Testen Sie ihre Meinung

Wenn man sich absolut sicher ist, dann liegt man meist falsch.



Stellen Sie ihre Meinungen auf die Probe und schützen Sie sich wirksam vor ihren (Vor)Urteilen
Stellen Sie ihre Meinungen auf die Probe und schützen Sie sich wirksam vor ihren (Vor)Urteilen

Man sollte seiner eigenen Meinung gegenüber möglichst misstrauisch sein. Dieser Gedanke kam mir heute. Ich machte zum wiederholten Mal folgende Beobachtung: Ältere Leute fühlen sich oft bemüssigt, die ihrer Meinung nach vorwiegend negativen Eigenschaften der heutigen Jugend hervorzuheben. Dabei übersehen sie, dass sie als Jugendliche einst ebenfalls als Taugenichtse und Ohnmächtige verunglimpft wurden. In Truffauts Film «Les 400 cents coups» sind die erwachsenen Protagonisten von der zunehmenden Verrohung der Jugend überzeugt. Der Film spielt in den 40er Jahren. In Sidney Lumets «Die 12 Geschworenen» aus dem Jahr 1957 sagt der dritte Geschworene zu den anderen: «Es sind die Kinder, so wie sie heutzutage sind. Wütend! Feindselig! Man kann nichts mit ihnen anfangen. Hör dir nur mal an, wie die mit dir reden. Als ich in diesem Alter war, redete ich meinen Vater mit „Sir“ an. Hört man heutzutage noch einen Jungen seinen Vater „Sir“ nennen?».

Die Kritik an der Jugend ist das Privileg der Älteren und wiederholt sich mit jeder Generation. Ich frage mich, wie ich mich dereinst vor diesem altersbedingten Phänomen der undifferenzierten Herabsetzung einer ganzen Gesellschaftsgruppe oder einer gesellschaftlichen Tendenz schützen werde. Dabei stelle ich fest, dass auch junge Menschen vor diesem Phänomen nicht gefeit sind. Ich zum Beispiel manövriere mich gerade in die Vorurteils-Ecke mit meiner pauschalen Aussage, über ältere Menschen, die sich anscheinend über Junge auslassen. Dabei gibt es womöglich mindestens genauso viele alte Menschen, die ein einwandfreies Verhältnis zur Jugend haben.

Es gilt also in jedem Fall, die eigenen Urteile zu hinterfragen. Dies erscheint mir als die wirksamste Massnahme gegen die überaus menschliche (und also junge sowie alte Menschen gleichermassen betreffende) Neigung, alles sofort allgemein zu werten und zu verurteilen. Indem man die eigene Haltung ständig hinterfragt, beugt man der Ignoranz vor, die einem festgefahrenen Urteil anhaftet. Andererseits, ist das wirklich nötig? Wozu überhaupt? Was ist denn so schlecht an einer festgefahrenen Meinungen

- Schlecht daran ist, dass sie Wandel und damit die Entstehung von etwas Neuem verhindern. - Aha, aber wozu braucht es denn Wandel und etwas Neues? - Hm, na um der Wahrheit ein Stückchen näher zu kommen. - Welcher Wahrheit? - Der Wahrheit halt, der absoluten Wahrheit, das Ziel jeglicher religiösen, philosophischen und politischen Bestrebungen. - Aber was hat das mit Meinungen zu tun? - Meinungen sind allzu oft Unwahrheiten. - Aber Meinungen beanspruchen für sich doch nicht Wahrheit! - Doch, im besten Fall...

... und so weiter und so fort. Probieren sie es aus! Stellen Sie ihre Meinungen auf die Probe und schützen Sie sich wirksam vor ihren (Vor)Urteilen.