Die Vielfalt im Glarner Kulturland bewahren

Im Glarnerland ist rund ein Drittel der Kantonsfläche Kulturland. Die Landwirtschaft prägt somit stark das Aussehen des Kantons Glarus. Wo spezielle Massnahmen zur Erhaltung hochwertiger Landschaften nötig sind, können Landwirtinnen und Landwirte seit bald zehn Jahren Landschaftsqualitäts-Beiträge beantragen. Ab 2027 plant der Bund dieses Beitragssystem zu vereinfachen.



Markante Feldbäume und Ufergehölz wie hier im Molliser Riet haben auch im Winter ihren Reiz. (Fotos © Monica Marti)
Markante Feldbäume und Ufergehölz wie hier im Molliser Riet haben auch im Winter ihren Reiz. (Fotos © Monica Marti)

Der Abbruch eines Felszahns veränderte am 29. September 2007 das Bergpanorama des Kärpfs innert Sekunden. So schlagartig verändert sich die Glarner Landschaft selten. Meist wandelt sie sich schleichend und in vielen Fällen hat dabei der Mensch seine Hand im Spiel: die Landschaft wird geprägt durch Bautätigkeit, Gewässerrenaturierungen, die Bewirtschaftung von Wald und Kulturland und viele andere Eingriffe. Wie sich das Bild des Kulturlands entwickeln soll, ist Thema eines Landschaftsqualitätsprojekts, das bereits seit 2014 im Kanton Glarus läuft. Bund und Kanton könnten auf diesem Weg Leistungen der Landwirtschaft zugunsten der Landschaft gezielt abgelten und fördern, heisst es in einer Infobroschüre der kantonalen Abteilung Landwirtschaft aus dem gleichen Jahr. «Betriebe, die wertvollen Strukturen wie Trockenmauern oder Hecken Sorge getragen und diese erhalten haben, werden durch das Landschaftsqualitätsprojekt auch finanziell belohnt», bestätigt Fritz Waldvogel, Präsident des Glarner Bauernverbands. Dasselbe gelte für Bewirtschaftende zum Beispiel von Schlatt- oder Blocklandschaften: «Das Landschaftsqualitätsprojekt honoriert, dass solche von Natur aus reichstrukturierten Landschaften schwieriger zu bewirtschaften sind.» Landschaftsqualitätsprojekte tragen zudem zur Diversifizierung eines Betriebes bei. «Sie können ein weiteres Standbein sein», so Waldvogel.

Resultat früherer Bewirtschaftungsmethoden

Nötig wurde das Projekt, weil attraktive Kulturlandschaften auch im Kanton Glarus unter Druck stehen. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts entstanden reizvolle Lesesteinwälle, artenreiche Rietwiesen oder mit markanten Bergahornen durchsetzte Weiden als Nebenprodukt der damaligen Nahrungsmittel-Produktion. Mit der intensiveren Bewirtschaftung der Flächen und dem Einsatz von Maschinen gingen später dieselben Landschaftselemente zum Teil wieder verloren. Diese Entwicklung ist unerwünscht, denn wo das Landschaftsbild bereichernde Strukturen und Lebensräume verschwinden, wird die Landschaft beliebig. Charakter-Landschaften von guter Qualität sind aber wichtig. Für die Menschen, weil sie Heimatgefühle wecken, das Wohlbefinden steigern und als Naherholungsgebiete Wertschöpfung für die Gemeinden und den Tourismus bringen. Für die Natur, weil vielfältiges Kulturland auch Lebensraum von Wildtieren und -pflanzen ist. «Würden landschaftsprägende Strukturen wie alte Weidegäden wenigstens teilweise noch landwirtschaftlich genutzt, wäre deren Erhaltung einfacher», ist Waldvogel überzeugt. So aber brauche es spezielle Anreize, um solche Elemente zu erhalten. Diese Anreize bietet heute das Landschaftsqualitätsprojekt. Damit hat es laut Waldvogel in der Landwirtschaft einen Prozess ausgelöst: «Landwirtinnen und Landwirte begannen, sich mit dem Thema Landschaft auseinanderzusetzen. Ist eine Trockenmauer in einem schlechten Zustand, ist man heute eher bereit, sie wieder in Stand zu stellen.» Auch wenn die Mauer ihre ursprüngliche Funktion für die Landwirtschaft verloren hat. Doch wie soll die Landschaft im Glarnerland aussehen und führen die Anstrengungen überhaupt zum Ziel? Um diese Fragen zu beantworten, wurde für den Kanton Glarus ermittelt, welche Landschaftselemente für welche Region typisch sind. Mittels Luftbildauswertungen und anderen Analysen wurde versucht, verschiedene Elemente wie Feldbäume und Hecken quantitativ in der Landschaft zu erfassen. Anschliessend wurde ermittelt, in welcher Dichte sie vorkommen müssen, damit ein Gebiet seinen Charakter behält. Diese Grundlagen dienen später als Vergleichsdaten, damit Veränderungen in der Landschaft festgestellt und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden können.

Bund plant Systemwechsel

Per 2027 plant der Bund nun das Landschaftsqualitätsprojekt mit einem anderen Beitragssystem, den Vernetzungsprojekten, zusammenzuführen. Als Basis für die künftigen Massnahmen soll das Projekt Ökologische Infrastruktur dienen, das zeigt, wo in der Landschaft welche Lebensraum-Kerngebiete liegen und wo Vernetzungskorridore wichtig sind. Fritz Waldvogel hofft, dass dadurch die Administration vereinfacht und die aufgewendete Energie stärker in der Landschaft zu Geltung kommen wird, ohne dass die Regionalität darunter leidet. Um Letzteres zu verhindern, ist es aus seiner Sicht wichtig, dass Landwirtinnen und Landwirte aus verschiedenen Kantonsteilen mitwirken können. Der Prozess müsse regional und breit abgestützt sein. Dazu gehören für ihn neben den Behörden und der Landwirtschaft auch die Umweltverbände als Mitwirkende. Und auch das Siedlungsgebiet solle stärker ins Thema Landschaftsqualität einbezogen werden, wünscht sich Waldvogel, denn von diesem gehe heute der stärkste Druck auf das Kulturland aus.

Weitere Informationen zum Thema Landschaftsqualität bietet eine Infowand über die Bergahorn-Landschaften im Kanton Glarus, die zurzeit im Naturzentrum Glarnerland im Bahnhofsgebäude von Glarus ausgestellt ist.