Ein bunter Strauss von Landsgemeindevorlagen

Die Landsgemeinde vom kommenden Sonntag im Zaun zu Glarus hat viele Entscheidungen zu den mannigfaltigsten Fragen zu treffen. Das Memorial ist 208 Seiten stark; das sind zwei mehr als 2007, als wir die ersten Beschlüsse zur neuen Gemeindestruktur zu fassen hatten; und es sind 16 Traktanden und ein Beiwagen, ein Geschäft mehr als vor zwei Jahren.



Dank dem schönen
Dank dem schönen

In den letzten Jahren haben jeweils rund 30 Personen die Bühne bestiegen, um eine Mehrheit in ihrem Sinne zu überzeugen und zu gewinnen. Wie viele es heuer sein werden, bleibe dahingestellt. Prognosen in politischen Dingen sind heikel und greifen meist daneben. Wir wissen allerdings, wo und wann es bestimmt zu Diskussionen kommen wird, und die allergrösste Unbekannte ist zweifellos der Kredit für die Umfahrungsplanung Näfels-Netstal-Glarus, der zum „Dessert“ serviert wird.

Wahlen

Nach der Eröffnungsrede von Frau Landammann Marianne Dürst und der Vereidigung stehen unter Traktandum 2 Wahlen an. Verena Kundert, Luchsingen, Vizepräsidentin einer der beiden Kammern des Verwaltungsgerichts, ist zurückgetreten. Sie war seinerzeit auf Vorschlag der SVP gewählt worden, inzwischen jedoch zur Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) übergetreten. Die BDP hat den Hasler Gemeinderat und Sekretär der Region Glarner Hinterland-Sernftal, Gabriel Weber, nominiert, die SVP den Mitlödner Markus Rusterholz, Fachmann im Bereich elektronischer Medien. Die Jungen Grünen unterstützen Rusterholz; die Freisinnigen geben die Stimme, die mit dem türquisen Zettel abzugeben ist, frei.

Urnenabstimmungen?

Nach der der Landsgemeinde 2006, als die Schaffung von drei Gemeinden knapp angenommen worden war, jedoch noch vor der ausserordentlichen Landsgemeinde vom November 2007, die diesen Beschluss deutlich bestätigte, hatte Georg Freuler, Ennenda, in einem Memorialsantrag verlangt, dass bei einem „ungewissen Ausgang einer Abstimmung“ und das Mehr „nicht eindeutig ermittelt werden kann“, im Nachhinein eine Urnenabstimmung erfolgen soll (Geschäft Nummer 4).

Regierung und Landrat und alle Parteien lehnen diesen Vorschlag als nicht Landsgemeinde-gerecht ab. Die Unmittelbarkeit des Entscheides nach gewalteter Diskussion mache gerade das Wesen, ja die Seele der Landsgemeinde aus. Immerhin beauftragte der Landrat den Regierungsrat, den Einsatz elektronischer Mittel zu Erfassung der Mehr- und Minderheit zu prüfen. Darüber war schon in frühern einmal debattiert worden, ohne dass man damals zu einem Ergebnis gelangt war.

Gewalt bei Sportanlässen

Zur Bekämpfung von Gewalt bei Sportveranstaltungen - der Fussball und gelegentlich auch das Eishockey lassen grüssen! - haben die Kantone ein Konkordat beschlossen, dem wir auch beitreten sollen (Geschäft 5). Wir passen gleichzeitig das Polizeigesetz an, um den Beschwerdeweg zu definieren. Im Vorfeld der Landsgemeinde blieb die Vorlage unbestritten.

Anpassung des Bildungsgesetzes

Beim Geschäft 6, Änderung des Gesetzes über Schule und Bildung, geht es um die Anpassungen an die Gemeindestrukturreform, speziell etwa um die Kompetenzen der Schulkommission und der Schulleitung, um Anpassungen an das HarmoS-Konkordat (u.a. mit Schulbeginn ab dem 4. Altersjahr), dem wir durch Landsgemeindebeschluss beigetreten sind und das nun in Kraft treten kann, und um die Sonderpädagogik.

Es wird auf dem Ring vorgeschlagen werden, als weiteres Bildungsziel die Kompetenz im Umgang mit religiösen Fragen (Ethik und Religion zu bezeichnen. Das wünschen die Landeskirchen, die Grünen und auch die CVP. Der Landrat hatte einen solchen Antrag abgelehnt, weil der sich Ausarbeitung befindliche Lehrplan der Deutschschweizer Kantone dieses Anliegen aufnimmt.

