«MacheWasiWill» – Toni Vescoli sang und erzählte in Schwanden

Toni Vescoli – ein Name, den wohl ganz viele kennen. Auf Einladung der Gemeindestube Schwanden hatte er im Mühleareal einen starken Auftritt – mit bewegenden Erzählungen aus einigen Stationen seines Lebens und gern gehörten Liedern. Dass das etwas mehr als drei Stunden dauerte, bereute eigentlich niemand.



Sänger
Sänger

Der Hänggiturm im Mühleareal Schwanden erwies sich als geeigneter Treff. Er ist Zeitzeuge der Textilgeschichte, Toni Vescoli – ebenfalls Zeitzeuge – ist eine Kombination von Chronist, Sänger, Liedermacher, Handwerker, TV-Moderator, Erzähler vieler Kindergeschichten, ebenso kreativ wie produktiv, profunder Kenner eines Teils der gewaltigen Musikszene, Lebemann. Er war und ist mit viel Neugierde auf der Suche nach Neuem unterwegs, er pflegt Erfolgreiches, bietet seinen Fans und allen, dies es noch nicht sind auch in seinem 70. Altersjahr Begegnungen an, hat sich mit CDs und Schallplatten in den Wohlfühlzonen seiner Anhänger bleibend eingeloggt.

Ihn kennen zu lernen, sein Credo zu erfassen, mit ihm die Rückschau auf Vergangenes zu halten, die erstaunliche Breite seines musikalischen Schaffens, den Wandel im beruflichen und privaten Alltag kennen zu lernen, an einigen Stationen der vielen Tourneen in europäischen Ländern und anderswo kurz zu verweilen, Namen von musikalischen Weggefährten zu hören, auf Wegen und kurvenreichen Pfaden seiner Bands gedanklich mitzuwandern – das war eine unerwartete Fülle. Mit seinem Erzähl- und Schreibstil ist Vescoli nahe bei den Leuten. Man geniesst mit ihm, schmunzelt, lacht, nimmt Anteil an einem bewegenden Alltag, dessen Vielseitigkeit eben nicht alltäglich ist. Vescoli startete – buchgebunden – mit seiner vorgeburtlichen Zeit, die er irgendwo in ganz fernen Landen, Persien sei es gewesen, wohlbehütet durchlebte, nichts von Kriegswirren und Entbehrungen wahrnahm. Zur Welt kam er dann in Zürich. Wieder zog es die Familie weg, diesmal nach Peru. Der Vater arbeitete als Ingenieur in den Minen, war oft weg – wie Vescolis Bruder, den man in den Wäldern des Amazonas wiederfand. Als Neunjähriger kam Toni Vescoli erneut zurück und besuchte – für kurze Zeit – mal die erste Primarklasse. Er musste sich durchkämpfen, behaupten. Er sprach über seine kreativen Einfälle, über das erste Theaterstück in der SEK. «Die jodelnden Schildwachen» gerieten zu einem durchschlagenden Erfolg – nicht wegen des spielerischen Gehalts, sondern wegen umwerfenden Einfällen der Agierenden. Es wurden weitere Stücklein inszeniert. Für Toni Vescoli tat sich ein neuer Weg auf – es war die Musik. Irgendwann erhielt er eine Gitarre, erlernte Elementares bei einer eher konservativ eingestellten Lehrerin – den bedeutenden Rest brachte er sich, wie es das Heute nachhaltigst beweist – selber bei. Er träumte wieder von der Ferne, sog Lieder von Fredi Quinn geradezu in sich hinein, bewunderte Elvis Presley, begann in Bars zu singen und merkte bald einmal, dass die jeweilige Tellersammlung mehr ergab, als der Lohn als Hochbauzeichnerlehrling. Er verschrieb sich dem Rock `n Roll, unterlegte den selber geschriebenen Mundart-Liedtexten angloamerikanische Klänge. Sein damaliges Outfit war kleinster Teil des projizierten Bildmaterials, mit denen Passagen aus seiner Biografie verdeutlicht wurden.Dann wurde die heute noch legendäre Band Les Sauterelles gegründet. Es folgte Bewegendes, es wechselte die Zusammensetzung der jeweils Auftretenden. Vescoli stand am Anfang seiner Profi-Karriere, die alles andere als geradlinig, steil nach oben führte. Vieles erzählte er über Tourneen, Gastspiele, Tourneeorte frenetisch applaudierte Auftritte in Vorbands, über die Beatles, damalige Kleider- und Haarprachten. Um 1965 und später seien es 300 bis 350 Auftritte pro Jahr gewesen. Die damalige Prominenz wurde erwähnt, einige Namen sind bis heute geblieben. Vescoli war fast Dauergast in der jeweiligen Hitparade. Liedtexte wurde übersetzt, Songs übernommen. Zuweilen wurde vor 50- bis 60 000 Festivalbesuchern gesungen.

DJs lösten Bands ab, die Gagen sanken in den Keller, das lange Miteinander in der Band hatte Folgen, die absehbar waren. Es kam zur Auflösung, später zur Neugründung unter gleichem Namen. Vescoli war mit Soloauftritten unterwegs, spielte vieles ein, landete wieder in der Hitparade, erhielt beim Fernsehen einen festen Job, anfügend, dass er erstmals bezahlte Ferien hatte. Er wandte sich Familiengebundenem zu, renovierte mit Freunden ein heruntergekommenes, käuflich erworbenes Bauernhaus, Der Rockszene kehrte er den Rücken, tourte lange durch die Schweiz und norddeutsche Städte, sah ein, wann kreative Pausen notwendig wurden. Sein Weg ist noch nicht abgeschlossen – auch wenn er als letzte Zugabe davon sang – innig, klangvoll, nie schrill, mit spürbarer Sehnsucht nach Vergangenem, so Harmonischem, beseelt, formschön und ehrlich. Zuweilen malt er auf Teneriffa, äussert sich hin und wieder sehr sozialkritisch – dann zieht es ihn wieder auf die Bühne mit bemerkenswerten Begegnungen volll von bewunderungswürdiger Intensität.