Fritz Zwicky, das Glarner Genie - mit Ecken und Kanten

Es ist ein glücklicher Zufall, dass eine neue, leserfreundliche, elegant geschriebene Biographie des Astrophysikers, Raketenforschers und Morphologen Fritz Zwicky, gerade jetzt den Büchermarkt bereichert, da im CERN in Genf nach neue Elementarteilchen geforscht wird, welche die von Zwicky schon 1933 postulierte Existenz der „dunklen Materie“ weiter erklären könnten.



Der Schauspieler Martin Bode (links) im Gespräch mit Dr. Alfred Stöckli. (Bild: jetter)
Der Schauspieler Martin Bode (links) im Gespräch mit Dr. Alfred Stöckli. (Bild: jetter)

Zwicky gilt u.a. als „Vater der dunklen Materie“, die heute das grosse, weltweite Forschungsthema ist, wie Professor Dr. Norbert Straumann (Universität Zürich) an der Buchvernissage vom vergangenen Montag im Collegium Helveticum (Semper-Sternwarte) in Zürich betonte. Zwicky habe in der Astrophysik viel vorweggenommen; sein Stellenwert in der Wissenschaft sei stets gestiegen.

Molliser Bürger

Fritz Zwicky wurde 1898 als Bürger von Mollis in Varna (Bulgarien) geboren und besuchte die Schulen in Glarus und Zürich. 1922 erhielt er auf Grund seiner Dissertation „Zur Theorie der heteropolaren Kristalle“ den Doktortitel der Naturwissenschaften. 1925 kam er dank eines Stipendiums ans California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, wo er später zum Professor für Astrophysik ernannt wurde und als Hauptastromon an den weltberühmten, mit riesigen Teleskopen ausgestatten Observatorien von Mount Wilson und Palomar wirkte.
Ab Ende der 1920er Jahre betätigte sich Zwicky als Astrophysiker, stellte die grundlegenden und später bewiesenen Theorien über die schwarze Materie und die kosmische, von den Supernovae herrührende Strahlung auf. Er entdeckte unzählige Galaxien, die er in einem umfangreichen Werk katalogisierte.

Dialoge mit Einstein

Zwicky führte fruchtbare Dialoge u.a. mit Einstein. Er stritt sich mit andern, oft nicht auf die feinste Art, doch bedeuten ihm andere Meinung auch Ansporn, auf dem einmal beschritten Weg der Forschung weiterzuarbeiten. Zwicky stand während des Zweiten Weltkrieges auch im Dienst der amerikanischen Landesverteidigung und befasste sich vor allem mit dem Antrieb von Raketen und damit mit der Weltraumfahrt. Auch zum Zivilschutz trug er Wesentliches bei. Seine Offerte an die Schweiz, ihr bei der Modernisierung der Landesverteidigung mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, blieb, natürlich zu seinem grossen Ärger, erfolglos. Er hatte sich immer als Schweizer gefühlt und deshalb auf die amerikanische Staatsbürgerschaft verzichtet, was ihm zeitweise so sehr verübelt wurde, das man ihn vorübergehend als Sicherheitsrisiko einstufte. In spätern Jahren entwickelte Zwicky die morphologische Problemlösungsmethode, die heute weltweit angewendet wird.
Zwicky starb am 8. Februar 1974 in Pasadena nach einer Bruchoperation an einem Herzschlag. Seine Urne ist auf Friedhof Mollis beigesetzt. Oft hielt er sich im Glarnerland auf; korrespondierte mit der Skiweltmeisterin Rösli Streiff und war 1951 Gast der Landsgemeinde zusammen mit Bundsrat Petitpierre und Korpskommandant Gonard.

Das neue Zwicky-Buch

Dr. Alfred Stöckli, Mollis, Präsident der 1973 gegründeten Fritz-Zwicky-Stiftung, die das im Landesarchiv aufbewahrte wissenschaftliche Material Zwickys betreut, und Dr. Roland Müller, der 1986 eine ausführliche Zwicky-Biographie verfasst hat, sind die Autoren des neuen Zwicky-Buches mit dem Titel „Fritz Zwicky, Astrophysiker, Genie mit Ecken und Kanten“, das, gedruckt beim „Fridolin“, im Verlag der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ Libro) erschienen ist. Ihm ist eine CD mit Sendungen von Radio DRS beigefügt, auf welcher Zwicky im Originalton zu hören ist. Mitautoren des Buches sind die Professoren Norbert Straumann und Gustav Andreas Tammann, Universität Basel.

Das rund 250 Seiten starke Werk ist wie eingangs erwähnt sehr elegant geschrieben und damit leicht lesbar. Der Aufbau ist chronologisch, sodass Wissenschaftliches und Persönliches einander abwechseln. Angefügt sind Straumanns und Tammanns Informationen zu Zwickys Beiträgen zur Astrophysik und zur beobachtenden Astronomie sowie von Alfred Stöckli über die Morphologie Zwickys.

Die Vernissage

An der Vernissage in Zürich nahmen rund 80 Personen teil, unter ihnen Zwickys Witwe Margarita Anna. Der Verlagsleiter von NZZ Libro, Hans-Peter Thür, betonte, dass Zwicky wieder bekannt werden soll.

Straumann unterstrich wie weiter oben erwähnt den grossen, heutigen Stellenwert der Forschungen und Erkenntnisse von Zwicky. Stöckli würdigte in der Festansprache die Bedeutung Zwicky in den verschiedenen Wissensgebieten und malte ein Charakterbild des Amerika-Mollisers. Zum Abschluss las der Basler Schauspieler Martin Bode Passagen aus den „Physikern“ von Dürrenmatt, für dessen Möbius Zwicky zu Gevatter stand.