„Need For Speed: Shift“: Der Neuanfang

Wer sich die aktuellste Ausgabe der NFS-Serie ansieht, merkt ziemlich bald, dass sich Electronic Arts von den bisher typischen NFS-Inhalten wie den illegalen Strassenrennen, den wilden Verfolgungsjagden und den doch eher seichten Hintergrundstories verabschiedet hat. „Shift“ bildet in gewisser Hinsicht einen Neuanfang, mit welchem sich der Hersteller in der „seriösen“ Motorsportsimulation positionieren möchte.



Ab die Post: Mit "Shift" kehrt die Need for Speed Reihe auf Überholspur zurück. (Bild: zvg)
Ab die Post: Mit "Shift" kehrt die Need for Speed Reihe auf Überholspur zurück. (Bild: zvg)

Zugegeben: Der Vorgänger „Need For Speed: Undercover“ war nicht gerade ein Hingucker. Die zahlreichen technischen Mängel waren mit der Zeit ziemlich nervig. Trübe Aussichten also für all diejenigen, die mit einer Fortsetzung der gängigen Musters gerechnet haben. EA hat sich’s anders überlegt und mit den Slightly Mad Studios einem komplett neuen Team die Entwicklungsverantwortung übergeben – zum Glück.Neues Team – neue GrafikGrafisch hat sich nämlich einiges getan. Eine neue Grafik-Engine verspricht frischen Wind in der Darstellung, auch wenn meine PS3 bei zu vielen Details, wie Helikoptern am Himmel oder anderen Fahrzeugen auf der Strecke, an ihre Leistungsgrenze kam und hin und wieder ein kurzer Abfall der Framerate feststellbar ist. Besonders fasziniert hat mich hingegen die Cockpitansicht, die sehr detailgetreu umgesetzt worden ist. Einzelheiten, wie der simulierte Tunnelblick bei hohen Tempi oder auch die aufwändig und dramatisch inszenierten Unfälle, tragen das ihre zum Spielspass bei. Dasselbe gilt für die Karosserien und insbesondere für die wirklich toll umgesetzten Spiegelungen auf dem Lack. Leider geht die Detailverliebtheit bei der Darstellung der Rückspiegel (es kommt nicht selten vor, dass die Verfolgungsfahrzeuge keine Räder haben) und der sehr schnell grobpixlig wirkenden Vinyls grösstenteils verloren.Ausbrechfreudige HecksBezüglich Spielerlebnis ist „Need For Speed: Shift“ definitiv anspruchsvoller als seine Vorgänger, lässt sich aber dennoch (noch) nicht anderen Vertretern dieser Sparte wie GTR oder etwa Gran Turismo vergleichen. Das Vollgas-Brettern musste definitiv dem Feingefühl-Lenken weichen. Ebenfalls mehr zum Zug kommen die Unterschiede der Fahrzeugtypen: Die neue Fahrphysik lässt Unterschiede zwischen front-, allrad- und heckgetriebenen Fahrzeugen markant erleben. Leider zeigen die Fahrzeuge allgemein einen sehr starken Drang zum Übersteuern, womit das Heck schon bei tiefen Geschwindigkeiten merklich ausschlägt. Spätestens bei den Drift-Rennen wird dies nicht nur zur ultimativen Herausforderung, sondern vielmehr zum Problem.

Wobei man sich hingegen bei EA grundsätzlich treu geblieben ist, sind die diversen Upgrades, mit welchen man die eigenen Boliden punkto Leistung ansehnlich aufmotzen kann. Im Gegensatz zu früheren Versionen hat man allerdings nicht mehr die Auswahl zwischen verschiedenen Herstellern, sondern muss sich mit den markenlosen Teilen des Spiels begnügen. Dasselbe gilt für die optische „Hardware“: Während bei den Vorgängern jeder Wagen bezüglich Spoiler und Schürzen bis ins letzte Detail nach dem eigenen Geschmack designt werden konnte, muss man sich bei „Need For Speed: Shift“ auf die eher raren Vorgaben beschränken.

Kuschel-Raser oder Asphalt-Rowdy?


Der Karrieremodus ist grundsätzlich motivierend, denn entgegen anderer Spiele ist es hier möglich, im Rahmen der „Hersteller-Wettbewerbe“ schon nach ein paar wenigen Rennen hinter das Steuer eines Traumboliden zu sitzen, den man sich sonst eigentlich erst nach der einen oder anderen durchzockten Nacht leisten könnte. Dafür wird der persönliche Fahrstil bei „Shift“ ziemlich genau unter die Lupe genommen. Das Spiel zeigt einem nach jedem Rennen schonungslos auf, ob man sich auf der eleganten, präzisen Charakterseite eines Fahrers – oder dann auch der „Brechstangen“-Seite befindet. Grosse Vor- oder Nachteile bieten hingegen weder der eine noch der andere Fahrstil. Es geht ausschliesslich um die Visualisierung dessen. Der persönliche Fortschritt wird anhand des persönlichen Fahrerlevels dargestellt, der bis zur Stufe 50 hochklettern kann. Dieser Modus ist sehr motivierend, da immer wieder kleine Fortschritte erkennbar sind und dadurch das Weglegen des Spiels (zumindest vom Kopf her) erschwert wird.

Bezüglich der Spielmodi orientiert man sich an Altbewährtem: Drift-, Rundenzeit- und Turnierevents bilden die solide Basis der Renntypen. Die Einladungs-Events oder auch die Wagen-Duelle, die sich grundsätzlich an den Canyon-Rennen aus „Need For Speed: Carbon“ orientieren, ergänzen die breite Palette. Um neue Events freizuschalten, müssen in den Rennen Sterne verdient werden, die man sich durch Rennsiege und das Erfüllen spezieller Ziele (z.B. Rundenzeiten unterbieten, …) erreicht werden kann.

Fazit


Auch wenn bei „Need For Speed: Shift“ unter anderem ein ansprechendes Schadensmodell, wechselnde Wetterbedingungen, Reifenverschleiss, Benzinverbrauch oder auch die (bisher) NFS-typischen Verfolgungsjagden mit den Cops fehlen, lässt sich zweifelsohne feststellen, dass sich EA seiner NFS-Wurzeln besinnt und zurück auf altbewährte Inhalte kommt, die dem Spielspass sichtlich gut tun. Auch wenn’s nicht ganz für das gleiche Level wie GTR oder rFactor reicht, ist der „sanfte Neubeginn“ durchaus belohnenswert. „Need For Speed: Shift“ erhält darum 8,5 von 10 Punkten.