Stadt der Engel und Sumpf des Verbrechens

Das neueste Game von Rockstar schickt Sie auf die Strassen von Los Angeles kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Polizist müssen Sie in «L.A. Noire» Hinweise finden, Verhöre durchführen und am Schluss natürlich die Fälle lösen.



Wer war's? Detective Phelps untersucht in «L.A. Noire» eine Leiche. (Bild: zvg)
Wer war's? Detective Phelps untersucht in «L.A. Noire» eine Leiche. (Bild: zvg)

Los Angeles in den späten 40er-Jahren trägt ein Janus-Gesicht. Auf der einen Seite die schillernden Fassaden des aufstrebenden Hollywood, Prachtbauten, Bars und Restaurants für die Oberen Zehntausend. Auf der anderen Seite Drogen, Korruption und zahlreiche Gewaltverbrechen. Als ehemaliger Kriegsheld Cole Phelps lernen Sie in «L.A. Noire» beide Seiten kennen. Phelps ist Polizist in der aufstrebenden Metropole und auch er möchte hier gross rauskommen und Karriere machen. Die einzige Möglichkeit dafür: das Aufklären von Fällen. Und dies geschieht im neuesten Werk von Rockstar für Xbox 360 und PS3 in guter alter Adventure-Manier. Der jeweilige Schauplatz muss nach Hinweisen abgeklappert werden. Bei einem Mordfall ist hier zuerst mal die Leiche dran, dann die weitere Umgebung. Das Spiel hilft dem Schnüffler dabei, indem in der Nähe von interessanten Gegenständen das Pad vibriert. Ausserdem zeigt ein akustisches Signal an, wenn alle Hinweise gefunden wurden. Beinharte Ermittler können diese Hilfen jedoch auch abschalten. Anschliessend geht es zur Befragung der Zeugen und Verdächtigen. Mit den gesammelten Hinweisen stellt Phelps den Personen Fragen zum Fall. Danach muss der Spieler herausfinden, ob der Gegenüber die Wahrheit sagt oder nicht. Nur wenn man den passenden Hinweis gefunden hat, kann man eine Lüge aufdecken. Im Notfall kann man den Befragten auch unter Druck setzen. Nur wenn man den Gegenüber genau lesen kann, erhält man weitere wichtige Informationen. In den Dialogen kommt auch die grösste Stärke des Spiels zum Tragen. In kaum einem anderen Spiel wurde Gestik und Mimik so realistisch wiedergegeben. Man kann den Personen mit einem guten Auge ablesen, wann sie lügen. Aufgelockert wird der «Polizei-Alltag» durch Verfolgungsjagden zu Fuss oder mit dem Auto. Auch gelegentliche Schusswechsel kommen vor. Insgesamt ist der Action-Anteil eher gering und nach dreimaligem Scheitern kann der Abschnitt auch übersprungen werden. Insgesamt ist «L.A. Noire» sehr benutzerfreundlich. Hat man einen Hinweis nicht gefunden oder ein Verhör verhauen, kein Problem das Spiel geht trotzdem weiter. Für einige Spieler dürfte das dann doch ein bisschen zu einfach sein.

Ein weiterer Schwachpunkt des Games ist die Spielwelt. Wie GTA oder Red Dead Redemption ist Los Angeles eine offene Stadt. Zu Fuss oder mit einem der zahlreichen authentischen Autos kann sich der Spieler frei durch die Stadt bewegen. Nur, viel zu erleben gibt es abseits der Haupthandlung eigentlich nicht. Es gibt einige kurze Nebenmissionen, versteckte Fahrzeuge oder Sehenswürdigkeiten zu finden. Ansonsten ist die Welt ziemlich leer. Vor allem im Vergleich zu den indirekten Vorgängern. Auch optisch ist das Spiel nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand.

«L.A. Noire» gelingt es aber mit einer wendungsreichen und spannenden Geschichte und glaubwürdigen und eigenständigen Charakteren den Spieler in den Bann zu ziehen. Allein um zu wissen, wie es weiter geht, drückt der Spieler über den eher eintönigen Ablauf und die technischen Mängel gerne ein Auge zu. Ausserdem sind der Soundtrack und die englischen Sprecher etwas vom Besten, was man je gehört hat. Insgesamt ist «L.A. Noire» für Fans der Rockstar-Spiel und Liebhaber von Krimigeschichten fast schon so etwas wie ein Pflichtkauf. Ein spannendes Spiel, das aber nicht sein ganzes Potenzial ausschöpft.