Weiteres Vorgehen nach der Gesamtrückweisung der Nutzungsplanung

Am 16. März 2017 fand die ausserordentliche Gemeindeversammlung statt, an welcher die Gesamtrevision der Nutzungsplanung Glarus Süd traktandiert war.



(Motivbild: ehuber)
(Motivbild: ehuber)

Die heute rechtskräftige Nutzungsplanung umfasst die Zonenpläne und die Bauordnungen der 13 ehemaligen Gemeinden. Die Nutzungsplanungen der einzelnen ehemaligen Gemeinden sind unterschiedlich aktuell, teils aber über 20-jährig. Die noch rechtskräftigen Nutzungsplanungen umfassen die Zonenpläne und die Bauordnungen sowie teilweise ergänzende Baureglemente der 13 Ortschaften. Alle Nutzungsplanungen sind vor Inkrafttreten des heute gültigen Raumentwicklungs- und Baugesetzes (RBG) sowie der kantonalen Bauverordnung (BauV) erlassen worden.

An der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 16. März 2017 standen 21 Anträge von Stimmberechtigten, welche während der Auflagefrist vom 8. Dezember 2016 bis 9. Januar 2017 fristgerecht eingegangen sind, zur Beratung und zur Entscheidung.

Einleitend stellte ein Stimmbürger einen Antrag um Gesamtrückweisung der Nutzungsplanung an den Gemeinderat. Der Antragsteller verlangte die komplette Rückweisung und Überarbeitung der Nutzungsplanung, insbesondere die geplante Gewässerraumausscheidung sei anzupassen und die Betroffenen seien miteinzubeziehen. Eine weitere Antragstellerin unterstützte den Rückweisungsantrag, da sie mit der neu einzuführenden Überbauungsplanpflicht mit besonderen Zielen und Rahmenbedingungen aufgrund der damit angestrebten Verringerung der Baulandreserve, welche insbesondere das Ferienhausgebiet in Braunwald betrifft, nicht einverstanden war. Weitere Redner unterstützten den Rückweisungsantrag mit der Kritik an der geplanten Ausscheidung der Hotelzone im Rubschen in Braunwald sowie mit Kritik an der Aufteilung der Nutzungsplanung in zwei Pakete.

Ebenfalls stellte ein weiterer Stimmbürger den Antrag, nur die vorgenommene Gewässerausscheidung zurückzuweisen bzw. in das zweite Paket der Nutzungsplanung zu verschieben und im Übrigen auf die vorgelegte Nutzungsplanung einzutreten. Der Antrag um Gesamtrückweisung obsiegte und der Gemeinderat ist nun gefordert, das weitere Vorgehen im Verfahren der Nutzungsplanrevision zu bestimmen.

Weiteres Vorgehen

Gespräche
Nach der Gesamtrückweisung der Nutzungsplanung wurde in einer erweiterten Projektgruppe das weitere Vorgehen besprochen. Dabei wurde festgehalten, dass mit den Antragstellern unbedingt das Gespräch gesucht werden soll. Einige Gespräche konnten bereits geführt werden, weitere Gespräche werden folgen.

Ein oder zwei Pakete?
Anlässlich der Gemeindeversammlung begründete ein Antragsteller den gestellten Rückweisungsantrag damit, das Verfahren i.S. Gesamtrevision Nutzungsplanung nicht in zwei Pakete aufzuteilen, sondern dieses in einem Paket zu behandeln.
Der Gemeinderat ist der Auffassung, dass das gewählte Verfahren der Aufteilung der Gesamtrevision Nutzungsplanung in zwei Pakete beizubehalten ist.
Begründet wird die Beibehaltung von zwei Paketen der Nutzungsplanungsrevision damit, dass die Grundlagen des zweiten Paketes der Nutzungsplanung (Inventar der schützenswerten Objekte, Landschaft und Gewässerraum) noch nicht erarbeitet sind. Sollte die gesamte Nutzungsplanungsrevision in einem Paket erfolgen, wäre mit der Weiterführung des Verfahrens zuzuwarten, bis die entsprechenden Grundlagen vorliegen. Erst dann könnte eine weitere öffentliche Auflage mit allen Planinhalten durchgeführt werden, wobei damit zu rechnen ist, dass aufgrund der einzugehenden Einsprachen Änderungen an den Planinhalten nötig würden, gestützt darauf eine weitere öffentliche Auflage durchzuführen wäre. Erst danach könnte die Nutzungsplanung zuhanden der Gemeindeversammlung traktandiert werden.

