Hoch Adelheid


Überall schön und heiter, nur im Glarnerland regnet’s weiter! Wer kennt diesen Spruch nicht? Viele Jahre lang haben wir ihn im Radio zu hören bekommen. Doch seit einiger Zeit -genauer gesagt seit anfangs Juli- zeigt sich auch im Glarnerland ein ganz anderes Wetterbild.

Es kommt mir fast schon vor, als wenn uns irgendjemand zermürben und fertigmachen wollte. Zermürben durch permanent gutes Wetter. Hoch Adelheid soll uns fertigmachen. Seit Wochen jeden Tag dasselbe: Herrlicher Sonnenaufgang, strahlend blauer Himmel und ein prächtiger Sonnenuntergang. Und dazu wird es auch noch immer wärmer, selbst wenn uns die Wetterfrösche Erlösung durch Regen versprechen. Schrecklich! Das ist nackter Wetterterror! Diese Art von Terror sollte meines Erachtens den Weg in den Duden finden, evtl. mittels neuer Wortschöpfung „Wetterror“ oder so.

Ich meine, über zwei, drei Tage Sonnenschein lassen selbst wir Glarner mit uns reden, aber doch nicht wochenlang und schon gar nicht über solch hypertropische Temperaturen.

Wir Glarner sind von Natur aus ein eher schlechtgelauntes, schwermütiges und brummiges Volk, uns zu „händlen“ ist nicht einfach. Wir bleiben lieber unter uns und schirmen uns gerne vom Rest der Schweiz ab. Fremde Leute mögen wir nicht und Neuerungen brauchen wir im Glarnerland sowieso noch keine. Es hat ja bis anhin auch ohne funktioniert. Es muss eine unserer Launen gewesen sein, dass Mercedes mit Seitenaufprallschutz gebaut werden und dass man Grönemeyer ein Mikrofon gegeben hat. Unser Gemütszustand wird idealerweise durch eine Zitronenscheibe in einem Toaster dargestellt, denn sauer und ausgetrocknet präsentieren wir uns zurzeit auch unseren spärlichen Touristen. Anstatt in anständiger Hochsprache auf ihre Fragen einzugehen, geben wir ihnen in urchigem Glarnerdeutsch Tipps, auf welche Arten man sich im Glarnerland verweilen kann. Hierzu serviert der Glarner stets eine Portion spastisches Lächeln einer Synchronschwimmerin, die gerade für zwei Minuten unter Wasser war und nach Luft jappst.

Der Fachmann nennt diesen charmant säuerlichen Ausdruck „7 Tage Regenwetter“ und genau das fehlt uns: Schlechtes Wetter, dem wir die Schuld für unsere schlechte Laune, unser Versagen und unsere Misserfolge geben können. Zum Glück ist aber spätestens diese Woche der Spuk vorbei. Dann regnet es hoffentlich überall, und wir können endlich wieder zu kultureller Hochform auflaufen und gemütlich mit unseren Liebsten Karten spielen.