WM-Bilanz der Schweizer Nati aus der Sicht eines Glarners

Fritz „Ybsch“ Hösli, ehemals aktiver Fussballspieler beim FC Glarus, hat Spiele der Schweizer Nati an der WM in Deutschland besucht. glarus24 hatte die Gelegenheit ihm im Anschluss an das bedauerliche Ausscheiden der Schweizer, einige Fragen zum Turnierverlauf zu stellen.



Fussballfan: Ybsch Hösli verfolgte die WM ganz genau (Bild: ehuber)
Fussballfan: Ybsch Hösli verfolgte die WM ganz genau (Bild: ehuber)

Fritz „Ybsch“ Hösli, Chef des bekannten Restaurant „Waage“ in Glarus und Versicherungsbroker im Gespräch über Köbi Kuhn, der Nationalmannschaft und deren Abschneiden an der Fussball-WM in Deutschland.

glarus24: Sie kennen ja unseren Nationaltrainer Köbi Kuhn persönlich aus ihrer früheren Aktiven Fussballzeit und ihrem engen Kontakt zum FC Zürich. Wie war seinerzeit Ihre Meinung, als Köbi zum neuen Nati Trainer gewählt wurde?

Ybsch Hösli: Ja ich kenne Köbi Kuhn sehr gut, noch aus seiner Zeit beim FC Zürich. Ueber seinen besten Freund, Rosario Martinelli, den auch ich sehr gut kenne, habe ich nach wie vor Kontakt zu Köbi. Wir haben uns mit unseren Familien diese Ostern in Lugano zu einem gemütlichen Zusammensein getroffen. Die seinerzeitige Wahl von Köbi als Nati Trainer habe ich als guten Entscheid betrachtet. Allerdings mit einem gewissen Vorbehalt. In seinem Charakter ist er eher etwas zu human und auch zu ehrlich für dieses harte Amt.

glarus24. Was glauben Sie sind die Stärken von Köbi Kuhn? Er war ja früher auch nicht der einfachste Spieler und ist ab und zu durch „kleine Eskapaden“ aufgefallen. Sind das Erfahrungen und Erlebnisse welche ihm heute helfen die jungen Spieler besser zu führen und zu verstehen?

Ybsch Hösli: Für die Schweizer Nati ist Köbi ein Idealfall. Dank seiner jahrelangen Erfahrung als Spieler in der Nati bringt er das notwendige Rüstzeug für dieses Amt. Die angesprochenen Eskapaden waren bereits zu jener Zeit kleine und menschliche „Vergehen“. Die Härte und das Unverständnis der damaligen Trainer alter Schule – Forlani und Hüssi - haben daraus eine „Affaire“ konstruiert. Die Spieler hatten früher keine Eigenverantwortung und vor allem keinen Freiraum. Aus diesen Erlebnissen hat Köbi seine Lehre gezogen. Er nimmt die jungen Spieler in die Verantwortung. Er gibt ihnen einen gewissen Freiraum der bisher nie missbraucht wurde. Trotz dieser Grosszügigkeit hat er eine sehr hohe Akzeptanz.

glarus24: Wie ist Ihre persönliche Meinung zur heutigen Nationalmannschaft? Wie haben Sie jeweils die Chancen im Vorfeld der WM-Qualifikation und auch der WM beurteilt.

Ybsch Hösli: Die junge Mannschaft verfügt über ein grosses Potential und hat die ihr gebotenen Chancen genutzt. Das Team war absolut im Fahrplan. Bereits in der Qualifikation hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Einerseits hat der Goalie Zuberbühler durch individuelle Fehler die Mannschaft in die Barrage gezwungen. Anderseits hat der gleiche Torhüter die Mannschaft in die Achtelsfinals gebracht. Er hat sich durch diese Leistung vollumfänglich rehabilitiert. Auch hier zeigt sich der starke Charakter von Köbi. Gegen alle Widrigkeiten hat er immer am Goalie festgehalten. Zum Glück!

garus24: Sie waren glücklicher Besitzer von Eintrittskarten für sämtliche drei Schweizer Spiele. Welche haben Sie persönlich erlebt? Wie ist Ihre Meinung zum leider missglückten Spiel gegen die Ukraine? Was war die Hauptursache, dass die Schweizer in der normalen und auch in der Nachspielzeit den Match nicht entscheiden konnten? Wie war die Stimmung im Station nach diesem unglücklichen Ausscheiden?