Bis zum Inkrafttreten der Nutzungsplanung Glarus Süd gelten die zurzeit rechtskräftigen und teilweise sehr unterschiedlichen Bauordnungen und Nutzungspläne in den 13 ehemaligen Gemeinden weiter. Diese unterschiedlichen Bauordnungen und die damit zusammenhängenden Ungleichbehandlungen sind von der Baubewilligungsbehörde umzusetzen. Daneben sind die zukünftigen Regelungen aufgrund des Entwurfs des Baureglements Glarus Süd bereits bekannt, weshalb Bauvorhaben bereits auf die Übereinstimmung mit dem zukünftigen Reglement zu prüfen sind, damit Baugesuchsteller die Planungsabsichten der Gemeinde nicht durchkreuzen können. Dies hat aufwendige und anspruchsvolle Abklärungen der Baubewilligungsbehörde zur Folge, was das Personal der Bauverwaltung sehr auslastet. Überdies ist die Rechtsunsicherheit für Bauwillige und deren Planer hoch, da die zu beachtenden Bestimmungen nur schwer abschliessend eruierbar sind. Beispielsweise darf zurzeit keine Baubewilligung für ein Bauvorhaben erteilt werden, welches heute zwar eine der Bauzone zugewiesene Liegenschaft betrifft, diese Liegenschaft zukünftig aber einer Nichtbauzone zugewiesen werden soll. Wollen Bauwillige das zukünftige Baureglement bzw. den zukünftigen Nutzungsplan nicht freiwillig respektieren und reichen diese ein den zukünftigen Anordnungen widersprechendes Baugesuch ein, ist seitens der Gemeinde Glarus Süd jeweils eine Planungszone zu erlassen. Damit können Bauvorhaben auf dem betreffenden Gebiet für eine befristete Zeit von maximal 5 Jahren, mittels neuem Entscheid des Gemeinderates um zwei Jahre verlängerbar, sistiert werden, wenn diese die kommende Planung erschweren könnten. Eine Planungszone ist im Amtsblatt zu publizieren und dem betroffenen Grundeigentümer mittels Entscheid des Gemeinderates mitzuteilen. Der betroffene Grundeigentümer kann dagegen Einsprache an den Gemeinderat und anschliessend Beschwerde an die kantonalen Instanzen erheben.

Weiter ist festzuhalten, dass das zukünftige Baureglement Glarus Süd neue Zonenanordnungen beinhaltet, welche insbesondere die Umnutzung der vielen Industriebrachen in Glarus Süd ermöglichen soll (Mischzone Industrieareal). Die Bauverwaltung der Gemeinde Glarus Süd erhält zurzeit unterschiedliche Projektanfragen, welche Grossprojekte in den Industriebrachen zum Gegenstand haben. Diese Projekte sind auf die Einführung der Mischzone Industrieareal angewiesen, ohne deren Vorhandensein werden diese Projekte nicht fortgeführt bzw. suchen die zuständigen Planer nach einem alternativen Bauort. Mit einem langen Zuwarten des Einführens der genannten Zone wird die wirtschaftliche Weiterentwicklung, welche für die Gemeinde Glarus Süd sehr wichtig ist, gehemmt, zumal für Investoren der Zeithorizont für den Entscheid betreffend Umsetzung eines Bauvorhabens sehr entscheidend ist.

