Welcher Felsbrocken welchen Teil des Dorfes überdeckt hat, spielt in Katharinas Vermuten keine Rolle mehr, auch dass keine Särge mehr für Tote gezimmert und bereitgestellt werden müssen oder ob der den Berg begutachtenden Kommission nur wahre Einheimische angehören sollten – mit dem Ende des immensen Sturzes ist urplötzlich alles vorbei, das einst bewegende Leben, das Zusammensein, das zuweilen entbehrungsreiche Leben in den kinderreichen Familien, die strenge Arbeit am Berg, die dörflichen Strukturen, die Gebete, das Flehen um Aufhalten der Gefahren und das Ende jenes langen Regens, der dem Bergsturz vorausgegangen war. Stille und Dunkelheit von damals sind auch das Ende der vielschichtig und packend inszenierten Aufführung, die auch dank enger Zusammenarbeit mit «Ferienregion Elm» zustande gekommen war.