Frühförderung spart Spätkosten

Das schweizweit einzigartige und mit viel Herzblut vorangetriebene Projekt «Integrationsförderung im Frühbereich» wird in Regelstrukturen überführt. Die Angebote können damit weitergeführt werden.



Rebecca Feldmann
Rebecca Feldmann

«Es lernt die Mutter viel über das Kind und sich selbst. Beide wachsen und werden stark!» Dieses Zitat stammt aus einem Fragebogen für Eltern, die sich zum Projekt «Integrationsförderung im Frühbereich» geäussert haben. Monika und Werner Murer vom BeratungsZentrum im Bahnhof Betschwanden haben dazu eine externe Evaluation durchgeführt. Projektleiterin Irena Zweifel sowie die beiden Teilprojektleiterinnen Rebecca Feldmann und Sabine Jacober präsentierten die Ergebnisse am vergangenen Donnerstagabend in der Landesbibliothek Glarus.

Von der Geburt bis zum Kindergarteneintritt

«Wer hätte das gedacht vor acht Jahren?», fragte Irena Zweifel. Damals war Frühförderung noch kein Thema. Sie hätten schon einmal den Sargträger für das Projekt organisiert. Zum Glück sei das aber nicht nötig gewesen. Im Gegenteil: Das mit Integrationsfördergeldern von Bund und Kanton sowie Restgeld des Projektes «Stark durch Erziehung» lancierte Projekt wuchs und wuchs. Die Budgets blieben trotzdem bescheiden.

Mit den Teilprojekten Ratatui sowie integrative Spielgruppen wird die gesamte Zeitspanne von der Geburt bis zum Kindergarteneintritt abgedeckt. Sie beinhalten in die Muttersprache übersetzte Mütter- und Väterberatung, Gruppentreffen mit Austausch, Wissensvermittlung und Erziehungsgesprächen, Eltern-Kind-Spielrunden und Kinderaktivitäten, einen Begegnungsort für Kinder verschiedenster Nationalitäten sowie Spielgruppen mit integrativer Sprachförderung und Zweierleitung.

Die Kinder können dabei wichtige Erfahrungen im geschützten Rahmen machen. Multikulti: Vom Schweizer Kind über Portugal bis nach Eritrea. Das freiwillige Angebot gibt wichtige Impulse für die Integration und ist ein Türöffner für Chancengerechtigkeit. Die Kindergärtnerinnen merken sofort, ob mit einem Kind schon in der Frühförderung gearbeitet worden ist oder nicht.

Die Evaluation erläutert zudem den Spareffekt: «Durch die Prävention in der Frühförderung bei Risikogruppen, zu denen Kinder mit Migrationshintergrund gehören, können nachfolgend hohe Kosten eingespart werden.»

Das Projekt ist mit dem lückenlosen Angebot von der Geburt bis zum Kindergarteneintritt schweizweit einzigartig. «Einmal mehr leistet der Kanton Glarus Pionierarbeit», so die Leiterinnen. Als vorteilhaft erwiesen sich die kurzen Wege, wodurch schnell notwendige Anpassungen vorgenommen werden konnten. Geblieben ist über all die Jahre das Herzblut der Beteiligten, was an der Infoveranstaltung mehrfach betont wurde.

Die dritte Phase des Projekts läuft unter der Trägerschaft der Frauenzentrale in Zusammenarbeit mit der Fach- und Kontaktstelle für Spielgruppen im Kanton Glarus (FKS) sowie der Mütter- und Väterberatung Ende dieses Jahres aus. Finanziert wurde es im Rahmen des Kantonalen Integrationsprogramms (KIP).

«Die Angebote sind gut strukturiert und hilfreich für die Familien und sollten unbedingt weitergeführt werden», so das Fazit der Evaluation. Schwierig seien das Erreichen der Zielgruppen – je nach Kultur ist dies höchst unterschiedlich – sowie die fehlende Verbindlichkeit.

Es geht weiter

Anerkennende Worte gab es auch in der Diskussion. Gestaunt wurde über das geringe Budget des wichtigen Projektes, welches einen therapeutischen Aspekt habe. «Um Spätkosten zu vermeiden, dürfte dies dem Kanton schon mehr wert sein», hiess es.

Regierungsrat Benjamin Mühlemann dankte allen Beteiligten: «Sie haben wichtige und gute Arbeit geleistet.» Heute sei die Politik sensibilisiert aufs Thema. Der Regierungsrat habe deshalb den nahtlosen Übergang von KIP I zu KIP II beschlossen und wolle die Gemeinden künftig stärker miteinbeziehen.

Ab 2018 wird das Projekt nun in Regelstrukturen überführt: Trägerin von Ratatui ist neu die Mütter- und Väterberatung Glarnerland, während die FKS für die integrativen Spielgruppen verantwortlich sein wird. Entsprechende Leistungsvereinbarungen mit dem Kanton sind zum Teil bereits unterschrieben.