Vortrag von Fred Heer, Präsident der General-Bachmann-Gesellschaft Näfels

Fred Heer beleuchtete am vergangenen Samstag im voll besetzten Rittersaal des Freulerpalastes die Rolle Niklaus Franz von Bachmanns als Oberbefehlshaber der Eidgenössischen Truppen 1815. Insbesondere interessierte ihn der missglückte Einmarsch in Frankreich. Das Referat fand im Rahmen des Veranstaltungsreiche «das Museum blickt zurück ...» und in Zusammenarbeit mit der Bachmann-Gesellschaft Näfels statt.



Vortrag von Fred Heer, Präsident der General-Bachmann-Gesellschaft Näfels

Zunächst zeichnete der Referent ein farbiges Bild der europäischen Grosswetterlage zur Zeit des Wiener Kongresses 1815 und er schilderte die Rolle der Schweiz in diesem internationalen Gipfeltreffen. Die Eidgenossen waren heillos zerstritten und trugen diesen Streit in Wien ganz offen aus. «Ein abstossendes Bild der Uneinigkeit», zitierte Heer den österreichischen Diplomaten, Schriftsteller und Dichter August von Steigentesch, der später auch an der Schweizer Bundesverfassung mitarbeitete.

Noch während in Wien an einer europäischen Ordnung gearbeitet wurde, kehrte Napoleon aus der Verbannung nach Frankreich zurück. Die Alliierten einigten sich zügig darauf, wer von den am Kongress anwesenden Mächten Truppen gegen den Bourbonen stellen sollte und wer den Sold bezahlt. «Das ging schneller als heute in Brüssel», kommentierte der Referent.

Und die Schweiz? Die nahm zunächst zügig ihre Verteidigung in die Hand und beschloss eine Teilmobilmachung. Nach einigen Querelen einigte sich die Tagsatzung auf Niklaus Franz von Bachmann als Oberbefehlshaber der Eidgenössischen Truppen. Bachmann stand vor der Aufgabe, aus 22 kantonalen Milizen eine Armee zu formen und an die Grenze zu stellen. Eine Aufgabe, deren Schwierigkeiten Heer anschaulich schilderte. Die Soldaten mussten ihre Uniform privat schneidern lassen, die Kantone zahlten die allerdings nicht einheitliche Bewaffnung. Ausgebildet waren die allerwenigsten. «Das war ein bunt zusammengewürfelter Haufen», fasste der Referent zusammen.

Bachmann stellte nun diesen «bunt zusammengewürfelten Haufen» überlegt auf, so der einstige Divisionär. Bachmanns Taktik war neu und wurde heftig kritisiert. Aber: «Die konzentrische Aufstellung der Truppen an der Grenze war eine tolle Entscheidung», so Heer, denn noch im Ersten Weltkrieg seien die Truppen in ganz ähnlicher Formation aufgestellt worden. Bachmann hätte damit verschiedene feindliche Vorstösse erfolgreich abwehren können.

Im Verlauf der Grenzbesetzung machte die Tagsatzung beträchtliche Konzessionen an die Alliierten, was ihre Neutralität anbelangte. So erlaubte sie diesen, bei Bedarf durch ihr Territorium zu marschieren. Nachdem die durchmarschierenden österreichischen Truppen in Basel aus dem französischen Huningue die Stadt beschossen, kippte die zunächst auf die Defensive beharrende Tagsatzung. Sie gab Bachmanns Bitte statt, nach in Frankreich einmarschieren zu dürfen.

Das Unternehmen geriet zum Fiasko, Bachmann räumte nach Meutereien seiner Truppenteile wegen Lebensmittelmangels und ausbleibendem Sold sogar gegen den Willen der Tagsatzung die besetzten Gebiete. Er hielt sich auch nicht an deren Befehl, das Gebiet der Schweiz noch etwas abzurunden, indem kleinere Gebiete in Frankreich besetzt gehalten worden wären.

«Taktisch war der Feldzug richtig», so Fred Heer, aber logistisch noch nicht machbar. «Es war kein Ruhmesblatt für die Schweizer Geschichte», das habe niemand mehr als Bachmann empfunden. Er habe aber, so Heer, keinen Eroberungskrieg führen wollen, sondern der Schweiz eine bessere Verhandlungsposition in Wien verschaffen wollen.

Doch das Debakel zeitigte auch positive Folgen, die bis heute nachwirken, so Fred Heer. Am 24. Juli 1815 demissioniert Bachmann, und mit ihm der grösste Teil des Generalstabes. 1816 reicht er seinen Bericht ein und stellt nach einer schonungslosen Analyse des Eidgenössischen Heeres absolut zukunftsweisende Forderungen. So verlangt Bachmann eine gute Ausbildung der Truppen, eine bessere Logistik, eine funktionierende Heerespolizei und eine Landesfahne. Auch forderte er brauchbare Landeskarten. Diese Forderung gipfelte in der Publikation des weltberühmten und bis heute nachwirkenden Landeskartenwerks von General Henri Dufour 1845.