Stadtführung im Rahmen der Sommerbühne 2006

Erstmals wird dieses Jahr die Sommerbühne durchgeführt. Ein Programmpunkt dieser mehrtägigen Veranstaltung bildete eine klassische Stadtführung. Unter gekonnter Führung von Kaspar Marti, von kulturaktivGlarus, beteiligten sich gegen 20 Personen an dieser Führung.



Eine interessante Stadt: Kaspar Marti und die Teilnehmer nehmen den Brunnen auf dem Cityplatz in Augenschein (Bild: ehuber)
Eine interessante Stadt: Kaspar Marti und die Teilnehmer nehmen den Brunnen auf dem Cityplatz in Augenschein (Bild: ehuber)

Trotz drohendem Regen erschienen gegen 20 Interessierte am Sammelpunkt bei der Stadtkirche in Glarus. Durch die etwas unsichere Wetterlage begann die Führung in der Stadtkirche. Mit Hilfe des eindrücklichen und äussert „plastischen“ Modells von Glarus vor dem Brand 1861, erklärte Marti den Anwesenden die Geschichte der „kleinsten Hauptstadt“ der Schweiz. Von Zeit zu Zeit nahm er dabei die Taschenlampe zu Hilfe, um die angesprochenen Objekte auch deutlich zu zeigen.

Glarus nach dem Brand 1861

Am 10. Mai 1861 verliessen am Laufe des Abends einige Bürger das Schützenhaus und hörten bereits von Weitem die Schreie „Füürio“. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits ein grosses Feuer zu sehen. Ausgebrochen in der Nordostecke des Landsgemeindeplatzes. Grund für den Ausbruch des Feuers war eine Esse, die nicht genügend ausgemacht war. Durch den zu diesem Zeitpunkt herrschenden, starken Föhn wurden die Funken herausgewirbelt und konnten so das verheerende Feuer entfachen. In jener Nacht sind in Glarus 530 Gebäude grösstenteils bis auf die Grundmauern abgebrannt. Mehr als 2.000 GlarnerInnen wurden obdachlos. Sie fanden während den kommenden zwei Jahren Unterkunft bei Verwandten und Freunden in der näheren Umgebung. Notunterkünfte, wie heute bei solchen Katastrophen üblich, gab es zu jener Zeit nicht. Die Behörde reagierte sehr schnell. Am nachfolgenden Abend wurde entschieden, Glarus am gleichen Ort wieder aufzubauen. Drei Tage nach dem Brand wurde an der Gemeindeversammlung dieser Entscheid bestätigt. Eine Woche später gab der Landrat ebenfalls grünes Licht und nur 10 Tagen nach dem Brand wurde an der ausserordentlichen Landsgemeinde entschieden, dem Wiederaufbau die finanziellen und gesetzlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Mit dem Städteplaner Bernhard Simon wurde ein erfahrener Fachmann beauftragt, das „neue Glarus“ zu planen. Es wurde entschieden, Glarus nach neuen Richtlinien wieder aufzubauen. Innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren wurde dieses Projekt realisiert. Simon hat während dieser Zeit auch einige Gebäude geplant. So zum Beispiel das Ratshaus und vor allem die heutige Stadtkirche. Dieser Bau wurde von ihm zu einem Pauschalpreis von 640.000 Franken gebaut. Die Offerte umfasste lediglich zwei Seiten und nur die Schlusssumme.

Stadtführung

Im Anschluss, an diese sehr interessanten Ausführungen, lud Marti die Anwesenden zu einem Rundgang durch Glarus, um einige der erwähnten Orte und Gebäude zu besichtigen. Der Weg führte unter anderem zum Gerichtsgebäude. Da wo heute das Gerichtsgebäude steht, befand sich bis zum Brand die damalige Kirche. Die Kirche, in welcher Zwingli, während seiner Glarner Zeit predigte. Unmittelbar neben dem Gerichtsgebäude befindet sich ein Kinderspielplatz. Auf die Frage, weshalb an einer so guten Lage eine unbebaute Fläche steht, antwortete Marti, dass hier direkt neben der alten Kirche der Friedhof lag. Es ist seit jener Zeit verbrieft, dass diese Fläche nicht bebaut werden darf. Der Besuch im Gerichtsgebäude wurde durch ein inszeniertes Rollenspiel aufgelockert. Vier der teilnehmenden Jugendlichen spielten die Rolle des Gerichtspräsidenten, der Gerichtsschreiberin und von zwei Laienrichtern. Die Besucher lauschten mit Interesse den Ausführungen von Marti. Immer wieder musste er auch auf Fragen der Teilnehmer Auskunft geben. Interessant war zu erfahren, dass Glarus pro Kopf der Bevölkerung die meisten öffentlichen Brunnen besitzt. Die kleinste Hauptstadt der Schweiz mit den meisten Brunnen.

Abschluss beim Landgemeindeplatz

Da, wo vor mehr aus 240 Jahren der verheerende Brand ausgebrochen ist, endete die sehr interessante Stadtführung. Der grössere Teil der Anwesenden haben Glarus erstmals geführt besichtigt. Selbst für „alteingesessene“ GlarnerInnen war immer wieder Neues zu erfahren. Unter den Besuchern nahmen auch das Ehepaar Schmid aus Zürich, zusammen mit ihrer Tochter Fanny und ihrem Sohn Benjamin teil. Die Familie hat ein Ferienhaus in Engi, welches in den sechziger Jahren von den Grosseltern bezogen wurde. Für die Familie war die Führung sehr interessant und vor allem den beiden Kindern musste Marti immer wieder auf interessante Fragen Auskunft geben. Bei dieser Gelegenheit hat Herr Schmid noch eingeflochten, dass das Glarnerland sehr viel zu bieten hat, dies aber unbedingt besser nach aussen kommunizieren und präsentieren sollte. Anlässe wie diese Stadtführungen, aber auch Veranstaltungen wie die Sommerbühne und vieles mehr, sind sicher ideale Voraussetzungen um das Interesse am Glarnerland weitum zu wecken. Eine Stadtführung kann auch für die Einheimischen sehr spannend und informativ sein. Bereits am kommenden Samstag findet wieder eine Führung unter dem Titel „Industriekultur“ mit Jacques Hauser statt. Die nächste klassische Stadtführung wird am 19. August 2006 durchgeführt.