Zwei Lichter für Anna Göldi

Seit letzten Freitagabend brennen im 3. Stock des Gerichtshauses in Glarus zwei schlichte Lichter und erinnern an den unseligen 13. Juni im Jahre 1782, als ein Scharfrichter mit seinem Schwert dem Leben von Anna Göldi ein Ende setzte. Als letzte Hexe in Europa wurde sie ein Opfer behördlicher Willkür. Im Beisein prominenter Gäste wurde im Soldenhoffsaal in Glarus und später beim Gerichthaus das Anna-Göldi-Mahnmal feierlich eingeweiht.



die ehemalige Bundesrätin Elisabeth Kopp und Andrea Trümpy (von links). Ein Blick in den voll besetzten Soldenhoffsaal. Das Mahnmal «zwei Lichter für Anna Göldi» soll an die Tragödie erinnern.
die ehemalige Bundesrätin Elisabeth Kopp und Andrea Trümpy (von links). Ein Blick in den voll besetzten Soldenhoffsaal. Das Mahnmal «zwei Lichter für Anna Göldi» soll an die Tragödie erinnern.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet am letzten Freitag, dem 13. Juni, das Mahnmal für Anna Göldi, der letzten Hexe von Europa, feierlich und im Beisein von zahlreichen prominenten Gästen, unter anderen alt Bundesrätin Elisabeth Kopp, Mitglied der Anna-Göldi-Stiftung, Regierungsrat Benjamin Mühlemann, Professor Peter Jenny, Präsident der Fachjury für den Projektions-Wettbewerb, und den beiden Künstlern Regula Hurter und Uri Urech eingeweiht wurde. Just am gleichen Tag im Jahre 1782 nämlich wurde der 47-jährigen Magd mit dem Schwert des Scharfrichters ein Ende gesetzt. Es war ein nicht nachvollziehbarer Justizmord, welcher schon damals grosse Wellen warf. Deutsche Journalisten hatten den Fall seinerzeit publik gemacht, was dazu führte, dass die Zürcher Regierung bei ihren Kollegen in Glarus infolge auf das Schärfste protestierte.

Der prächtige Soldenhoffsaal in Glarus war bis auf den letzten Platz besetzt, als Fridolin Elmer, Mitglied der Anna-Göldi-Stiftung, das zahlreich anwesende Publikum samt den prominenten Gästen im Namen der Stiftung herzlich begrüssen konnte. Für den musikalischen Background war das Quintett «Concerto Piccolo» zuständig und eine Gruppe Schüler präsentierte sich auf der Bühne mit dem eigens für diese Feier geschriebenem Theaterstück «Steine, nichts als Steine».

Gedenktafel und Mahnmahl


Walter Hauser, Präsident der Anna-Göldi-Stiftung und Autor des Buches, begründetet in seinen Ausführungen vor versammeltem Publikum im voll besetzten Soldenhoffsaal, warum die Licht-Installation der beiden Künstler Regula Hurter und Uri Urech aus zwei runden Fenstern im 3. Stock des Gerichtsgebäudes künftig schlicht und dezent in den Nachthimmel von Glarus leuchten werden. Zusätzlich erinnert eine Gedenktafel mit dem Hinweis: «Dett obä schiint äs Liecht!» an den Hexenprozess. In seinen Ausführungen hielt Hauser explizit fest, dass Mahnmal und Gedenktafel nicht nur an die arme Magd Anna Göldi, sondern auch an die täglichen Opfer staatlicher Willkür und politisch Verfolgter auf der ganzen Welt erinnern sollen.

Richter müssen unabhängig sein


Alt Bundesrätin Elisabeth Kopp, selbst Mitglied der Anna-Göldi-Stiftung, gewährte in ihrer Ansprache einen Blick hinter die Kulissen unsere Justiz. Sie erinnerte an den Fall von Brigadier Jean-Louis Jeanmaire, welcher ebenfalls ein Opfer der Miltär-Justiz wurde. Jeanmaire wurde seinerzeit wegen Landesverrats und wohl auch auf Druck der Öffentlichkeit hin, welche ein exemplarisches Urteil verlangte, zu 18 Jahren Haft verurteilt wurde. Jeanmaire verlangte mehrmals eine Revision des Urteils, welches aber abgelehnt wurde. 1988 wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen. Er kämpfte bis zu seinem Tod um seine Rehabilitation. Aber auch das Schicksal von Anna Göldi zeige, wie wichtig die Unabhängigkeit für Richter sei.

Mahnmal und Gedenktafel


Nach dem feierlichen Akt im Soldenhoffsaal begab sich die Gesellschaft vor das Glarner Gerichtsgebäude, dem sinnfälligen Ort, wo die Gerichtsbarkeit Anna Göldi zum Tode verurteilte. Stiftungspräsident Walter Hauser und alt Bundesrätin Elisabeth Kopp blieb es vorbehalten, vor versammeltem Publikum die Gedenktafel zu enthüllen. Aus der nördlichen Ecke des Gerichtshauses im 3. Stock leuchteten derweil dezent die beiden Lichter, begleitet von den zuckenden Blitzen eines nahenden Gewitters. Ein mystischer Abschluss am Ende einer würdigen Feier in Erinnerung an Anna Göldi. Gleichzeitig mit der Einweihung des Mahnmals und der Gedenktafel soll die Akte «Anna Göldi» vorerst nun geschlossen werden.