Zähflüssige Liberalisierung des Strommarktes

Der (bereits zehnte) Stromapéro anlässlich der Glarner Messe in Näfels vereinigte auf Einladung von „glarner energie!“ (früher „Marketingallianz Strom fürs Glarnerland) wiederum eine grosse Zahl von Stromfachleuten, (politischen) Vertretern der Gemeinde-EW und weiteren Interessenten. Wie üblich hatte der Geschäftsführer des EW Näfels, Tony Bürge, den Anlass im Panoramasaal der linth-arena sgu mustergültig organisiert.



Geschäftsführer vom EW Näfels
Geschäftsführer vom EW Näfels

Das Hauptreferat hielt Renato Tami, Leiter des Fachsekretariats der eidgenössischen Elektrizitätskommission, die, präsidiert vom Innerrhoder Landammann und frühern Ständerat Carlo Schmid, als unabhängige staatliche Regulierungsbehörde die Einhaltung des Stromversorgungs- und des Energiegesetzes überwacht. Tami ist übrigens auch Mitglied unsrer kantonalen Rekurskommission gemäss Energiegesetz.

„Unglücklicher Start in die Liberalisierung“

Die Strommarktliberalisierung ist sehr zäh angelaufen; die gesetzlichen Bestimmungen sind sonder Zahl, und es mussten auch viele Widerstände überwunden werden, die einmal sogar in der Ablehnung einer eidgenössischen Abstimmungsvorlage gipfelten. Die Stromversorgung war gewissermassen ein erratischer Block gewesen. Die neuen Vorschriften über die Rechnungslegung, die Kosten-Entflechtung (Gestehungs-, Anschluss-, Betriebskosten usw.) machten Mühe, und vor allem kam es auch zu Strompreiserhöhungen, die dann zu Beschwerden bei der ElCom führten, die verschiedene Preissenkungen verlangte und für 2010 gar eine Nullrunde. Tami bilanzierte: „unglücklicher Start in die Liberalsierung.“ Die Stromkonsumenten verspürten auch keine grosse Lust, ihren Lieferanten zu wechseln; vor allem spielte die Konkurrenz aus dem Ausland nicht, weil dort die Stromreise nämlich höher sind.

Aber die Bilanz unter dem Titel „Versorgungssicherheit“ ist gut: es gab und gibt immer Strom in der gewünschten Menge; die von den Gesetzen verlangte technische Umstellung wurde von den Werken also in „Herkulesarbeit“, wie Tami sagte, bewältigt. Auch die Transparenz der Rechnungstellung ist da.

Grosse Aufgaben kommen noch

Die ElCom hat noch grosse Aufgaben vor sich, so die Entflechtung im Bereich der Netze und bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (wo die andern Staaten „klemmen“). Und die Liberalisierung wird auch die Kleinverbraucher (Haushalte) erfassen, deren Sensibilität für den Strompreis ebenfalls ausgesprochen stark ist.

„Negawatt“ statt „Megawatt“

Der Journalist Hanspeter Gruggenbühl aus Illnau forderte zwecks Vermeidung der drohenden Stromlücke Verbrauchseinschränkungen. Je mehr Strom produziert werde, umso höher sei der Verbrauch, sagte er. Vor allem stiess er sich am Preisgefüge: Wer wenig Strom beziehe, zahlt pro Kilowattstunde erhebliche mehr als ein Grossverbraucher, der von erklecklichen Rabatte profitiere. Es sollte umgekehrt sein, damit Strom gespart werde

Energiekanton Glarus

Energiedirektor Regierungsrat Robert Marti stelle den Energiekanton Glarus vor, der vor allem mittels Wasserkraft mehr als dreimal soviel Strom produziert als er selber braucht. Er verwies aber vor allem auch auf erfolgreiche Energiesparmassnamen resp. die Gewinnung von erneuerbarer Energie, z.B. bei der Kalkfabrik Netstal, beim öffentlichen Verkehr, bei der ARA Glarnerland und bei der Solarenergie, bei den Trinkwasserversorgungen von Niederurnen, Oberurnen und Glarus oder bei der Steinseilbahn im Haltengut Mollis.