3 Gemeinden – 1 Kanton – auch eine Reform für die Junge Generation

Durch den Landsgemeindeentscheid vom 07. Mai 2006 wurde der Kanton Glarus gesamtschweizerisch zu einem „Trendsetter“ und schreibt Geschichte.



Rolf Widmer bei seinem Referat über die Aufgabenteilung /Finanzausgleich zwischen Kanton und Gemeinden (Bild: ehuber)
Rolf Widmer bei seinem Referat über die Aufgabenteilung /Finanzausgleich zwischen Kanton und Gemeinden (Bild: ehuber)

Der als Projektbegleiter amtierende Jean-Claude Kleiner bedauerte in seinem Referat, dass der Kanton Appenzell Ausserrhoden die altehrwürdige Landsgemeinde verloren hat. Der in Glarus an der Landgemeinde 2006 gefällte Entscheid des 3er Models wird auf jeden Fall Geschichte schreiben. Auch sein Kanton wird mit grossem Interesse die Umsetzung dieses Entscheides verfolgen.

Kantonalisierung Sozial- und Vormundschaftswesen

Nach der wohlverdienten Pause betrat Ständerat Fritz Schiesser das Rednerpult und orientierte in seinem Referat über die Kantonalisierung im Sozial- und Vormundschaftswesen. Nach seinen Worten wird die Kantonalisierung der zunehmenden Komplexität der umfangreichen Aufgaben Rechnung tragen. Sie bietet die Möglichkeit flächendeckend für gute Stellvertretungen zu gewährleisten und dass keine Verschiebungen von Sozialfällen von Gemeinde zu Gemeinde erfolgen. Er weist aber darauf hin, dass diese Kantonalisierung nicht primär als Sparübung betrachtet werden darf. In Kick-Off Workshops mit verschiedenen Projektgruppen werden Gesetzesanpassungen, Richtlinien, Konzepte, Leistungsaufträge und Weisungen erarbeitet. Die Vorlage zu dieser Gesetzesanpassung sollte bis zum 30. November 2006 zur Übergabe an den Regierungsrat bereit sein. Anfangs 2007 wird der Landrat die durch den Regierungsrat bereinigte Fassung behandeln, um diese im Mai 2007 der Landsgemeinde zur Abstimmung vorzulegen. Es ist wichtig und Voraussetzung, dass die Landsgemeinde über diese Gesetzesanpassung entscheidet. Wenn alles wie erwartet verläuft und die Landsgemeinde zustimmt, wird am 1. Januar 2008 innerhalb der neuen Strukturen gestartet. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden bereits verschiedene Arbeitsgruppen gebildet und auch personell besetzt.

3 starke Gemeinden – ein wettbewerbsfähiger Kanton

Im Projektorganigramm findet sich Jean-Claude Kleiner als Fachberater in der Ebene Kanton. In seiner Funktion als Projektbegleiter und als „Externer“ orientiert er die Anwesenden über die Chancen und Möglichkeiten des Landsgemeindeentscheides. Als Gebürtiger „Appenzell Ausserrhoder“ fast ein wenig neidisch, gratulierte er der Glarner Bevölkerung zu diesem Entscheid. Seit dem 07. Mai 2006 ticken die Uhren etwas anders. Der Entscheid wurde in der ganzen Schweiz anfänglich mit Erstaunen, dann aber mit Begeisterung aufgenommen. Der Kanton Glarus hat sich mit diesem Entscheid zum „Trendsetter“ entwickelt und wird sicher viele wichtige Pionierarbeiten leisten müssen. In den nächsten Jahren steht der Kanton Glarus im „Fokus“ der schweizerischen Gemeindeplanungspolitik. Ob all dieser Euphorie dürfen aber die Probleme, welche in Zukunft zu bewältigen sind, nicht aus den Augen gelassen werden. Glarus kämpft gegen einen stetig steigenden Bevölkerungsrückgang. Die Schulen kämpfen mit teilweise dramatischen Rückgängen der Schülerzahlen. Die begonnene Reform bietet aber vor allem für diese Probleme auch Chancen. Es gilt über den eigenen Schatten zu springen und scheinbar Unmögliches doch möglich zu machen. Jeder Lauf beginnt mit dem ersten Schritt. Wichtig ist dabei die Schaffung von Rahmenbedingen für schlanke Strukturen im Kanton und in den Gemeinden, sowie die Förderung des qualitativen Wachstums der Bevölkerung und der Wirtschaft.

