Inferno Triathlon 2006 – Für den 10. Rang musste ich nicht durch die Hölle!

3.1 Kilometer Schwimmen, 97 Kilometer und 2145 Höhenmeter auf dem Rennvelo, 30 Kilometer und 1180 Höhenmeter auf dem Bike und zum Dessert 25 Kilometer Berglauf hinauf aufs 2970 hohe Schilthorn mit nochmals 2175 Höhenmetern - also insgesamt 5500 Höhenmetern – das ist der höllische Inferno Triathlon inmitten der majestätischen Bergwelt des Berneroberlandes. Zum ersten Mal mit dabei auch Martin Zopfi aus Schwanden. Nachfolgend sein Erlebnisbericht.



Leidensweg: Nach 10 Stunden und 15 Minuten erreichte Martin Zopfi erschöpft aber glücklich das Ziel (Bildmontage: jhuber)
Leidensweg: Nach 10 Stunden und 15 Minuten erreichte Martin Zopfi erschöpft aber glücklich das Ziel (Bildmontage: jhuber)

Genügen sechs Wochen Erholung nach dem Gigathlon?

Nur 6 Wochen nach dem Kräfte zerrenden Gigathlon startete ich am 19. August zu meinem ersten Triathlon– und dies gleich zu einem der weltweit härtesten überhaupt. Ich blieb vorsichtig mit einer konkreten Zielsetzung. Ich wollte ganz einfach Spass haben, einen tollen Wettkampf bestreiten und bei meinem ersten „Ausflug“ auf das sagenumwobene Schilthorn etwas von der imposanten, grandiosen Bergwelt mitbekommen. Ja und es kam wie es kommen musste: je weiter der Gigathlon zurücklag und je näher der Inferno rückte habe ich mir dann halt doch zwei Ziele, nein drei Ziele gesetzt: das erste hiess: durchkommen. Weiter wollte ich die Strecke in 10 Stunden schaffen und dies wenn möglich in den Topten. Zugegeben, sehr ehrgeizige Ziele mit dem Wissen, dass Athleten aus 12 Nationen am Start standen.

Zurückhaltung am Anfang

Ich wollte den Wettkampf locker angehen und keinesfalls meine „Körner“ bereits im Wasser oder auf dem Rennvelo „verschiessen“. Ich hatte ein gutes Gefühl und konnte die nötige Spannung für den Renntag aufbauen. Der ziemlich gute Wetterbericht stimmte mich zusätzlich optimistisch. Das Material stimmte und von meinem Sponsor Oel-Hauser AG wurde ich mit optimaler Bekleidung ausgestattet. Einzig vor dem Schwimmen hatte ich sehr grossen Respekt.

Um 6 Uhr früh hatte es im Berner Oberland zwar einige Wolken, doch der Wetterfrosch prophezeite erst am Nachmittag Regen – also gute Wettkampfbedingungen. Um 6.30 Uhr fiel im Strandbad Thun der Startschuss. Ich fühlte mich tipp topp und schwamm locker in 54 Min. die 3.1 km im 16 ° kalten See. Dies war die 20. Zeit und für mich schon fast eine Sensation – ich hatte seit beinahe drei Wochen kaum mehr im Wasser trainiert. Alles lief nach Plan. Nach dem Wechsel aufs Rennvelo durfte ich nicht allzu schnell in den ersten Aufstieg hinauf nach Sigriswil und Beatenberg fahren. Zügig und nicht im roten Bereich erreichte ich Sigriswil. Nach Interlaken dem See entlang Richtung Brienz hielt ich einen konstanten Rhythmus hoch – der Tacho pendelte sich bei rund 42km/h ein. Nach Meiringen stand nun wirklich das erste „pièce de résistance“ bevor – die Grosse Scheidegg mit ihren sehr steilen Rampen und einer Höhe von 1962 Metern über Meer.

Rhythmus sofort gefunden

Gleich bei Beginn der Steigung fand ich meinen gewohnten „Bergrhythmus“, meine Beine drehten wunschgemäss und das gute Gefühl hielt über den ganzen Anstieg an. Ich konnte das Tempo konstant hoch halten. So wurde die Kletterei zum Vergnügen: Ich war mehrheitlich mit 12- 13 km/h unterwegs und überholte wie schon auf dem ersten Streckenabschnitt bis Meringen Fahrer um Fahrer. Am steilsten Stück nach der Schwarzwaldalp musste ich mich dann aber doch aufraffen, um das Tempo einigermassen hoch zu halten und mich nicht in veritablen Stillstandsversuchen zu üben. Auf der Passhöhe war ich froh, dass das Wetter freundlich und die Temperaturen mild waren – für die Abfahrt musste ich nichts Wärmendes anziehen. Nach 3 Stunden und 42 Minuten auf dem Rennvelo und 4 Stunden 39 Minuten insgesamt wechselte ich in Grindelwald als Gesamt Zehnter aufs Bike – ich hatte zehn Ränge gewonnen.

