«Wir wollen das Spendengeld möglichst sinnvoll einsetzen»

Rund CHF 350 000.- Spenden sind auf dem Spendenkonto der Gemeinde Glarus Süd eingegangen. Dieses Geld soll die Not der betroffenen Bevölkerung lindern. Zu diesem Zweck hat die Gemeinde Glarus Süd eine Spendenkommission unter Leitung von alt Ständeratspräsident Dr. iur. Fritz Schiesser ins Leben gerufen. Wie arbeitet die Kommission? Fritz Schiesser stellt die Arbeit der Spendenkommission vor.



Dr. iur. Fritz Schiesser ist Präsident der Spendenkommission Erdrutsch Schwanden (Bild: zvg)
Dr. iur. Fritz Schiesser ist Präsident der Spendenkommission Erdrutsch Schwanden (Bild: zvg)

Gespräch mit alt Ständeratspräsident Dr. iur. Fritz Schiesser zur Arbeit der Spendenkommission:

Wer ist Mitglied der Spendenkommission?

Wir sind fünf Personen: Gemeinderat Stefan Maduz, Vorsteher des Departementes Wirtschaft und Finanzen von Glarus Süd, Audrey Hauri, Leiterin der Hauptabteilung Soziales des Kantons Glarus, Hansueli Leisinger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der glarnerSach und Silvano Allenbach, Leiter Katastrophenhilfe bei der Caritas Schweiz. Ich stehe der Spendenkommission als Präsident vor. Für den Backofficebereich ist Tina Leuzinger, Sachbearbeiterin Finanzen, zuständig.

Wie geht ihr bei der Vergabe von Spenden vor?

Wir kennen zwei Arten von Hilfeleistungen. Kurzfristig sprechen wir dort, wo es notwendig ist, eine Not- oder Soforthilfe. Diese ist nicht sehr hoch, nämlich CHF 1000.- bis CHF 2000.-. Aber der Zweck der Soforthilfe ist, dass mit dem Geld die grösste Not kurzfristig gelindert werden kann.

Zusätzlich zur Soforthilfe gibt es die umfassendere Geldvergabe. Da können die gesprochenen Beträge deutlich höher sein. Hier müssen wir die Gesuche sehr genau prüfen. Wir fragen: Dürfen die Gesuchsteller unter Umständen Versicherungsleistungen erwarten, welche den Geldbedarf etwas mildern? Gibt es andere oder zusätzliche Möglichkeiten, mit denen die Not gelindert werden kann? Hier klären wir umfassend ab, und das kann dann etwas länger dauern, bis das Geld gesprochen ist.

Aber wichtig ist: Die Soforthilfe schliesst die umfassendere Vergabe von Hilfsgeldern nicht aus. Die beiden Arten von Hilfeleistungen ergänzen sich. Die Soforthilfe soll kurzfristig helfen, die umfassendere Hilfe mittel- und langfristig.

Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller müssen angeben, wie hoch ihr Einkommen ist, und wie viel Vermögen sie haben. Wieso ist das notwendig?

Weil die individuelle Notlage, in der sich die Menschen befinden, schon einen Einfluss auf die Vergabe von Spendengeldern hat. Für uns ist es wichtig, welchen ökonomischen Hintergrund die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller haben. Auch möchten wir wissen, ob die betroffenen Personen an alles gedacht haben, was die Not ebenfalls lindern kann. Haben AHV-Empfänger zum Beispiel Ergänzungsleistungen beantragt? Haben sie ein Gesuch um Verbilligung von Krankenkassenprämien eingereicht? Je nachdem vermitteln wir für die betroffenen Menschen eine individuelle Beratung, zum Beispiel durch die Pro Senectute.

Einige der betroffenen Menschen schlagen vor, dass das Spendengeld einfach zu gleichen Teilen allen verteilt werden soll. Wäre das nicht eine einfache und unbürokratische Lösung?