Zweite Diskussionsrunde

Im Abschluss an dieses sehr interessante und auch informative Referat eröffnete Marianne Dürst die zweite Diskussionsrunde. Als Erster meldete sich Beat Noser. Er war der Ansicht, dass in den einzelnen Projektgruppen unbedingt Leute eingebracht werden müssen, welche sich 100%ig den Fragen und Lösungen widmen können, also externe Berater. Temporäre Einsätze von Beamten und Behördenmitgliedern bringen nach seiner Meinung nicht genügend „Resourcen“. Als zweiter Punkt erwähnte er die sich immer mehr steigende Angst der Mitarbeiter in den Gemeinden. Die Leute fürchten, dass sie aufgrund der Gemeindezusammenlegungen ihren Job verlieren. Schon heute verlangen immer wieder Mitarbeiter ein Zwischenzeugnis, was unweigerlich auf Unsicherheit ihrer Zukunft schliessen lässt. Man darf nicht unterschätzen, es sind immer die besten Mitarbeiter, welche aufgrund ihrer Qualifikationen, innert kurzer Zeit einen neuen Job finden. Auch die Frage der Entschädigung der Mitarbeiter, welche bei den verschiedenen Projekten mitarbeiten, sollte diskutiert werden. Nur eine Entschädigung in der Grössenordnung eines Sitzungsgeldes scheint ihm doch etwas wenig. Bezüglich der Effizienz ist Marianne Dürst der Meinung, dass die Arbeiten bis heute gezeigt haben, dass mit Mitarbeitern aus den eigenen Reihen sehr gute und schnelle Resultate erzielte werden konnten und weiterhin auch erreicht werden. Es ist ihr klar, dass das Gespenst der Jobangst “herumgeistert“. Das Problem kann auch nicht wegdiskutiert werden. Es müssen bei der personellen Umsetzung sozial verträgliche Lösungen gesucht werden. In dieser Beziehung werden bereits entsprechende Richtlinien erarbeitet. Bezüglich der Höhe der Entschädigung sind die Gemeinden völlig autonom. Zum Thema Stellvertretung in der Projektierung Gemeinden, wollte Rolf Hürlimann, Gemeindeschreiber in Schwanden wissen, bis wann die Nominierung erfolgen muss. Ein wichtiges Anliegen ist ihm, dass in dieses Projekt auch die Jugend stark mit eingebunden wird. Natürlich, so Marianne Dürst, werden Jugendliche in die Projektphasen mit einbezogen. Die Jugend wird einen sehr hohen Stellenwert einnehmen und ihre Integration hat in allen Gremien Platz. Nach Meinung von Kaspar Marti ist der geplante Zeitrahmen sehr eng. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Qualität vor der Zeit kommen sollte. Die Anregung von Peter Kistler, die Gemeindebehörden von Zeit zu Zeit über die erzielten Resultate zu informieren, wurde von den Anwesenden, aber auch von den Referenten als sehr sinnvoll begrüsst.

Abschliessend bedankte sich die Regierungsrätin für das zahlreiche Erscheinen und das grosse Interesse an diesem Informationsabend. Der Vorschlag der sporadischen Information – auch der Bevölkerung – wird aufgenommen und umgesetzt. „Die Glarnerinnen und Glarner haben an der Landsgemeinde vom 07. Mai 2006 mit dem Entscheid zu drei Einheitsgemeinden Geschichte geschrieben und sich ins Schaufenster der Schweiz gesetzt.“ Mit diesen Worten verabschiedete Dürst die Teilnehmer an diesem wegweisenden Abend.

glarus24 möchte den für einmal etwas langen Bericht mit dem Zitat von Elias Canetti schliessen. „Man weiss nie, was daraus wird, wenn die Dinge verändert werden. Aber weiss man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden? Dies war im Übrigen das Zitat mit dem Regierungsrat Jakob Kamm an diesem Abend sein Referat beendete.