Gestützt auf Art. 80 der Landratsverordnung reichen wir dem Landrat die nachfolgende Motion zur Überweisung an den Regierungsrat ein:
Antrag
Der Regierungsrat wird beauftragt, eine gesetzliche Grundlage für ein Stellvertretungssystem im Landrat während des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaubs und während der Stillzeit vorzuschlagen. Dabei soll es den Müttern freistehen, ob sie die Stellvertretungsmöglichkeit beanspruchen oder an den Sitzungen teilnehmen. Analog dazu soll die Stellvertretung auch für länger dauernde unfall- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten, für den Militär- und Zivildienst (sofern keine Beurlaubung für den Ratsbetrieb möglich ist) sowie für weitere arbeitsbedingte kurz- bis mittelfristige Abwesenheiten / Sprachaufenthalte in Betracht gezogen werden.
Begründung
Die Wählerinnen und Wähler erwarten zu Recht eine gewissenhafte Amtsausübung mit möglichst wenig Absenzen. Gleichzeitig gilt es, den Herausforderungen der heutigen Zeit auch in unserem demokratischen System gerecht zu werden. Wenn sich geeignete Personen nicht mehr politisch engagieren, weil unsere Strukturen den modernen Familien- und Lebensformen sowie den Bedürfnissen der Wirtschaft zu wenig Rechnung tragen, ist dies aus Sicht der Wählerinnen und Wähler ebenfalls nicht wünschenswert.
Längere Absenzen, wie zum Beispiel im Falle einer Mutterschaft, sind aus praktischen und rechtlichen Gründen unumgänglich: Während der ersten acht Wochen nach der Geburt gilt ein zwingendes Beschäftigungsverbot. Stillende Mütter können meist nicht länger als zwei Stunden weg vom Neugeborenen oder benötigen Zeit für das Abpumpen der Muttermilch. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Mutter den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung verliert, wenn sie während den ersten 14 Wochen nach der Geburt einer Beschäftigung nachgeht! Das Problem besteht über den Mutterschaftsurlaub hinaus, beispielsweise bei einem längeren arbeitsbedingten Auslandsaufenthalt.
Die Miliztauglichkeit von kantonalen Ämtern kommt in unserer liberaten Gesellschaft auch sonst immer mehr unter Druck. Durch flexiblere Arbeits- und Lebensformen (Sabbatical, längere Auslandaufenthalte usw.) wird es zunehmend schwieriger, genügend Kandidatinnen und Kandidaten für Ämter zu finden. Studienaufenthalte, Auslandsaufenthalte, längere geschäftliche Abwesenheiten o.Ä. stehen einem entsprechenden Engagement oft im Weg. Analog besteht die Problematik der Abwesenheiten bei Krankheit, Unfall, Militärdienst und Zivildienst. Es soll nicht sein, dass ein Landratsmitglied beispielsweise aufgrund eines Unfalls gezwungen ist, das Landratsmandat aufzugeben, wenn beabsichtigt wird, nach der Genesung wieder in den Ratsbetrieb einzusteigen. Ebenso soll eine Vertretung für den Militär- und Zivildienst möglich sein, sofern keine Beurlaubung für den Ratsbetrieb gewährt wird.
Für das Stellvertretungssystem sind verschiedene Lösungen denkbar. So wäre nicht nur die Wahl von Stellvertretern und Stellvertreterinnen während den Landratswahlen denkbar (Beispiel Graubünden, andere Beispiele Wallis, Neuenburg, Genf, Jura), sondern könnte das Stellvertretungssystem beispielsweise ein «Nachrücken auf Zeit» beinhalten. Es steht dem Regierungsrat frei, die Stellvertretung auch für weitere, beispielsweise betrieblich bedingte längere Abwesenheiten vorzusehen, sofern dies sinnvoll erscheint.
Darüber hinaus soll das Stellvertretungssystem pragmatisch ausgestaltet werden. So ist es beispielsweise nicht die Meinung, dass für zwei oder drei Sitzungen eine Stellvertretung in Pflicht genommen werden soll. Es soll daher eine Mindestabwesenheitsdauer (beispielsweise 12 Wochen) festgelegt werden.
Genehmigen Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.
Landrat Pascal Vuichard, Mollis
Landrat Andrea Bernhard, Glarus
Landrat Franz Landolt, Näfels
Landrat Ruedi Schwitter, Näfels