Weniger Steuern

Steuergesetzrevisionen gehören derzeit zum festen Bestandteil der Landsgemeinde-Traktandenliste. Dieses Mal geht es um die Entlastung der so genannten natürlichen Personen, also Du und ich (Geschäft 8). Es soll auch ein Teilsplitting für Doppelverdiener eingeführt werden. Ob es sich um die vorläufig letzte Steuergesetzrevision handelt, bleibe dahingestellt. Finanzsachverständige, an ihrer Spitze Finanzdirektor Landesstatthalter Dr. Rolf Widmer, haben vor weitern Erleichterungen bereits gewarnt.

Energiegesetz

Im Vorfeld der Landsgemeinde hat das Geschäft Nummer 9, die Änderung des Energiegesetzes, einige zu reden gegeben. Energiefragen sind hochpolitische Fragen. Der Landrat hat sich denn auch trefflich um einzelne Bestimmungen gestritten. Die Revision ist auch bedingt durch neue eidgenössische Bestimmungen.

Die Einkünfte aus der Wasserwerksteuer sollen zu 55 Prozent dem Kanton und zu 45 Prozent den Gemeinden zugute kommen. Einzelne Gemeinden hatten einen höhern Anteil verlangt. Die Energieproduktion generiert hohe Einnahmen, an denen viele teilhaben wollten; allerdings wirken sich höhere Abgaben mehr oder weniger direkt auf den Strompreis und damit auf den Konsumenten aus. Bei einzelnen Parteien wurde kritisiert, dass das Gesetz ausnahmsweise weiterhin ortsfest elektrische Widerstandsheizungen zulässt. Gestritten hat man sich im Landrat auch um eine Abgabe auf dem Kehricht, den die KVA Niederurnen zu Strom „verarbeitet“.. Mit dem Hinweis, dass so nur die Entsorgungskosten steigen würden, lehnte der Rat diese Sondersteuer ab; die Parteien scheinen nun in diesen für sie sauren Kehrichtsack beissen zu wollen.

Die Kantonalbank als AG

Grundlegende Änderungen bringt das revidierte Gesetz über die Glarner Kantonalbank, die zu einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft mit Kantonsmehrheit am Aktienkapital und unter Beibehaltung der Staatsgarantie werden soll (Geschäft 13). Der Bankrat, den der Landrat bisher nach eher politischen Gesichtspunkten erkoren hat, wird durch einen Verwaltungsrat, den der Regierungsrat wählt, abgelöst. Die Aufsicht wird verstärkt. Der Landrat behält die Oberaufsicht.

Diese einschneidenden Änderungen sind im Wesentlichen auf die Probleme der Bank zurückzuführen, die sie sich in den letzten Jahren eingehandelt hatte und ihr hohe Verluste brachten. Die Bank wird verpflichtet, in erster Linie der hiesigen Wirtschaft zu dienen. Der Landrat beschloss weitgehende Bestimmungen über die Offenlegung der Entschädigungen der Verwaltungsräte.

Es scheint, als sei man allgemein mit diesen Regelungen einverstanden.

Umfahrungs-Projektierung

Nachdem der frühere Landrat Hans-Jörg Marti, Nidfurn, mit einem Memorialsantrag drei Millionen Franken für die Projektierung der Umfahrungen von Näfels, Netstal und Glarus verlangt hatte, schlug der Regierungsrat auf Grund neuer Berechnungen einen Kredit von 4,47 Millionen vor, dem der Landrat auch zustimmte. Es geht in Geschäft 16 darum, ein fix-fertiges Projekt bereit zu haben, wenn (oder falls) der Bund diese Umfahrungen finanzieren sollte. Selber könnten wir die Kosten ja nicht tragen.

Im Rat war aber die Umfahrung Glarus bestritten, denn es gab Leute, die dem Projekt Glarus beim Bund keine Chance einräumten. Dem wurde entgegengehalten, dass wir die Umfahrung Glarus als Tor zum Hinterland brauchen. Der Streit um Glarus hat auch die Nationalratswahlen „belebt“, woran wir uns noch lebhaft erinnern.

Die bürgerlichen Parteien befürworten die gesamte Vorlage; die Sozialdemokraten sind gegen den Kredit für Glarus; die Grünen lehnen die ganze Vorlage ab.

Abschaffung der Landsgemeinde?

Der Memorialsantrag des Braunwalder Gemeindepräsidenten Heinrich Schiesser, die Landsgemeinde durch die Urnenabstimmungen zu ersetzen, hatte im Landrat nicht die notwendigen zehn Stimmen für Erheblichkeit erhalten. Er landete deshalb im so genannten Beiwagen, so dass zum Abschluss der Landsgemeinde diese selber über die Erheblichkeit zu befinden hat. Bei den Parteien hatte der Antrag keine Chance.

Wir wünschen eine schöne Landsgemeinde!