Wie dachten Sie über Hitler?“

Eine Ausstellung im Rysläuferhuus zeigt Interviews und Filmdokumente zur Schweiz während des Zweiten Weltkriegs.



Der Historiker Rolf Kamm (rechts) erklärt den ersten Besuchern einzelne Details der Ausstellung (Bild: zvg.)
Der Historiker Rolf Kamm (rechts) erklärt den ersten Besuchern einzelne Details der Ausstellung (Bild: zvg.)

Der Verein für Geschichte und Kultur um Schwanden (gukum) zeigt bis September 2010 eine interaktive Ausstellung zum Zweiten Weltkrieg mit dem Titel „L’Histoire c’est moi“.

Kern der Ausstellung sind 555 Interviews mit Menschen, die zwischen 1939 und 1945 in der Schweiz gelebt haben, hierhin geflüchtet sind oder hier interniert wurden. 10 Texttafeln und 21 Dokumentarfilme führen die Besucher in das Thema Schweiz – Zweiter Weltkrieg ein. Die Ausstellungsbesucher können alleine oder in Gruppen einzelne Interviews oder Filme zu den unterschiedlichsten Themen wie „Armee“, „Flüchtlinge“, „Faschismus in der Schweiz“, „General Guisan“ oder „Kindheitserinnerungen“ auswählen.

Ein faszinierender Blick

Die Ausstellung ist ein Produkt des Vereins Archimob und der Ausstellungs- und Standbau-Firma raumprodukt und war bereits in vielen Schweizer Städten und im Landesmuseum zu sehen. Ohne offiziellen Auftrag – wie Thomas Gull von Archimob betont – fanden sich 1998 einige junge Historiker, Filmemacher und Journalisten zusammen, um die Erinnerungen der sogenannten „Aktivdienstgeneration“ filmisch zu dokumentieren. Herausgekommen ist ein faszinierender Blick auf die damaligen Ängste, Hoffnungen, Sorgen, Freuden und Ideen. Natürlich sind auch diese subjektiven Aussagen nicht die letztgültige Geschichte der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, eine solche wird es nie geben. Auch Erinnerungen sind nicht frei von Wunschdenken und Interpretation, mit den Jahren gehen einzelne Erinnerungen verloren, negative Erlebnisse werden verklärt oder Gehörtes und Gedachtes wird zur Realität.

Die persönlichen Erlebnisse der Interviewten sind spannend und in ihrer Vielfalt kaum auf einen einfachen Nenner zu bringen; vor allem sind sie weit entfernt von jeder Art ideologisierter Geschichtsmythologie, es sind Geschichten des Alltags: Jeder hat und ist seine eigene Geschichte, wie der Titel der Ausstellung sagt. Gerade das macht ihre Faszination aus.

Archimob versteht sich weder als Gegenprojekt noch als Anhängsel zur offiziellen Bergier-Kommission, sondern als Ergänzung. Deshalb ist auch die – zum Teil recht gehässige – Diskussion in Mitte der Neunzigerjahre über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg ein Thema der Ausstellung. Auch in diesem Bereich gehen die Meinungen der Befragten recht weit auseinander.

Die mittelalterlichen Stuben des Rysläuferhuus bieten eine unvergleichliche Umgebung für das Eintauchen in die Schweiz der Dreissiger- und Vierzigerjahre. Die Ausstellung eignet sich besonders für Gruppen und Schulen. Die Filmdokumente stehen auch als DVD zur Verfügung.