Vernetzung ist gefragt

Die interprofessionelle Betreuung stand im Mittelpunkt des dritten Podiums zum Thema «Ambulante medizinische Grundversorgung» der Gemeinde Glarus.



Die Podiumsteilnehmer (von links): Rita Schwitter
Die Podiumsteilnehmer (von links): Rita Schwitter

Diesmal ging es um «ambulant MIT stationär». In Zukunft sei ein Miteinander zentral, sagte Gemeindevizepräsidentin Andrea Fäs-Trummer bei der Begrüssung der rund 60 medizinischen Fachpersonen im GH Ennenda.

Iris Lüscher Forrer, Physiotherapeutin, und gemeinsam mit Andrea Fäs sowie Dr. med. Christoph J. Helbling, Initiantin der Podien, referierte zunächst über die Grundlagen der Interprofessionalität. «Im Zentrum steht immer der Patient», betonte sie. Voraussetzung seien gegenseitiges Vertrauen und Respekt, was Kennenlernen oder eben Vernetzung bedinge.

Lebhaft diskutiert


Was interprofessionelle Betreuung konkret bedeutet, diskutierte anschliessend eine Runde von Gesundheitsexperten aus unterschiedlichen Bereichen anhand eines Fallbeispiels. Christoph Helbling schilderte das Schicksal einer 67-jährigen Frau, die bisher mit ihrem 68-jährigen Ehemann zu Hause im eigenen Heim mit vielen Treppen gelebt hatte. Die Frau musste nach einem Schlaganfall akut hospitalisiert werden. Eine direkte Rückkehr nach Hause war nicht möglich, die Patientin lehnte jedoch eine stationäre Reha ab.

«Ich habe genug vom Spital und will heim. Mein Mann kann mir helfen. Er ist noch ‚zweg’», sagte Rita Schwitter, welche die Patientin spielte. Simone Vock vom Sozialdienst des Kantonsspitals Glarus versuchte, die konkrete Wohnsituation zu ergründen und wies darauf hin, dass der Ehemann nicht überfordert werden sollte. Luciana Zannini, Pflegedienstleiterin der Spitex Glarus, zeigte die Möglichkeiten der Spitex auf. «Das kann mein Mann machen. Das kann er alles», so Rita Schwitter. Physiotherapeut Fritz Bolliger meinte, eine Rehabilitation wäre in diesem Fall ideal, was die Patientin aber eben ablehnte. Physiotherapie wäre laut dem Therapeuten auch zu Hause möglich.

«Wie wäre eine Übergangslösung in einem Ferienzimmer eines Altersheims mit dem Ziel, anschliessend wieder nach Hause zurückzukehren?», fragte Simone Vock. Die Patientin wurde unsicher: «Wenn die Spitex in der Nacht nicht kommt, ist das schon ein Problem. Und die Treppen sind auch schwierig.» Esther Leuzinger, Bereichsleiterin Pflege und Betreuung im Alterszentrum Bühli Ennenda, schilderte das Rundumpaket im Heim mit Therapien, Pflege, Medikamenten, Übungen und so weiter. Auch der Ehemann könnte integriert werden. «Diese Lösung könnte ich mir vorstellen, aber das kostet doch viel», meinte Rita Schwitter. Antwort: Rund 150 Franken pro Tag mit dem Ziel, nach zwei Wochen nach Hause zurückzukehren. Hausarzt Dr. med. Jakob Lütschg legte schliesslich dar, dass auch er Hausbesuche mache und regelmässig ins Altersheim komme.

Informieren ist wichtig

Nach dieser Auslotung der Möglichkeiten fragte Moderatorin Christina Brunnschweiler, CEO Spitex Zürich Limmat AG, was die Beteiligten bräuchten. «Ich muss die Ressourcen der Patientin genau kennen, um einschätzen zu können, ob sie die Situation zu Hause meistern kann. Und ich muss wissen, wie die Angehörigen dazu stehen. Ist der Mann fit und gewillt, diese Aufgabe zu übernehmen? Ich brauche Informationen vom Spital», meinte Hausarzt Jakob Lütschg. Dies sagte auch die Spitex-Vertreterin: «Der Mann muss sich bewusst sein, dass er einen 24-Stunden-Job leisten muss. Wir können nur einen Teil übernehmen.» Optimal wäre für Luciana Zannini eine gemeinsame Runde mit allen Beteiligten.

Die Physiotherapie bräuchte einen Vorlauf, muss aber immer kurzfristig planen. Nötig wären mehr Therapeuten, um Zeit frei zu haben für die Patienten. «Aber der Markt ist ausgetrocknet», so Fritz Bolliger.
Auch das Heim braucht sehr gute Informationen vom Spital. «Gute Verlegungsberichte und Verordnungen sind wichtig, damit wir sofort starten können», sagte Esther Leuzinger. Die Patientin würde auch noch im Spital besucht.
Für den Sozialdienst des Spitals ist es wichtig, die Angehörigen miteinzubeziehen. Und von grosser Bedeutung ist laut Simone Vock eben die Vernetzung, die Kommunikation mit allen beteiligten Stellen.
Das Publikum diskutierte engagiert mit. Festgehalten wurde, dass die Stärke des Kantons Glarus die Nähe sei: «Man kennt einander.» So könne auch das nötige Vertrauen aufgebaut werden.
Dem Networking diente auch der abschliessende Apéro, welchen die Gemeinde Glarus offerierte. Dabei wurde lebhaft weiter diskutiert.