Nun wechselte ich auf meine Paradedisziplin, das Bike. Ich hoffte auf eine ähnlich gute Klasseleistung wie vor sechs Wochen am Gigathlon. Zügig kurbelte ich der Kleinen Scheidegg zu – die Beine drehten eine kurze Zeit lang gut. Es wurde steiler und steiler und immer schwieriger den Rhythmus zu halten. Ich musste auf die kleinste Scheibe schalten, kam aber immer noch gut voran. Auch auf der Kleinen Scheidegg war’s angenehm warm. Von Regen keine Spur, der Föhn war heute wirklich unser Freund – er bescherte uns ideales Wettkampfwetter. Für die Bikestrecke benötigte ich 1 Stunde und 49 Minuten. Mit der viertbesten Abschnittszeit hatte ich mich auf den siebten Rang vorgearbeitet – ich war total zufrieden – eine Hammerleistung!

Bike – meine Pardadisziplin

Meine Ziele unter 10 Stunden und in den Topten zu „finishen“ lagen beinahe greifbar nahe – das heisst auf knapp 3000 Meter über Meer und noch 25 Kilometer entfernt. Mir war klar, dass ich jetzt noch eine super schnelle Laufleistung hinlegen musste, um es unter 10 Stunden bis aufs Schilthorn zu schaffen. Nach insgesamt sechs Stunden und 36 Minuten Wettkampf stellte ich mich der Herausforderung „Schilthorn ich komme“. Die ersten 5 km von Stechelberg bis nach Lauterbrunnen ging ich in 23 Minuten locker an. Für mich war diese Zeit sensationell, dennoch wurde ich schon zweimal überholt und fiel auf den 9. Rang zurück! Ob ich in der Steigung nach Mürren noch genug Kraft haben würde um zu laufen, wusste ich nicht. Es ging aber ganz gut und ich konnte eine regelmässige Pace halten. In Mürren – nach über 800 Höhenmetern seit Stechelberg - fühlte ich mich noch immer gut, obwohl ich ca. 15 Min. Rückstand auf meine Marschtabelle hatte. Ich lag nun an zehnter Stelle, war aber weiterhin guter Dinge, den Wettkampf in den Topten zu beenden. Ich fasste in Mürren von meiner Freundin eine warme Jacke, verpflegt mich noch einmal ausgiebig und machte mich auf Richtung Schilthorn! Ich wollte nichts mehr anbrennen lassen – den zehnten Platz wollte ich auf Biegen und Brechen erreichen und fühlte mich auch in der Lage dazu. Ich lief nun wirklich gut und konnte meinen Rhythmus durchziehen. In den flacheren Partien rannte ich, in den Steilstücken versuchte ich so zügig wie möglich zu marschieren.

Das Dessert – 2175 Höhenmeter verteilt auf 25 Kilometer

Schon erreichte ich den letzten Verpflegungsposten. Der Schilthorngipfel war im Nebel versteckt. Doch den Speaker konnte ich sehr deutlich hören. Eine mystische Stimmung umfing mich: du hörst den Speaker im Ziel auf dem Schilthorn, siehst aber weder das Ziel noch den Berg – nur die Stimmen aus den Lautsprechern, welche dich aus dem scheinbaren Nichts erreichen und dein Kommen schon von weither ankündigen. Du weisst zwar, dass es gemessen an der Gesamtdistanz nur noch lächerliche 1.2 Kilometer bis zum Ziel sind – auf diesen paar Metern aber noch über 350 Höhenmeter überwunden werden müssen. Es geht beinahe „senkrecht“ nach oben in den Nebel hinein!

Obwohl ich nun leichte Krämpfe in den Beinen hatte und die Kraft langsam schwand, wusste ich, dass ich als Zehnter auf knapp 3000 Meter über Meer einlaufen und mich dort oben im Nebel meine Freundin und mein Sponsor erwarten würden! So wurde der letzte Kilometer zum Genuss. Mit einem mega Smile auf dem Gesicht brachte ich die letzten Höhenmeter hinter mich und unterquerte den Zielbogen mit einem absoluten Glücksgefühl.

Nach genau 10 Stunden und 15 Minuten konnte ich meine Freundin in die Arme schliessen und die Gratulationen meines Sponsors in Empfang nehmen. Die Emotionen in solchen Momenten sind einfach unbeschreiblich und sollten ewig dauern. Die magische Anziehungskraft des Inferno Triathlons kommt nicht von ungefähr. Die knallharte Strecke sorgt für eine gnadenlose Selektion. Der Inferno verzeiht keine Schwächen. Das ist aber genau das, was diesen Wettkampf so speziell macht! Mein Ziel die Topten 10 habe ich erreicht und wurde siebtbester Schweizer Athlet. Und die 15 Minuten, welche ich über meiner Wunschzeit lag, sind jetzt schon genügend Motivation für eine 2. Teilnahme.