Zum Goldenen Gaukler – mit Gilbert & Oleg

Gar Vergnügliches, Wechselvolles, Heiteres war unlängst beim Besuch einer extrem speziellen Gaststätte für Familien angeboten. Auf der goldgelben Speisekarte – in mehreren Sprachen, für Kinder und Erwachsene – stand Ungewohntes, für Hungrige nur dann geeignet, wenn sie geistige Nahrung benötigten. Gilbert und Oleg, alias Andreas Vettiger und Dominik Rentsch, zwei begnadete, ungemein kreative Komiker, ermöglichten dieses Begegnen, das in der Kanti-Aula Glarus auf Einladung der Kulturgesellschaft Glarus stattfand.



(Bilder: p.meier)
(Bilder: p.meier)

Mit dem Betreten der Aula fiel der Blick auf die offene Bühne, setzte das Werweissen um ein mögliches Geschehen ein. Akkordeon, kleines Tischchen, Klingel, offene Koffer, eine Jacke in feierlichem Schwarz, überdimensionierte Speisekarte, Treppenaufgang ab Zuschauerfläche zur Bühne, eine schwarze Kiste, Beleuchtungskörper, ein zweigeteilter kleiner Vorhang, Keulen – dieses Wirrwarr ergab bald einmal Sinn. Der kleine Vorhang rückte immer wieder ins Zentrum, diente er doch für zahlreiche Auftritte und Abgänge. Aber zuerst nahm Gilbert die Bestellungen für das klassische Dreigangmenü auf. Aber so klassisch war das Angebot auch wieder nicht; waren doch etwas über blanchierte Zylinder, Minzensalat an Röslis Sauce, Quietschbalken, Linas Langnudeln (Vorspeisen); Träumlein, Sechskeulen-Menü, Ofenkirschen nach Hans Joggis Art, täglich frischer Tageshit, Kurtlis Gitarren-Sinfonie (Hauptgang) und unter Dessert ein heimeliges Lächeln, flach gedrückte Gedankensprünge, eingemachter Wahnsinn, Radieslisorbet zu unglaublichen Preisen zwischen 15 und 90 Rappen aufgeführt. Bestellungen wurden von Gilbert schon notiert, bevor alle so richtig Platz genommen hatten. Dann ging es riesig rassig zur Küche, bei kleinen Unsicherheiten wurde bei den grossen und kleinen Gästen nochmals nachgefragt. Und wäre der leicht schusselige, vorlaute Naseweis Oleg nicht immer wieder aufgetaucht, wären Zubereitung und Service pannenfrei ab Bühne zu den Gästen gefolgt.

Oleg kriegte es mühelos hin, alles ein wenig schwieriger als geplant zu machen. Zuweilen hatte man mit ihm riesiges Mitleid – wenn er wieder so schaurig hinzufallen drohte, einer der vielen Tricks nicht so ganz gelang. Man freute sich mit ihm, wenn er Gilbert zur Weissglut trieb, einiges verunmöglichte, was um der gastronomischen Kunst willen unbedingt hätte gelingen müssen.

Es war so positiv, dass Heiteres immer dominierte, dass es nie zu primitiven Äusserungen oder dem Blossstellen von Kindern kam, die ins Geschehen auf der Bühne knapp einbezogen waren. Das provozierte so viele Lacher, die wirklich von Herzen kamen. Und wenn mal wieder über Näfelser und deren Vorlieben, über falsche geografische Zuordnung des Glarnerlandes, über Trockenketchup, Radieschen, im wahrsten Sinne des Wortes feurige Speise mit einer damit verbundenen dringlichen Sicherheitsvorkehrung, Spaghetti light an feiner Sauce samt Seiltrick, das Sechs-Keulen-Menü mit wirklich fliegenden Keulen, der Becher-Cocktail (für Jugendliche zwingend alkoholfrei), die Radieschen im Kupferbecher, die Jonglage mit der Tomate, das Liebesleben der Radiescheneltern und anderes erzählt, damit zuweilen gespielt wurde, war dem Vergnüglichen wohltuend viel Raum gegeben.

Und wenn man sich vorzustellen hat, wie gross die Zahl der kleinen Szenen mit dem Betreten der Bühne war, erahnt man vielleicht die Bedeutung des kleinen, vielseitig einsetzbaren, mobilen Vorhangs, der schwindlig geschüttelt wurde.

Geschichtlich ist nicht einwandfrei erwiesen, ob Oleg wirklich ein Vierundsechzigstel marokkanisches Blut in sich hat und dass diese Tatsache in Hannibals Überquerung der Alpen – dies mit seinen Elefanten – begründet ist. Und man war wirklich Zeuge, als die Tube aus dem magischen Zylinder gezaubert wurde, fliegen und sogar kacken konnte – alles vor den Augen des staunenden Publikums.

So war den von allem ein wenig drin, was das Herz eines Zirkusfreundes begehrt: Magie, fliegende und rollende Tomaten, Akkordeonklänge statt Theaterorchester, Seil als Spaghetti, verschwindende Radieschen, die urplötzlich zur Tomate mutieren, Feuernummer, einherwirbelnde Keulen, Erraten der Farbe eines willkürlich gewählten Tüchleins unter Hypnose und anderes. Es waren die munteren und witzigen Kommentare und Fragen, die so viel Vergnügen aufkommen liessen.

Man liess die beiden nicht eben gerne ziehen, darf aber die Gewissheit haben, dass sich viele an ein gar heiteres Begegnen zurückerinnern werden.