Mit Mut in eine nicht ganz gewisse Zukunft

Die Weltwirtschaft befindet sich offensichtlich im Umbruch; das ist nicht ohne Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die sich aber den Herausforderungen unbedingt stellen will. Das war jedenfalls der Tenor an der Hauptversammlung des Glarner Bauernverbandes vom letzten Samstag im „Adler“ Schwanden, wo der Bauernverband zur Freude von Gemeinderat Kaspar Luchsinger erstmals tagte



Ruth Horner
Ruth Horner

Noch selten wurde so umfassend informiert und diskutiert. Präsident Hans Peter Hauser-Berther, Näfels, leitete straff und auch mit viel Humor.

In der Begrüssungsadresse und im Jahresbericht blickte Hauser mit einiger Sorge auf die aktuelle Entwicklung mit der Aufhebung der Milchkontingentierung und mit dem Druck auf die Preise und Preisreduktionskampagnen der Grossverteiler, deren Kosten wohl früher oder später auf die Produzenten und Verarbeiter abgewälzt werden können - nachdem noch im Sommer von einem guten Landwirtschaftsjahr hatte gesprochen werden können.

Zukunftskonferenz

Freilich hat die Abteilung Landwirtschaft zusammen mit den Landwirten eine Zukunftskonferenz einberufen, um eine Strategie für die Glarner Landwirtschaft zu erarbeiten. Und natürlich schenkt der Bauernverband der Gemeindstrukturreform grösste Aufmerksamkeit. „eine prosperierende, nachhaltige Landwirtschaft ist für unsern Kanton von zunehmender Bedeutung und oftmals die Grundlage für weitere wirtschaftliche, touristische oder auch kulturelle Erfolgsgeschichten“, formulierte Hans Peter Hauser.

Der Bauernverband wartet auch gespannt auf das Projekt für eine bessere Zusammenarbeit der (allerhand) landwirtschaftliche Organisationen, die mit dem Kreditbeschluss des IP-Rings bereits eingefädelt worden ist.


Der Kanton macht mit


Frau Landammann Marianne Dürst setzte ihrerseits grosse Erwartungen in die Zukunftskonferenz, um Ziele und Massnahmen in vertrauensvoller Zusammenarbeit zu erarbeiten. Die Kommission für Strukturverbesserungen unter der Leitung von Susanne Konrad vom Amt für Landwirtschaft ist an de Arbeit. Dafür brauche es Geld, das der Kanton gerne bewilligt, weil dadurch auch erhebliche Bundesmittel ausgelöst werden können.

Die Rednerin teilte mit, dass die Revision der Alp- und Landwirtschaftsgesetzgebung auf die Legislatur 2010-14 verschoben wird; man wird dabei auch das die Kompetenzen der Gemeinden z.B. bezüglich Sömmerung überdenken sowie dem Schutzgedanken für die Alpen Rechnung tragen müssen. Präsident Hauser bemerkte, die Landwirtschaft sei mit dem Kanton bisher gut gefahren.

In einem temperamentvollen Votum forderte Ständerat This Jenny die Bauern auf, mehr politischen Lobbyismus zu betreiben, neue Projekte zu erarbeiten sowie Leistungen zu zeigen und das Image als blosse Subventionsempfänger abzulegen. Jenny freute sich, zur Versammlung eingeladen worden zu sein, um die bäuerlichen Anliegen kennen zu lernen.


Alpabzug als Kulturgut


Im Zusammenhang zu dem im letzten Herbst mittels Leserbrief zum Landesunglück hochstilisierten Alpabzug in Netstal (wegen Verkehrsbehinderung und Kuhfladen) wurde aus der Mitte der Versammlung auf die uralte Tradition hingewiesen, und Präsident Hauser wie Frau Landammann Dürst waren sich einig, dass der Alpabzug Kulturgut sei (sie erinnerten an den Alpkäsemarkt in Elm) und touristisch ausgenützt werden sollte.

Kantonstierarzt Dr. Jakob Hösli machte einmal mehr darauf aufmerksam, dass wegen der Bovinen Virusdiarrhoe (BVD) auf den Alpen nicht gekalbert werden dürfe; die Tiere sind rechtzeitig ins Tal hinunter zu führen.

Bei der Vorlage der Jahresrechnung war zu erfahren, dass sich die Verbandsfinanzen auf dem Weg zur Konsolidierung befinden.


Mit Bedacht in den Freihandel


Der Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes, Nationalrat Hansjörg Walter (SVP, Thurgau), referierte zum Thema „Freihandelsabkommen mit der EU und geplante Begleitmassnahmen - Folgen für die Glarner Landwirtschaft?“. Walter stellte befasste sich zunächst mit der Entwicklung der Agrarimporte und -exporte, mit den Produzentenpreisen, mit den Preisunterschieden für Vorleistungen und mit den Landpreisen. Er betonte, dass es keinen einheitlichen EU-Preis gibt, weil die verschiedenen Länder ganz unterschiedliche Strukturen haben. Er sagte auch, viele Länder seien auf Importe von Nahrungsmittteln angewiesen. Wir müssten an unsern Direktzahlungen festhalten; dieses System ist besser als eine z.B. eine künstliche Verbilligung der Import- oder Exportpreise, die andere Länder handhaben.

Wie die Liberalisierung des Käsermarktes gezeigt hat, haben wir mit guten Produkten (Spezialitäten) durchaus Exportchancen, auch wenn sie teurer sind. Wichtig wäre ein Abbau der nicht tarifarischen Handelshemmnisse wie lange Wartezeiten am Zoll oder nicht übereinstimmende Zulassungsverfahren.

Der bilaterale Weg habe sich bewährt. Ein EU-Beitritt wäre ein „Blödsinn“. Wir sollten den Weg öffnen für Produkte mit Exportpotenzial wie Bio- und Fleischwaren oder Milchspezialitäten (wie beim Käse also). Wenn wir schrittweise vorgehen, können wir weiterhin unsere eigenständige Agrarpolitik pflegen, und unsere Errungenschaften im Bereich Ökologie und Tierschutz bleiben erhalten. Es werden aber recht kostspielige Begleitmassnahmen notwendig sein. Aber angesichts der Popularität des Bauernstandes sollte es möglich sein, diese Mittel auch zu erhalten. Dem Referat schloss sich eine lebhafte Diskussion an.