Flöte, Harfe, Gesang – Chor der Nationen in der Aula Glarus

Nicht ganz ausverkauft, aber enorm gut besetzt, war die Aula der Kantonsschule Glarus, als am vergangenen Samstag der von Bernhard Furchner geleitete Chor der Nationen seine absolut überzeugende und erfüllende Aufwartung machte. In dieser Gemeinschaft wird Internationalität auf so gute Weise gelebt. Es fügen sich kulturelle Mosaiksteinchen zu einem ungewohnt bunten, harmonischen und spannenden Bild.



Flöte, Harfe, Gesang – Chor der Nationen in der Aula Glarus

Die Chormitglieder leben und beleben mit ihrem musikalischen Leiter Wesentliches, fern jeglicher Polemik, Auseinandersetzung und interner Spannung. So sind keine Konferenzen erforderlich, um über Konfliktbewältigungen zu zu diskutieren und zu entscheiden. Würden Machtgierige so funktionieren, wie es im Chor der Nationen seit dessen Bestehen der Fall ist, wären schmerzhafte und unverständliche Auseinandersetzungen auf der momentan gar unruhigen, gestörten Weltbühne kein Thema. Dass eine derartige Annahme wohl Utopie bleibt, ist klar.

Umso wohltuender war die funktionierende Internationalität auf der Bühne der einzigartig kleinen, vielseitigen Hauptstadt. Es begann mit den farbenreichen, festlichen Kleidungen, mit dem Swingen, Klatschen und Stampfen, mit Macht und einzigartig charmanten Ansagen. So war denn zu erfahren, dass hin und wieder ein Chormitglied mit einem Lied oder instrumentalen Abfolgen an den musikalischen Leiter gelangt – und schon beginnen Diskussionen und Entscheidungsprozesse, die zuweilen in Aufführungsreifes münden. In derartigen Momenten spielt Bernhard Furchner eine zentrale Rolle. Man muss sein Dirigat erlebt haben, um zu erahnen, was vor den eigentlichen Aufführungen wohl alles abläuft – beginnend am eigenen Pult, dem Ausprobieren und Zusammenfügen, dem Einbeziehen der Musiker, dem Erlernen verschiedenster, sprachlich fordernder Texte und Melodien – bis hin zu Auftritten. Dieses Jahr war das mit den verschiedenen Chorgemeinschaften aus einigen Teilen der Schweiz in Luzern, Zürich, Glarus und in Bern der Fall.

Furchner ist mitreissend, fordernd, enorm präsent, lobend, so gut Anteil nehmend, hochmusikalisch und derart ganzheitlich, dass man die Chöre der Nationen ein ganz klein wenig beneiden darf. Ist es verwegen, von einer recht grossen Familie zu reden, die offensichtlich funktioniert, auch wenn hinter dem jeweiligen Gelingen ganz viel Arbeit steckt?

Damen aus verschiedenen Ländern, zum Teil seit Langem in der Schweiz wohnend, sprachen in charmantem Deutsch zu Liedern und deren Inhalten, zu Geschehnissen, die sich da und dort sehr ähnlich sind; Harmonisches, Bedachtsames, Träumereien. Zuneigung, Stille, Ruhe, aber auch unerwartete Wucht offenbaren. Es waren Weisen aus Schweden, Nepal, Frankreich, Irland, der Schweiz, aus Iran, Taiwan, Kosovo, Japan, Kuba, Deutschland, Südafrika, Burkina Faso und Südamerika. Die Chorleute und das sehr präsent mitvollziehende Orchester, die riesig gute Perkussionsgruppe und die Solisten Zorayana Masko, Sopran und die Mezzosopranistin Zarina Tadjibaeva, vor allem aber Andreas Habert mit gar verschiedenen Flöten und Maren Weisshaupt (Keltische Harfe) erhielten verdientermassen riesig viel Applaus. Die begeistert Zuhörenden wurden über mehr als anderthalb Stunden hinweg in beinahe alle Kontinente dieser Welt entführt und verwöhnt; dank zuweilen kurzen, überzeugend wechselvollen musikalischen Geschenken, die berührten, Spannungen und Freude aufkommen liessen. Man staunte über die hohe Präsenz der Chorgemeinschaft, über das fast mühelos wirkende Wechseln und Wiedergeben der verschiedenen kulturellen Botschaften. So wurde Kultur auf wohltuende Weise lebendig, dank Klangfüllen, die beim ersten Hinhören fremd wirkten, aber plötzlich zu irgendwie Vertrautem wurden. Die abwechslungsreiche Reise in die verschiedenen Länder und Kulturen geriet zu einem Ganzen, das beinahe zu rasch endete, mit Geschichten, die man nicht so rasch vergisst. Dass eine von Andreas Haberts bespielten Flöten aus Tadschikistan via Konsulat in Genf zu ihm gelangte; die von Bernhard Furchner in Zürich angesprochene Kontrabassistin für ein unerwartetes Gastspiel spontan zusagte – weil der vorgesehene Mitspieler unerwartet erkrankt war; Konzertbesucher auf dem Weg zur Aula auf unglückliche Weise verunfallten, neue Chormitglieder ab kommendem Februar herzlich willkommen sind und Chorpräsidentin Catherine Schmidig ganz vielen aus unterschiedlichsten Gründen zu danken hatte, trug man nach Hause, mit der Vielfalt von Klängen und Botschaften. Eine der Zugaben hatte es in sich. Drissa Sanon (afrikanische Perkussion) trommelte sich in einen wahren Rausch, voller Wildheit, Kraft, Beseeltheit und Eleganz, riss Zuhörende und alle auf der Bühne gleichermassen mit – noch schwungvoller und beseelter als in Vorherigem.Und so bleibt ein gewisses Mass an Vorfreude: Im November des kommenden Jahres wird man sich wieder treffen.