War es ein Akt der Verzweiflung?

Nun ist es endgültig. Bei der Explosion des Einfamilienhauses in Netstal verlor der vermisste Hausbesitzer sein Leben. Wie am Donnerstag die Kantonspolizei Glarus anlässlich einer Medienorientierung informierte, entdeckten die Einsatzkräfte am vergangenen Dienstag in den Trümmern «nicht definierbares Gewebe». Die Analyse ergab einwandfrei, dass es sich um einen Leichtenteil des Vermissten handelte.



War es ein Akt der Verzweiflung?

Beinahe unrealistisch, eher wie eine Kulisse für einen Katastrophenfilm, so zeigte sich die Unglückstelle in Netstal. Rundum Trümmer, Nachbarhäuser, die durch die starke Explosion massiven Schaden erlitten und deren Bewohner seit vergangenem Samstag evakuiert wurden. Wie ein kleines Wunder, die Küche des Unfallhauses stand fast unbeschädigt und eher als Fremdkörper in den Trümmern des Hauses. Vermutlich hat diese stabile Bauweise das Leben der Ehefrau des getöteten Hausbesitzers gerettet.

Optimale Zusammenarbeit

Das Interesse der Presse an diesem, zum Glück nicht alltäglichen Ereignis, war sehr gross, sodass Markus Denzler, Polizeikommandant des Kantons Glarus, eine stattliche Zahl an Medienvertretern in Netstal begrüssen konnte. Als Erster informierte Adj der Kapo Glarus Werner Schindler, Einsatzleiter, darüber, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Einsatzkräfte und der Aktionen bei diesem Sprengereignis optimal abgelaufen sind. Kurz schilderte er den chronologischen Ablauf, die Überlegungen und die Planung, sowie den Einsatz der Polizei ab dem Zeitpunkt, als die Meldung in der Zentrale einging. «Die kleine Kantonspolizei Glarus», so Schindler in seinen Ausführungen,«hat 68 Mitglieder und innert kürzester Zeit sind nach dem Korpsalarm 50 Polizisten eingerückt, was nach meiner Meinung von einer sehr guten Arbeitsleitung zeugt.» Im Detail schilderte er anschliessend den weiteren Ablauf und vor allem auch die Koordination mit den übrigen Einsatzkräften und den Behörden.

Durchhaltevermögen ist gefordert

Das Abtragen der Bautrümmer wurde am vergangenen Montag in Angriff genommen und fordert mittlerweilen das Durchhaltevermögen der verschiedenen Einsatzkräfte. «Infolge der starken Explosion», so Markus Denzler, Polizeikommandant von Glarus, «entstand eine enorm gosse Menge an Bauschutt, der aber nur sehr vorsichtig mit einem Bagger und teilweise sogar von Hand abgetragen werden konnte. Dies ist sicher einer der wesentlichsten Gründe, weshalb seit der Detonation so viel Zeit verstrichen ist.» Wie er weiter ausführte, musste der bis zum Kellerboden wegtransportierte Bauschutt durch Schotter ersetzt und das Terrain aufgefüllt werden, damit der Bagger Stück für Stück vorrücken konnte. Denzler erklärte, dass in diesem Zusammenhang der gesamte Bauschutt aus der Explosion unter der Führung des Wissenschaftlichen Forschungsdienstes Zürich nach nicht explodierten Sprengmitteln und nach der möglichen Leiche zum Teil in Handarbeit durchsucht wird. Zudem wurden seit Donnerstagmorgen auch zwei Leichenspürhunde eingesetzt.

Nicht definierbares Gewebe gefunden

Wie Denzler weiter ausführte, wurde am Dienstag von den Einsatzkräften erstmals nicht definierbares Gewebe gefunden. «Die Analysen durch das IRM Zürich ergab leider, dass es sich dabei um einen Leichenteil des verstorbenen Ehemannes und Hausbesitzers handelt, den die Kantonspolizei bis zu diesem Zeitpunkt noch suchte.» Dadurch kann heute davon ausgegangen werden, dass der Mann bei der Explosion seines Hauses ums Leben kam. Die Einsatzkräfte haben nun die Aufgabe, nach weiteren Leichenteilen zu suchen. Erschwerend kommt dazu, dass der noch nicht untersuchte Trümmerbereich nach weiteren nicht explodierten Sprengmitteln abgesucht werden muss. «Wir hoffen, dass bei gutem Vorankommen die Gefahr von möglichen weiteren Detonationen nicht mehr realistisch ist, der äussere Absperrring aufgehoben und bereits erste evakuierte Personen in ihre Wohnungen zurückkehren können.»

Dritteinwirkung kann ausgeschlossen werden

Wie Christoph Hohl, Leiter des Verhöramtes des Kantons Glarus, erklärte, könne eine Dritteinwirkung bei der Explosionsverursachung ausgeschlossen werden. «Es ist», so Hohl, «aufgrund des bisherigen Ermittlungsstandes davon auszugehen, dass der 62-jährige Hausbesitzer die Sprengung selbst verursacht hat. Ob es aus Unvorsicht zu dieser Sprengung kam oder diese vorsätzlich ausgelöst wurde, kann zumindest zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden.» Hohl erklärte weiter, dass der Hausbesitzer angeblich im Besitz von Sprengstoff war und es noch unklar sei, wie er in den Besitz dieser Sprengmittel gelangte.

Kontakt zu den Evakuierten

Wie Christian Marti, Gemeindepräsident von Glarus und Leiter des Gemeindeführungsstabes bestätigte, wurden am vergangenen Samstag insgesamt neun Personen aus sieben Wohneinheiten evakuiert. Insgesamt sind aktuell 14 Personen und die Belegschaft einer Firma in unmittelbarer Nähe durch die Evakuation betroffen. «Wir halten täglich Kontakt zu den betroffenen Personen, nehmen deren Bedürfnisse so gut wie möglich auf und unterstützen sie nach den zur Verfügung stehenden Mitteln.» In Absprache mit der Kantonspolizei konnten die Anwohner innerhalb des abgesperrten Gebietes jeweils am Abend über die neusten Erkenntnisse und den Fortgang der Arbeiten informiert werden.

Die anschliessende Besichtigung und insbesondere die Erläuterungen von Thomas Vogt vom Wissenschaftlichen Dienst Zürich vermittelten den Pressevertretern einen nachdenklichen Eindruck über das Ausmass dieses Ereignisses. Für kurze Zeit wurden dabei die Aufräumarbeiten unterbrochen und die Absperrungen aufgehoben. Schon nach kurzer Zeit der Besichtigung bat Vogt die Leute, die Unglückstelle zu verlassen, damit mit der Aufräumarbeit weitergefahren werden konnte, denn die Zeit dränge.