Weiter ist in Betracht zu ziehen, dass der kantonale Richtplan zurzeit überarbeitet wird. Je länger die Gemeinde Glarus Süd mit dem Erlass der Nutzungsplanung zuwartet, umso wahrscheinlicher wird es, dass der kantonale Richtplan vor dem Entscheid der Gemeinde Glarus Süd erlassen wird. Dies hat zur Folge, dass die Nutzungsplanung Glarus Süd auf deren Vereinbarkeit mit dem neuen kantonalen Richtplan überprüft und allenfalls angepasst werden muss. Es ist überdies anzunehmen, dass der neue kantonale Richtplan die vorhandenen Bauzonenreserven thematisiert, was ebenfalls eine Überarbeitung der in der heutigen Planung vorgenommenen Ausscheidung der Baulandreserven nötig machen würde.

Bei einer Beibehaltung von 2 Paketen erscheint eine Verabschiedung des ersten Paketes der Nutzungsplanungsrevision im Jahr 2018 möglich. Soll hingegen die Nutzungsplanrevision in einem Paket durchgeführt werden, ist vor dem Jahr 2020 nicht mit einer Behandlung durch die Gemeindeversammlung zu rechnen. Damit zeigt sich, dass bei einer Aufteilung des Verfahrens in Sachen Gesamtrevision Nutzungsplanung in zwei Pakete die dringend benötigten Planinhalte im Paket 1 wesentlich früher eingeführt werden können. Dabei können die an der Landsgemeinde 2017 beschlossenen Änderungen des kantonalen Raumentwicklungs- und Baugesetzes bei der Überarbeitung des Baureglements im Paket 1 miteinbezogen werden.

Schliesslich begründet der Gemeinderat die Beibehaltung von 2 Paketen der Nutzungsplanrevision damit, dass die Behandlung der gesamten Nutzungsplanung in einem Paket sehr umfangreich und für eine so grossflächige Gemeinde wie die Gemeinde Glarus Süd mit unterschiedlichsten Anordnungen organisatorisch und politisch nur schwer umsetzbar ist. Zudem handelt es sich um eine anspruchsvolle Materie, mit welcher sich der Stimmbürger im Vorfeld der Gemeindeversammlung vertraut machen muss. Sollte anlässlich einer einzigen Gemeindeversammlung über die gesamte Nutzungsplanung entschieden werden, ist mit einer unzählige Stunden dauernden Gemeindeversammlung zu rechnen, was weder als bürgerfreundlich noch als verständlich einzustufen ist.

Unabhängig von vorigen Ausführungen kann mit der Erarbeitung der Grundlagen für das Paket 2 sobald als möglich begonnen werden. Dies darum, um möglichst zeitnah nach Verabschiedung des ersten Paketes auch das 2. Paket den Stimmbürgern vorlegen zu können, damit das Verfahren der Gesamtrevision der Nutzungsplanung vervollständigt werden kann.

Zusammenfassend sieht der Gemeinderat massgebliche Vorteile in der Beibehaltung der Verfahrensaufteilung in zwei Pakete, zumal mittels Übergangsbestimmungen sichergestellt werden kann, dass keine Planinhalte der heute rechtskräftigen Nutzungsplanungen im laufenden Verfahren der Nutzungsplanrevision verloren gehen. Damit entscheidet der Gemeinderat, das bereits verfolgte Verfahren der Aufteilung in zwei Pakete weiterzuführen.

Gewässerraumausscheidung
Da bei der Frage der Ausscheidung des Gewässerraums die direkt Betroffenen miteinzubeziehen sind, ist die gesamte Gewässerraumausscheidung im Rahmen des 2. Pakets der Nutzungsplanrevision umzusetzen. Damit verfügt das Departement Werke und Umwelt genügend Zeit, um die Betroffenen in die laufende Planung in geeigneter Weise miteinzubeziehen.

