Eine alte Dame feiert Geburtstag

Die Braunwaldbahn öffnete am Samstag anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens die Türen: Selten hat sie sich in so gutem Zustand gezeigt wie heute, und nie war sie so fleissig wie in ihrem hundertsten Jahr:



die dreidimensionale Darstellung der Braunwaldbahn
die dreidimensionale Darstellung der Braunwaldbahn

Auch wenn die Brauwaldbahn im Verlaufe ihres Bestehens fünfmal das Kostüm gewechselt hat – vom offenherzigen Holzgewand über modisch-silbernes Aluminium, Feuerwehrrot und ein kurzes Intermezzo in Blau und Gelb bis hin zur heutigen eleganten Uniform der Kantonsangestellten –, ist sie sich und ihrer Lebensaufgabe treu geblieben: sie bildet die Nabelschnur, die die autofreie Sonnenterrasse mit der Welt verbindet; heiss geliebt und abgrundtief gehasst von allen, die ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.

Und doch hat sich einiges geändert, seit am 6. August 1907 das erste «Bäändli» die 1376 m lange Strecke ins 607 m höher gelegene Braunwald unter die Eisenräder nahm. Die Fahrzeit verkürzte sich von 20 auf nun 4 bis 6 Minuten, die Wagen fassen das Doppelte der ursprünglich 40 Passagiere und verkehren sommers wie (seit 1928) winters tagsüber im Halbstundentakt und unbemannt. So befördern sie pro Jahr rund 450 000 Personen und 8000 Tonnen Güter von und nach Braunwald.

«Und wenn das Seil nun reisst?»

Welche Technik diese beachtenswerte Leistung ermöglicht, konnte man vergangenen Samstag am Tag der offenen Tür bei informativen Führungen in Erfahrung bringen. Beeindruckend die gewaltige Mechanik der riesigen Räder, die das schwere Zugseil führen – welches übrigens in unregelmässigen Abständen um bis zu 1,5 m pro Mal gekürzt werden muss, um die Temperatur- und Gebrauchseinflüsse zu kompensieren. Beruhigend der Aufwand, der bei der Sicherheitstechnik betrieben wird, vom wegen des konkaven Trasseeprofils erforderlichen Kupferkern des Stahlseils über das doppelte Bremssystem mit Fangbremsen an jedem Wagen und einer Seilbremse bis hin zur modernsten Viedeoüberwachung von Wagen, Strecke und Stationsgebäuden. Dass einige der Besucher sich in Erinnerungen über kleinere und mittlere Betriebspannen verloren – die ausnahmslos ein gutes Ende fanden! –, zeugt von der engen Beziehung zwischen Bahn und Benutzern. Der langjährige Bahnmitarbeiter Florian Müller wusste die technischen Zusammenhänge kompetent und verständlich zu erläutern und wies auch auf die anspruchsvollen Unterhaltsarbeiten hin, die bei einem täglichen Betrieb von 5.25 Uhr bis 22.55, winters gar bis 0.40 Uhr in der Nacht anfallen.

Feststimmung in Braunwald

Inzwischen fuhr das nun im Look des öffentlichen Verkehrs auftretende «Bäändli» wacker und auch ausser Fahrplan und brachte Festfreudige wie Wanderlustige in bemerkenswerter Zahl und kostenlos auf die Bahnhofterrasse, die vom grossen Festzelt dominiert wurde. Der aromatische Duft der von den Mitarbeitern der Bahn grillierten Würste zog durch die Luft, und aus dem Festzelt erklang lüpfige Musik des Duos Vontobel-Mock mit Lothar. Vor dem Zelt bot der beliebte samstägliche Markt einheimische Köstlichkeiten an, und im Wartesaal der Bergstation konnten die Kinder zeichnen, basteln und mit gekonnten Würfen den Büchsenturm zum Einsturz bringen, den Silvia Gamp geduldig wieder aufbaute.

Eine Braunwaldbahn aus Pappe

Auch die Talstation zeigte sich festlich – geschmückt mit unzähligen Ballonen mit Festaufdruck, mit nostalgischen Plakaten, Ansichtskarten, einer Fotoausstellung und mit zahlreichen Reminiszenzen an die alten Zeiten. Auf Karton gedruckte Sonderbillette erinnerten die Besucher an diesen Tag. Viel Beachtung fanden die aus dem Malwettbewerb hervorgegangenen Werke, allen voran die dreidimensionale Darstellung der Braunwaldbahn, die Isabel Gisler aus Linthal den ersten Platz einbrachte und ihrer Familie damit eine Übernachtung im Märchenhotel Bellevue Braunwald, welches dieses Jahr ebenso seinen 100. Geburtstag feiern darf.

Mit einem Ballonwettbewerb fand der Tag der offenen Türe seinen Abschluss, und wenn sich auch die Feuchtigkeit der vergangenen Tag in dicken Wolken über der Sonnenterrasse ballte, luden die steigenden Temperaturen doch den einen oder andern zum «Höckle» im oder vor dem Festzelt ein.

Am 17. August lädt die Braunwaldbahn dann Mitarbeiter und Ehrengäste zur Geburtstagsfeier ins Märchenhotel Bellevue – und wir berichten darüber. ast