Das sehen wir nicht so. Das Geld soll einen grösstmöglichen Nutzen entfalten. Das tut es dann, wenn es gezielt dort eingesetzt wird, wo die Not wirklich gross und Hilfe dringend ist. Wir haben auch schon Feedbacks von Spenderinnen und Spendern erhalten, die uns gesagt haben, dass sie erwarten, dass das Spendengeld gezielt eingesetzt werde. Bei einer gleichmässigen Verteilung nach dem Giesskannenprinzip hätten sie nicht gespendet.

Gibt es für notleidende Personen noch andere Möglichkeiten, um finanzielle Hilfe zu erhalten?

Ja, die gibt es. Ich empfehle, dass diese Personen mit der Sozialberatung für die Opfer des Erdrutsches Schwanden in Kontakt treten, die von Sozialen Diensten Glarus Süd geführt wird. Die Fachleute der Sozialen Dienste kennen die Angebote der verschiedenen Hilfswerke, und können so gezielt die richtigen Kontakte vermitteln oder aus eigener Kraft helfen.

Unter Umständen ist nach Abschluss des Ereignisses ja noch Geld in der Kasse. Was passiert dann?

Wir rechnen nicht damit, dass ein Teil des Spendengeldes nicht verteilt werden kann. Noch stehen wir, was die Verteilung der Spendengelder angeht, ziemlich am Anfang. So ist beispielsweise die Ereignisgefahrenkarte des Kantons noch nicht publiziert. Wenn diese vorliegt, wird noch einmal deutlicher, wie die Zukunft der betroffenen Bevölkerung aussieht. Auch wird erwartet, dass irgendeinmal noch rund 60 000 Kubikmeter Erdmasse abrutschen. Das kann ebenfalls zu erheblichen zusätzlichen Schäden und entsprechend hohem Hilfsbedarf führen, auch wenn die Fachleute alles unternehmen, um dies zu vermeiden. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Mitmenschen weiterhin bereit sind, für die Opfer des Erdrutsches zu spenden.

Falls aber tatsächlich am Ende der Ereignisbewältigung noch Geld in der Kasse ist, wird wie folgt verfahren: Verantwortlich für die Verwaltung und die Verwendung der Spendengelder ist der Gemeinderat Glarus Süd. Er wird zum gegebenen Zeitpunkt beraten, wie das gespendete, aber nicht benötigte Geld eingesetzt werden soll. Dabei ist er sich selbstverständlich bewusst, dass die Spenderinnen und Spender mit ihrer Spende der notleidenden Bevölkerung helfen wollten. Er wird sicher eine Lösung finden, die diesem Ziel entspricht. Aber nochmals: Wir gehen nicht davon aus, dass es am Schluss der Ereignisbewältigung noch Spendengeld in der Kasse hat.

In welchen zeitlichen Intervallen berät die Spendenkommission über die Vergabe von Geldern?

Derzeit tagen wir ca. alle drei Wochen. Wir prüfen aber, wie wir in besonders dringenden Fällen Entscheide vorziehen respektive auch zwischen zwei ordentlichen Sitzungen Entscheide fällen können. Wir möchten diesbezüglich schneller werden. Auch möchten wir transparenter über die Geldvergabe informieren. Wir haben festgestellt, dass dies sehr wichtig ist, um das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Arbeit zu erhalten.

Haben Sie ein Anliegen an die Glarnerinnen und Glarner?

Es wäre toll, wenn wir weiterhin auf Spenden aus der Bevölkerung oder der Wirtschaft zählen dürften. Vor allem aber möchte ich danken: Allen denjenigen, die bereits eine Spende für die notleidende Bevölkerung überwiesen haben, und allen, die in irgendeiner Art und Weise geholfen haben oder noch helfen, die Not zu lindern. Die Solidarität von grossen Teilen der Bevölkerung in der ganzen Schweiz in uns ausserhalb des Glarnerlandes ist beeindruckend und schön.

Informationen für Spenderinnen und Spender

Auf www.glarus-sued.ch finden Sie alle Informationen, wie Sie spenden können. Spenden sind sowohl per TWINT wie auch per ordentliche Banküberweisung möglich. Wir danken im Namen der betroffenen Bevölkerung für Ihre Spende.