Einspracheentscheide
Der Gemeinderat hat nach Durchführung zweier öffentlicher Auflagen Einspracheentscheide gefällt. Mit der Überarbeitung der vorgelegten Nutzungsplanung gestützt auf die Gesamtrückweisung der Gemeindeversammlung werden wiederum Änderungen nötig werden, gestützt worauf eine erneute, dritte öffentliche Auflage durchzuführen ist. Auch dagegen kann wiederum Einsprache erhoben werden. Damit eine möglichst klare Einsprachegrundlage geschaffen werden kann, sind die vom Gemeinderat bereits im Rahmen der Nutzungsplanung gefällten Einspracheentscheide in Wiedererwägung zu ziehen und aufzuheben, was den Einsprechern mit einem Entscheid zu eröffnen ist.

Die Einsprecher sind dann gehalten, ihre Einsprachepunkte, sofern diese im Rahmen der dritten öffentlichen Auflage noch vorhanden sind, erneut vorzubringen. Damit wird sichergestellt, dass die Stimmbürger Einsicht in die vollständigen Pläne mit allen Planinhalten erhalten. Überdies wird eine saubere Grundlage geschaffen, welche eine sachgerechte Einspracheerhebung sowie deren Behandlung sicherstellt. Daher entschied der Gemeinderat, die bereits gefällten Einspracheentscheide in Wiedererwägung zu ziehen und aufzuheben.

Mehrwertabschöpfungsverträge
Die Gemeinde Glarus Süd hat mit Grundeigentümern, welche durch eine Um- oder Aufzonung einen Mehrwert erhalten hätten, Mehrwertabschöpfungsverträge abgeschlossen. Zur Sicherung der Mehrwertabgabe wurde überdies eine Grundpfandverschreibung vereinbart. Die vereinbarte Mehrwertabgabe und deren Sicherung durch die Grundpfandverschreibung stehen unter der Bedingung, dass die Zonierung rechtskräftig wird. Überdies enthalten die Verträge eine Regelung, wonach die vertraglich vereinbarte Mehrwertabgabe dahinfällt, wenn der betroffene Grundeigentümer aufgrund eines künftigen kantonalen Gesetzes für denselben Sachverhalt zu einer Mehrwertabgabe verpflichtet wird. Gegenüber den Grundeigentümern wurde jeweils klar kommuniziert, dass diese Mehrwertabschöpfungsverträge im Falle der Einführung einer kantonalen Regelung von dieser abgelöst werden.

Mit der Gesamtrückweisung durch die Gemeindeversammlung wurde die vorgeschlagene Zonierung der betroffenen Liegenschaften noch nicht beschlossen. Die Landsgemeinde 2017 hat unter anderem Gesetzesgrundlagen für die Regelungen der Mehrwertabgabe im Raumentwicklungs- und Baugesetz verabschiedet. Die beschlossenen Änderungen des Raumentwicklungs- und Baugesetzes werden vom Regierungsrat in Kraft gesetzt. Gestützt darauf sind die Mehrwertabschöpfungsverträge und deren Sicherung mittels Grundpfandverschreibung mit Inkrafttreten der neuen Regelungen im Raumentwicklungs- und Baugesetz aufzuheben, womit ein nahtloser Übergang vom Vertrag zum Gesetz sichergestellt werden kann. Daneben hat die Gemeinde Glarus Süd den vorliegenden Entwurf des Baureglements zu überarbeiten und Regelungen betreffend die Mehrwertabgabe aufzunehmen, da das kantonale Recht der Gemeinde einen Regelungsspielraum überlässt, wobei diese mindestens 20% zu betragen hat. Die entsprechenden Grundeigentümer werden hierüber schriftlich informiert.

Auf einen konkreten Zeitplan bezüglich Abhaltung einer Gemeindeversammlung für das 1. Paket wird zurzeit verzichtet, da vorerst die umfangreichen Vorarbeiten an die Hand genommen werden müssen. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden rechtzeitig über das weitere Vorgehen informiert.