Munterkeiten, Oberflächlichkeiten, Spassfaktor

Dass Flurin Caviezel als Multitalent angekündigt war, ist für die Vielzahl der vergnügten Besucherinnen und Besucher im Gemeindezentrum Schwanden restlos nachvollziehbar.



Flurin Caviezel ist im Bergell und in Chur aufgewachsen. (Bilder: pmeier) Bilder von seinem Auftritt im Gemeindezentrum in Schwanden.
Flurin Caviezel ist im Bergell und in Chur aufgewachsen. (Bilder: pmeier) Bilder von seinem Auftritt im Gemeindezentrum in Schwanden.

Caviezel, im Unterengadin, Bergell und in Chur aufgewachsen; einst Musiklehrer, Kabarettist, und Leiter des bündnerischen Amtes für Kultur, heute wieder als eigenständiger Künstler tätig, trat in den Nerunzigerjahren erstmals in Schwanden auf.

Einen ganzen Abend mit Eigenständigem zu füllen, ist wahrlich keine leicht zu verwirklichende Herausforderung. Flurin Caviezel gastierte mit seinem vierten Soloprogramm «S `isch doch asò?» erneut in Schwanden.

Er verfügt über profunde sprachliche Kenntnisse, ist kritischer Betrachter, munter Übertreibender, Historiker mit nicht immer wissenschaftlich belegbaren Grundkenntnissen, kann riesig drauflosflunkern, ist begnadeter Sänger und virtuos agierender Akkordeonist, Streicher, Alphornbläser, Balalaikafan – fast kein Instrument ist vor ihm sicher. Er singt, kommentiert, doziert, plaudert so locker daher, wechselt Themen in Windeseile, bringt Theorien vor, die ungeahnte Wendungen nehmen. Einiges nimmt man kopfschüttelnd zur Kenntnis – gedacht sei da ans neue Caviezel-Schulmodell mit riesigem Sparpotenzial, mit dem Mädchen vom Schulbesuch ferngehalten werden und später umfassend für die Familie sorgen sollen, anderes – wie der Verlauf des Rütlischwurs oder die grenzüberschreitende Reichhaltigkeit der romanischen Idiome – löst hohes Vergnügen und befreiendes Lachen aus.

Mit seiner Einführung muntert Caviezel schon mal zum Zurücklehnen und Geniessen auf.

Zuerst wartet er auf seinen Freund Niculin, der einfach zu spät oder gar nie auftauche, grauenhaft langweilig und nur auf dem Kontrabass spiele, sich zu unpassender Zeit fürs Fernbleiben zu entschuldigen pflege. Die Präsentation des Schulmodells, wohl «Caviezel 2000» heissend, nimmt viel Raum ein. Mädchen besuchen die Schule – wie bereits erwähnt – nicht mehr. Sie widmen sich Erzieherischem, der Pflege, der Familie. So entfallen Arbeitslosigkeit, Lohnungleichheit, Fremdbetreuung – einiges ist bitterbös und grenzwertig.

Und flugs geht es um Emotionen, um Liebesbezeugungen und frühlingshaft-zwischenmenschliche Gefühle. Äusserungen klingen je nach Kanton verschieden auf.

Über die Grösse von Hirnmassen, Adoleszenz, Hirnströme, Untersuchungen an Probanden, das Zusammenführen verschieden grosser Brüche, Eselsbrücken, hirnorganische Anordnung von Emotionalem und Zahlen, Google als Schimpfwort, Röstigraben – es mangelt an fast nichts. Caviezel singt, ist exzellenter Akkordeonspieler auf gar verschieden grossen Instrumenten, erklärt wortreich. Da wachsen Geschichten, die so reizend einherkommen und in einigen Fällen zum grossen Aha-Erlebnis führen.

Was Pommes frites (die vom Fritz) oder der Röstigraben bei Düdingen, das Zuspätkommen jenes Bündners, der beim Rütlischwur unbedingt mittun wollte, oder spezifische Probleme in der Romandie oder der Deutschschweiz in sich haben, glaubt man kaum – ausser Caviezel erläutere das mit fundierter Überzeugung und hohem Sachverstand. Es muss nicht immer alles stimmen, Hauptsache ist doch in solchen Momenten, dass einfach toll drauflosgeflunkert wird. Die verschiedenen Idiome des Romanischen kennenzulernen, deren grenzübergreifende Bedeutungen zu erfassen, was Putin und Flurin vielleicht sprachlich gemeinsam haben (Russisch sei erwiesenermassen ein romanisches Idiom), das Einheitsromanisch im eventuellen Vormarsch zu erfassen – dank Caviezel ist vieles nachvollziehbar, obwohl das zuweilen in inhaltlich irrem WechselArtikel erläutert wird.

Und am Ende erfolgt die Zusammenfassung der Aussagen, Erkenntnisse, Geschichten, Theorien, Gedankenanstösse mit musikalischer Begleitung. Aus dem kleinen Alphörnchen wird irgendwann ein veritables Alphorn – und nach diesen machtvollen Klängen ist Zeit für den Abschied aus einem gar besonderen Multikulti-Abend.

Mit ihrem vielfältigen Kulturengagement hat die Gemeindestube Schwanden ein gar besonderes Begegnen möglich gemacht.