Ybsch: Ich hatte zu Beginn der WM Tickets für alle Schweizer Spiele und auch für den Achtelsfinal. Leider war ich geschäftlich verhindert, sodass ich nur in den Genuss von zwei Spielen unserer Nati gekommen bin. Erfreulicherweise hat mir ein CEO von Hyundai Billette für den Halbfinal in München und den Final in Berlin übergeben. Diese beiden Spiele werde ich mir nicht entgehen lassen. Zu Ihrer Frage nach dem Spiel gegen die Ukraine: Ich bin der Meinung, dass das Spiel gegen Südkorea zu viel Substanz gekostet hatte. Die Spieler hatten nach diesem sehr engagierten Spiel rund zwei Tage zu wenig Erholungszeit. Gegen die Ukraine waren sie teilweise „Platt“. Dadurch haben sie zuviele Zweikämpfe verloren. Als alter „Fussballer“ sehe ich lediglich in der Auswechslung von Streller einen leichten Fehler bei Köbi. Er hätte um einiges früher zum Beispiel Lustrinelli oder Gygax bringen sollen. Aber auch hier zeigt sich der Charakter von Köbi. Ich denke, er wollte Streller ein Geschenk machen und ihn vor „seinem Kölner Publikum“ spielen lassen.

glarus24: Noch kurz zum entscheidenden Penaltyschiessen. Murat Yakin hat am Schweizer Fernehsen erklärt, es wäre besser gewesen, dass die erfahrenen Spieler wie Wicky oder Vogel das Penaltyschiessen begonnen hätten? Er vertritt die Meinung, dass die Verantwortung für die doch noch jungen und unerfahrenen Spieler zu gross war. Wie stehen Sie zu dieser Meinung?

Ybsch Hösli: So einfach ist das nicht zu erklären. Es begann eigentlich schon früher. Durch den Ausfall von Senderos und auch Djourou musste schon frühzeitig ein Defensivspieler eingewechselt werden. Dazu kam, dass die bisherige Leitfigur, Johann Vogel, seiner Führungsrolle praktisch in keinem der WM-Spiele gerecht wurde. Die Entscheidung wer schliesslich die Penalties schiesst, lag bei Vogel. Die Verantwortlichen durften ja nicht mehr auf den Platz. Die Auswechslung von Alex Frei hat dabei keinen Einfluss gehabt. Ich gebe Murat recht: In dieser Situation hätten die erfahrenen Spieler wie Wicky oder Vogel die Verantwortung des ersten Penalties übernehmen müssen. Aber hinterher ist man ja immer klüger. Natürlich war die Stimmung bei den Schweizer Fans am Boden. Aber schon nach kurzer Zeit haben die Fans die Mannschaft wieder hochleben lassen und sie trotz der Niederlage gefeiert.

glarus24: Zu guter Letzt noch ein Fazit über die Leistung der Schweizer Mannschaft. Wie ist das Abschneiden Ihrer Meinung nach einzuschätzen und wie sehen Sie die weitere Zukunft dieses Teams?

Ybsch Hösli: Der Fahrplan für die EM 2008 stimmt. Man muss bedenken, dass Köbi im Vorfeld das Ziel immer klar auf die EM 2008 definiert hat. Alles was früher an Erfolgen kommt muss als Geschenk betrachtet werden. Das Team hat ein grosses Potential. Wichtig ist nach meiner Meinung, dass Johann Vogel unbedingt den Club wechseln muss. Er braucht im Hinblick auf solche Turniere einfach mehr Spielpraxis. Die ist ihm an der WM leider abgegangen. Er hat die Fähigkeiten zu einer Führungsfigur, was er ja früher immer wieder unter Beweis gestellt hat. Die Niederlage mag schmerzhaft sein, wird aber diese junge Mannschaft auf der andern Seite stärken. Die Fans stehen auf jeden Fall voll hinter dieser Mannschaft und wird ihnen die notwendige Kraft und Unterstützung für die weiteren Spiele geben. Noch abschliessend: Für mich waren Zuberbühler und Barnetta die besten Spieler der Schweizer Nati. Dies ohne die Leistung der übrigen Spieler mindern zu wollen. Als grosser Fan von Köbi und der Nati werde ich mit Begeisterung die nächsten Spiele persönlich mitverfolgen.